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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter
Autoren: Minette Walters
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kräftig.
    Kreischend schlug sie nach ihm und sprang zur Seite. »Jungfrau! Jungfrau!«, verspottete sie ihn.
    »Du kriegst bestimmt nie eine ab, so beschissen wie du ausschaust.« Er packte sie beim Fuß, und sie rief mit Jammerstimme nach Cill, sie zu befreien. »Er reißt mich gleich um!«
    Das größere Mädchen stellte ihm den hochhackigen Stiefel auf die Brust. »Lass sie sofort los!«
    Er ließ grinsend los. »Was habt ihr denn erwartet? Ihr seid doch nur zwei billige Flittchen.«
    Sie schob den Pfennigabsatz über seine Brust-warze. »Sag das noch mal!«
    Der kleine Halbstarke mit dem pickeligen Gesicht und dem Flaum auf der Oberlippe war viel zu betrunken, um sich einschüchtern zu lassen. »Mensch, du fette Schnecke«, nuschelte er, »garantiert hast du ’ne Fotze wie ’n Parkhaus, weil du schon so viele reingelassen hast.«
    Seine beiden Freunde wälzten sich auf den Bauch und verfolgten mit begierigem Blick das Geschehen.
    Einem Mädchen mit mehr Erfahrung wäre das eine Warnung gewesen, aber Cill war neu in diesem Spiel. Sie legte ihr ganzes Gewicht auf den Absatz ihres Stiefels, als sie über den Rothaarigen hinwegstieg, und tänzelte davon, bevor er sie packen konnte. »Und nenn mich nie wieder fett, sonst 18

    ramm ich dir den Absatz das nächste Mal in den Schwanz.«
    Der Rotschopf drückte beide Hände auf seine Brust. »Hey, das hat verdammt wehgetan!«
    »Sollte es auch, du Arsch.« Sie forderte ihre Freundin mit einer kurzen Kopfbewegung auf, ihr zu folgen, als sie davonging.
    Aber für Lou gab es kein so leichtes Entkommen.
    Sie war gegen die Bank gedrängt und verlor das Gleichgewicht, als der dunkelhaarige Junge sich auf sie stürzte. Er packte sie bei den Armen, als sie fiel, und drückte sie rücklings ins Gras. Ihre angstvollen Schreie holten Cill zurück. Statt ihren Töchtern klar zu machen, wie gefährlich derartige Spiele mit dem Feuer waren, hatten Cill und Lous Mutter nur gesagt: »Wenn du dich herrichtest wie ein Flittchen, wird dich noch mal einer vergewaltigen. Aber das ist dann deine eigene Schuld.«
    Cill, die sich einbildete, sie kenne sich aus, war die Naivere von beiden. Während Lou wie ein angegriffener Käfer augenblicklich in eine Art Totenstarre fiel und so für die erregten Jugendlichen alle Verlockung verlor, wehrte sich Cill wie eine Wilde und bekam die ganze Grausamkeit des Überfalls zu spüren. Immer wieder schrie sie Billy an, er solle weglaufen und Hilfe holen, aber der Kleine, ganze zehn Jahre alt und betrunken dazu, zog nur den Kopf ein.
    Erst als sie sie an den Haaren unter die Bäume 19

    schleiften, gab Cill auf. Tränen liefen ihr über das geschminkte Gesicht, der Schmerz war unbe-schreiblich und überdeckte alle anderen Schmerzen, die sie aushalten musste. Alle drei wollten sie niedermachen – sie war die Domina –, und sie nahmen sie einer nach dem anderen. Der Dunkle vergewaltigte sie zweimal. Sie war zu jung, um etwas von seelischen Verletzungen zu wissen, aber das Geräusch ihrer zerreißenden Kleider, an denen sie so sehr hing, der Schweiß, die Hitze und der Dreck einer Massenvergewaltigung, die triumphie-renden Fratzen der Jungen, die sich mehrfach an ihr vergingen – das alles zerstörte sie tiefer als die in der Übererregtheit nur kurzen Penetrationen der Jungen.
    »So schnell schimpft mich keine mehr eine Jungfrau«, sagte der Rotschopf, der über ihr stand und sich mit großtuerischer Geste den Reißverschluss seiner Hose zuzog.
    Der Dunkle versetzte ihr einen Tritt. »Blödes Luder! Wenn du zu den Bullen rennst, kriegst du dasselbe noch mal. Kapiert?«
    Erst jetzt rührte sich Cills Selbsterhaltungstrieb, sie schloss die Augen und blendete die Jungen aus.
    Sie konnte jeden von ihnen beim Namen nennen, aber sie würde es niemals tun. Ihr Vater würde sie umbringen, wenn er hörte, dass sie vergewaltigt worden war, und bei der Polizei würde man ihr sowieso nicht glauben. Es war am helllichten 20

    Tag in einem Park in Bournemouth geschehen, und kein Mensch hatte einen Finger gerührt, um ihr zu helfen. Sie fragte sich flüchtig, ob die Straße so weit entfernt war, dass Vorüberkommende von den Geschehnissen nichts hatten bemerken können, und machte sich gleichzeitig Vorwürfe, dass sie sich so aufreizend zurechtgemacht hatte. Ihre Mutter hatte Recht – sie hatte es selbst herausgefordert –, dabei hatte sie doch nichts anderes gewollt, als dass die Leute sie hübsch fanden.
    Lou kroch zu ihr und legte sich neben ihr nieder.
    »Sie sind
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