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Der Befehl aus dem Dunkel

Der Befehl aus dem Dunkel

Titel: Der Befehl aus dem Dunkel
Autoren: Hans Dominik
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Astenryk. Das ist dieselbe Nummer der ›Daily Mail‹, die Sie anscheinend so interessiert. Sie können sie gern haben.«
    Etwas verlegen nahm Georg Astenryk das Blatt an sich. »Sehr liebenswürdig, Herr Major. Meinen verbindlichsten Dank.« —
    Der Zug hielt in Compiègne. Major Dale erhob sich und reichte Georg Astenryk die Hand zum Abschied. »Es war mir eine angenehme Bekanntschaft. Vielleicht fügt es das Schicksal, daß wir uns später noch einmal wiedersehen.«
    »Das würde mich sehr freuen, Herr Major. Sollte der Zufall Sie in Australien gelegentlich wieder mit meinem Bruder Jan zusammenbringen, grüßen Sie ihn bitte.«
    Der Zug rückte an. Georg Astenryk sah dem Reisegefährten nach, bis dieser an einem Autostand seinen Blicken entschwand. Ein hervorragender Mensch, dieser Major Dale aus Sydney, dachte er dabei. Natürlich, sonst wäre er ja nicht nach London in den Generalstab berufen. Man wird von ihm vielleicht noch hören, wenn es wirklich im Fernen Osten zu der großen Auseinandersetzung kommt. Was er über die dortige gespannte Lage erzählte, war interessant. Daß er da drüben auch Jan kennengelernt hat … Die Welt ist doch wirklich ein Dorf. —
    Auch der Australier hatte von seinem deutschen Reisegefährten einen nachhaltigen Eindruck empfangen. Es überraschte ihn, als er erfuhr, wie jung sein Gegenüber noch war. Er hätte ihn ohne weiteres zehn Jahre älter geschätzt. Der schien aus anderem Holz geschnitzt als sein Halbbruder Jan Valverde in Australien, der wohl ein ganz guter Farmer war, aber auch nicht mehr als das. Dieser Astenryk überragte ihn jedenfalls turmhoch an geistigen Kräften. —
    Georg Astenryk entfaltete jetzt die Zeitung und nahm sich den Aufsatz vor, der ihn so interessiert hatte. Der Artikel trug die Überschrift »Erinnerungen eines russischen Arztes von Dr. Nikolai Rostow«. Er las ihn von der Stelle weiter, bis zu der er vorher gekommen war.
    »… General Iwanow gab dem Offizier den Befehl, niemanden in das Zimmer hineinzulassen. Nach einer längeren Besprechung verpflichtete er alle Anwesende bis zur Klärung der Angelegenheit zu strengstem Schweigen.
    Die Vorgänge in Irkutsk waren auch in Moskau bekanntgeworden, und die Regierung schickte sofort einen Stab von Angehörigen der Geheimpolizei und Gelehrten, darunter auch meinen Freund, den Generalarzt Orlow, von dem ich diese Mitteilungen habe, dorthin.
    Die peinlichst genau durchgeführte Untersuchung ergab jedoch nichts, das geeignet gewesen wäre, den Schleier des Geheimnisses zu lüften.
    Der von dem Offizier erschossene alte Mann war als ein Professor Allgermissen festgestellt worden. Dieser, ein Deutschbalte, nach Irkutsk verbannt, arbeitete in dem staatlichen Laboratorium als Assistent unter dem Direktor des Instituts. Er hatte schon früher als Sonderling gegolten, als Wissenschaftler genoß er einen vorzüglichen Ruf.
    Schon mehrmals hatte man Verdacht, daß Allgermissen Arbeiten, deren Resultate schon greifbar schienen, absichtlich falsch auslaufen ließ oder stark verzögere. In der letzten Zeit hatte der Professor seinen Haß gegen die Regierung in mehr oder weniger versteckten Redensarten zum Ausdruck gebracht. Als er sich sogar in offenkundigen Drohreden erging, steckte man ihn und gleichzeitig seine Frau und seine Tochter Lydia ins Gefängnis. Während der Untersuchung starb Frau Allgermissen. Professor Allgermissen, der schon gleich nach seiner Verhaftung von den Ärzten als etwas geistesgestört bezeichnet wurde, verfiel jetzt in völligen Wahnsinn. Er wurde in die Krankenabteilung des Gefängnisses gebracht, aus der er dann an jenem Tage floh.
    Unter den auf jenen rätselhaften Befehl des Generals Iwanow aus dem Gefängnis Entlassenen befand sich auch Lydia Allgermissen. Sie hatte sich vom Gefängnis zu ihrer früheren Wohnung begeben. Von diesem Zeitpunkt ab war sie verschwunden.
    Nachdem die Moskauer Kommission sich lange Zeit vergeblich bemüht hatte, eine triftige Aufklärung der geheimnisvollen Vorfälle zu geben, begnügte man sich schließlich mit der plausiblen Annahme, daß Professor Allgermissen über ungewöhnlich starke hypnotische Kräfte verfügt haben müsse. —
    Dr. Orlow hat sich mit mir und auch mit anderen Fachleuten vergeblich bemüht, eine bessere, einigermaßen wissenschaftliche Erklärung zu finden. Vielleicht, daß ein Leser früher oder später die richtige Lösung findet.«
    Damit schloß der Artikel in der »Daily Mail«. Georg Astenryk ließ das Blatt sinken und
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