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Der Berg des Lichts

Der Berg des Lichts

Titel: Der Berg des Lichts
Autoren: Hans Kneifel
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wissen wir, wohin die Kompassnadel unseres Lebens zeigt.«
    Das Feuer brannte mit halbhohen, knisternden Flammen. Wasser floß in den kleinen, verrußten Kessel. Die drei Duinen sanken erschöpft ins hohe Gras und streckten ihre seltsamen Körper unter den Lumpen des gelben Gewandes. Aiquos hockte mit finsterem Gesichtsausdruck vor den Flammen. Luxon lehnte sich an den harztriefenden Stamm eines Baumes mit gelben Früchten und blickte zurück auf die Strecke Weges, die sie heute zurückgelegt hatten.
    Er sehnte sich förmlich danach, einzuschlafen und zu vergessen, während Eird, Zarn oder Hasank Wache hielten. Es gab offensichtlich keinen bequemen Weg zum Gipfel dieses verdammten Berges.
    Wieder wirbelten seine Gedanken wild durcheinander, bündelten sich und richteten sich auf eine Szene, die bisher den Charakter dieser seltsamen, erschöpfenden Wanderung bestimmt hatte.
    Luxon und Zarn:
    Sie hielten einen kleinen, zitternden Magier des siebenten oder sechsten Grades fest. Der Mann zitterte vor Furcht und versuchte nicht einmal, seine magischen Kenntnisse anzuwenden, um sich aus dieser überraschenden Bedrohung zu lösen.
    Luxon hatte leise auf ihn eingeredet.
    »Wir sind die Barbaren aus dem Osten, Mann«, hatte er gesagt, während Zarn mit einer Miene, die nichts anderes als Folter, Schrecken und langsamen Tod verkündete, seinen Dolch gegen die Brust des Magier drückte. »Jene Barbaren, von denen die Hexenmeister sagen, daß sie zu töten sind.«
    »Was wollt ihr?« hatte vor weniger als einem Mond der kleine Mann zitternd gestammelt.
    »Wir wollen, daß du unsere Botschaft in alle Richtungen trägst. Wir haben den Hexenmeister Aiquos in unserer Gewalt und drei seiner Duinen. Sie haben das dritte Auge, und wir haben das Auge verhüllt. Unser Ziel ist das HÖCHSTE. Wir erklettern diesen Berg, und wir werden seine Spitze erreichen. Ich weiß, daß uns Tausende Augen beobachten und Hunderte Pfeile und Speere bedrohen.
    Wenn wir angegriffen werden, sterben zuerst die Duinen, dann der Hexer. Wir haben nur noch unser Leben zu verlieren; sonst nichts mehr. Sage ihnen, bis hinauf zu den drei Herren des Lichts, daß wir nicht zögern werden. Sage es ihnen allen!
    Es sind unsere Geiseln. Wir verlangen freies Geleit bis hinauf zum HÖCHSTEN. Wir wissen, daß wir uns im Herrschaftsbereich des Quaron befinden. Wir wissen auch, daß ihr uns unzählige Hindernisse in den Weg rollen und werfen könnt – und dies auch tun werdet. Sei’s drum! Aber wenn wir angegriffen werden, wissen wir uns zu wehren. Und, vergiß es nie! Wir haben die Geiseln.«
    Der Magier versicherte mit allen Anzeichen des Schreckens:
    »Ich werde es den Männern sagen. Ich versprech’s!«
    Zarn ließ den Mann los, betrachtete mit kaltem Grinsen seinen Dolch und schob ihn schließlich in die Scheide zurück.
    »Du kannst gehen. Und berichte ihnen, was du weißt!«
    »Ich habe begriffen!«
    Bis heute, bis zu diesem seltsamen Abend, hatte diese Drohung vollkommen gewirkt. Sie würde auch noch einige Tage lang die verborgenen Verfolger davon abhalten, den weiteren Aufstieg der Fremden aufzuhalten.
    Luxon ließ sich neben dem Feuer nieder, lauschte auf die Geräusche der Umgebung und sagte schließlich:
    »Es wird eine ruhige Nacht werden, Freunde.«
    Von ihnen allen sah die Coltekin Yzinda noch am wenigsten mitgenommen aus. Sie wußte es so gut wie die Duinen und Aiquos, daß die Flanken des Berges eine Tabuzone waren, deren Betreten normalen Sterblichen verboten war.
    »Dennoch sind wir von Spähern umzingelt, die jeden unserer Schritte weitermelden. Wir sind die Fremden.«
    »So ist es«, antwortete Zarn leise. »Und hungrig sind wir überdies.«
    Die schwarze, körnige Erde des Landes war von sagenhafter Fruchtbarkeit. An den vielen Kanälen wuchsen endlose Wälder von fruchttragenden Bäumen. Auf ausgedehnten Feldern arbeiteten die Zaketer, und große Herden weideten auf den grünen Flächen. Je steiler die Hände des Berges wurden, desto weniger bearbeitetes Land war zu sehen, aber es gab genügend Beeren und Früchte. Von Floßvater Giryan wußten die Eindringlinge, daß die »Früchte der Götter« nach allen Teilen des Landes versandt und als Kostbarkeiten betrachtet wurden.
    »Vielleicht schießt Eird etwas!« sagte Luxon.
    Die Fremden bildeten einen Kreis um das Feuer. Die Sonne versank im Meer, und die Dunkelheit, verbunden mit kriechenden Nebeln schien die Eindringlinge wie eine Mauer zu umgeben. Luxon glitt langsam und geräuschlos aus der Zone
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