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Der Berg des Lichts

Der Berg des Lichts

Titel: Der Berg des Lichts
Autoren: Hans Kneifel
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körnigem Sand ging es, der die Reste der Stiefel zerschnitt und die Füße bluten ließ. Und unter großen Bäumen hindurch, in deren Ästen seltsame Vögel saßen, die die Wandernden beschimpften. Windung um Windung ging es aufwärts, immer höher hinauf. Und in jeder Stunde versuchte der Hexenmeister Quaron, seine Magie gegen sie einzusetzen, ohne Aiquos zu gefährden.
    Zuerst kam der Steinschlag.
    Die Sonne brannte senkrecht herunter. Luxon führte den Zug an, der sich durch ein Feld von Geröll aufwärts quälte. Die zungenförmige Fläche sah aus wie ein Flußbett aus Tausenden und aber Tausenden kopfgroßen Steinen in allen Farben des Regenbogens. Plötzlich hoben sich drei Steine, beschrieben einen hohen Bogen und prallten mit großer Wucht gegen die anderen Steine. Sie begannen zu rollen, rissen andere Steine mit, die ihrerseits weiterkugelten und mehr und mehr der farbigen Brocken losrissen und zu Tal kollern ließen.
    Luxon wirbelte herum und sah, daß sich Dutzende von Steinen, immer schneller werdend, auf die erste Hälfte der hintereinander kletternden Eindringlinge zubewegte.
    In der zweiten Hälfte, einen halben Bogenschuß weit hinter Luxon und Kukuar und den Duinen, befanden sich Eird und Aiquos.
    »Los! Weiter. Dorthin!« schrie er. »Vergeßt den Hexer!«
    Hunderte von farbigen Steinen rollten jetzt in rasender Schnelligkeit zu Tal. Sie sprangen übereinander, zielten auf die Eindringlinge, die jetzt zu rennen anfingen und sich zwischen den Bäumen und hinter Felsen in Sicherheit brachten. Aus dem Klappern und Krachen war ein alles übertönendes Geräusch geworden. Eine gewaltige Masse Gestein bewegte sich donnernd in einer Breite von zehn Mannslängen abwärts, überrollte kleine Felsen, walzte Gebüsch und Disteln nieder und rauschte zwischen den beiden Hälften der Gruppe in einen tiefen Erdspalt.
    In das Dröhnen und Brausen des Steinschlags hinein ertönte ein fauchendes, schrilles Lachen.
    »Das war Quaron!« murmelte Luxon und kam hinter dem schützenden Baumstamm hervor. Zwischen diesem Teil der Bergflanke und dem anderen, jenseits der tief aufgerissenen Kerbe, rutschte von oben eine riesige Menge schwarzer, großkörniger Sand herunter und füllte einen Teil des Raumes zwischen den Steinen auf.
    Luxon hob die Hände an den Mund und rief:
    »Her zu mir! Wenn wir dichter zusammenbleiben, wird uns der Hexer nicht mehr angreifen!«
    Zuerst langsam, dann immer schneller rückten die anderen nach und versammelten sich fünfzig Schritt weiter oben und weiter entfernt vom Platz der magisch ausgelösten Bedrohung.
    »Wir haben es wieder einmal gesehen«, sagte Luxon und deutete auf Aiquos, »daß weder du noch dieser Schurke Quaron mit uns reden wollen. Ihr seid fanatisch und uneinsichtig. Ich werde dafür sorgen, daß beim nächsten Zwischenfall du an meiner Seite stehst, Hexer.«
    Er wartete keine Antwort ab, wischte den Schweiß von der Stirn und stapfte weiter.
    Zarn hob aufmunternd sein Schwert und deutete nach oben.
    Schweigend gehorchte der Hexenmeister. Sein Gesicht war wachsgelb vor Wut.
    Über ihnen hing, sich in den Nächten zusammenziehend und am Tag, unter dem Einfluß von Wind und Wärme sich vergrößernd, der leuchtende Wolkenkranz um die unsichtbare Spitze des Berges.
    Luxon zog Dani zu sich auf einen Steinbrocken herauf und fragte atemlos:
    »Du kennst die riesigen Bauwerke an der Spitze des Berges?«
    Sie schüttelte den Kopf und erwiderte:
    »Nicht alle. Aber ich werde mich nicht verirren. Es sind schwierige Wege dort. Gräßliche Dinge geschehen dort, Luxon, weit entfernt von den Geboten, die einst Nullum schuf.«
    Auch an diesem Tag gelang es Luxon und seinen Kriegern nicht, einen der Späher zu entdecken. Zwei Stunden später, nachdem sich ein riesiger Schwarm räuberischer Insekten auf sie gestürzt hatte, hob ein Baum mit unendlich vielen, knorrigen Ästen seine Wurzeln aus dem Boden, riß die feinen Wurzelhärchen aus den Felsspalten und bewegte sich knirschend und ächzend. Wieder retteten sich die Duinen unter einen Felsblock, und Luxon zerrte Aiquos zu sich heran und blieb stehen.
    Die Rinde flog knisternd in Fetzen vom Baumstamm nach allen Richtungen. Aus den Ästen und Blättern fielen harte Früchte und Holzstücke. Mit einem grauenvollen Ächzen neigte sich der Baum zuerst in die Richtung des Shallad, dann kippte er seitwärts und donnerte zwischen Felsen und eine Baumgruppe.
    »Tröstlich, daß er uns nicht töten will«, sagte Luxon höhnisch. »Vielleicht
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