Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Besen im System

Titel: Der Besen im System
Autoren: David Foster Wallace
Vom Netzwerk:
sie will auch hin, Clarice«, sagt Mindy, schwingt ihre Beine aus dem Bett und setzt sich mit einem kleinen Hüpfer auf. »Immerhin ist sie unser Gast. Und vergiss nicht den Dorito-Faktor, wahrscheinlich hat sie ziemlich schnell die Nase voll, und wir bleiben ja auch nicht lange...«
    »Nein, schon klar.« Clarice blickt genervt auf Lenore, muss aber lächeln, als sie Lenores Begeisterung erkennt. Sue Shaw hat sich derweil ihrem Schreibtisch zugewandt, ihr Hintern auf dem Stuhl ist wirklich ziemlich fett, wie Lenore feststellt, er quillt sogar über die Sitzfläche.
    Clarice seufzt. »Lenore, das verstehst du nicht. Diese Sachen sind unglaublich dämlich und unangenehm. Wir waren ja im ersten Semester schon mal da, und am Ende wird dir einfach nur schlecht, körperlich schlecht bei den Typen da. Neunundneunzig Prozent von denen sind sabbernde, ekelhafte Schleimbeutel, Tiere, und man begreift sehr schnell, dass es sich bei dem ganzen Auftrieb nur um ein widerliches Ritual handelt, das man uns aus irgendeinem Grund Jahr für Jahr aufs Neue abverlangt. Du kannst dich nicht mal unterhalten. Echt, es ist einfach abstoßend.« Sie trinkt Wasser aus dem Jetsons-Becher. Sue Shaw nickt.
    »Ich sage euch, was wir tun.« Mindy Metalman springt auf die Füße und klatscht in die Hände. »Lasst Lenore doch gehen, sie kann das super lila Teil anziehen, das ich da im Schrank gesehen habe. Wir drei kümmern uns erst mal um den Rest von dem Joint, dann gehen wir kurz runter, und Lenore kriegt einen Schnellkurs in Sachen Niveaulosigkeit der Freien Künste und kann, wenn sie will, ein bisschen tanzen. In der Zwischenzeit greifen wir das Buffet ab. Und in weniger als einer Stunde, bis zu David Letterman sind wir alle wieder hier.«
    »Bin ich gegen«, sagt Sue Shaw.
    »Dann versauer doch hier, Dumpfbacke, wir brauchen dich nicht. Wenn eine einzige schlechte Erfahrung schon reicht, dich für immer...«
    »Okay, wir machen es so«, sagt Clarice ohne Begeisterung. Darauf schauen sich alle an. Nach einem Kopfnicken von Clarice steht Lenore schnell auf und verschwindet in Mindys kleiner Schlafkammer, um sich umzuziehen. Clarice blickt unterdessen Mindy böse an, und Mindy signalisiert Sue Shaw in der Ecke, sie soll bloß die Klappe halten.
    Lenore putzt sich die Zähne in dem winzigen Badezimmer, in dem es nach Metalman und Shaw riecht, wäscht sich das Gesicht, trocknet es mit einem Handtuch ab, das sie vom Boden aufhebt, nimmt ihre Augentropfen und will sich den knallroten nass glänzenden Lippenstift ausleihen, den Mindy in einer alten Tampax-Schachtel auf dem Spülkasten versteckt. Dabei fällt die Tampax-Schachtel um, eine Puderdose plumpst ins Klo, und sie muss das Ding mit der Hand wieder herausfischen, dabei wird ihr Hemdärmel nass. Sie zieht das Hemd aus und geht in Mindys Schlafzimmer. Sie muss sich einen BH anziehen, da das Kleid unheimlich dünn ist, ein lila Baumwollfähnchen, aber echt scharf, vor allem zusammen mit ihrem braunen Haar, zum Glück frisch gewaschen, und mit dem Lippenstift, jetzt geht sie beinahe für achtzehn durch. Aber der BH liegt ganz tief unten in der Tasche auf Mindys Bett. Lenore wühlt. Mindys Zimmer ist echt ein Saustall, überall liegen Klamotten herum, dazu ein Trimmrad, das große James-Dean-Poster an der Tür und eines von Richard Gere und, klar, natürlich, Bilder von einem gänzlich unberühmten Typ auf einem Segelboot, dann Titelseiten des Rolling Stone, Konzertplakate, aber selbst dieser kleine Raum hat eine riesig hohe Decke, deshalb hat sie von Wand zu Wand, etwa auf halber Höhe, ein Laken aufgespannt, was aussieht wie bei Captain Grübchen und das Zuckersegel . Auf der Frisierkommode liegt so ein Plastikding, das Lenore schon kennt, weil auch Clarice eines hat, nämlich ein 30-Tage-Spender für die Pille, und Karen Daughenbough, ihre mehr oder weniger beste Freundin auf der Schule in Shaker Heights, hat auch einen. Und da ist auch ihr BH. Lenore zieht ihn an. Dann das Kleid. Und kämmt sich mit einem langen roten Kamm, in dem schwarze Haare hängen und der nach Flex-Shampoo riecht.
    Ein elektrisches Kratzen im großen Zimmer, und der Cat-Stevens-Song ist aus. Lenore hört, wie draußen jemand gegen die Tür bollert. Mit den weißen Pumps in der Hand kommt sie ins Zimmer, gerade als Sue Shaw die Tür aufmacht und Mindy mit dem Plattencover den Rauch vertreibt. Zwei Typen stehen plötzlich in der Tür und grinsen. Sie tragen den gleichen braven Blazer und die Krawatte mit Schottenmuster,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher