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Der aufziehende Sturm

Der aufziehende Sturm

Titel: Der aufziehende Sturm
Autoren: Robert Jordan
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Fünfzehn Jahre? Du bist der erste Mann, den ich eingestellt habe. Wie gut habe ich dich und deinesgleichen behandelt?«
    »Du warst gut zu mir«, erwiderte Veshir. »Aber Renald, du hast noch nie zuvor entschieden, den Hof zu verlassen! Diese Feldfrüchte, sie werden zu Staub, wenn wir sie zurücklassen. Das ist kein südlicher Feuchthof. Wie können wir da einfach gehen?«
    »Weil«, sagte Renald, »wenn wir bleiben, wird es keine Rolle spielen, ob wir ausgesät haben oder nicht.«
    Veshir runzelte die Stirn.
    »Sohn«, sagte Renald, »du wirst tun, was ich sage, und damit ist diese Diskussion beendet. Hol das Vieh.«
    Veshir ging langsam los, aber er tat, was man ihm befohlen hatte. Er war ein guter Mann, vielleicht etwas heißblütig.
    Renald zog das Sensenblatt aus der Hitze; das Eisen glühte weiß. Er legte es auf den kleinen Amboss und fing an, auf den knubbeligen Teil einzuhämmern, wo sich Rücken und Hamme trafen. Der Klang seines Hammers auf dem Eisen erschien lauter, als er hätte sein sollen. Als wäre jeder Schlag selbst ein Teil des Sturms.
    Während er arbeitete, schienen die Donnerschläge Wörter zu formen. Als würde jemand in seinem Hinterkopf murmeln. Den gleichen Satz, immer wieder.
    Der Sturm kommt. Der Sturm kommt ...
    Er hämmerte weiter, bewahrte die Schneide, aber begradigte das Blatt und machte einen Haken am Ende. Er wusste noch immer nicht, warum er das eigentlich tat. Aber das spielte keine Rolle.
    Der Sturm kam, und er musste bereit sein.
    Falendre sah zu, wie die Soldaten mit den krummen Beinen Taneras in eine Decke gehüllte Leiche auf einem Sattel festbanden, und sie kämpfte das Verlangen nach neuen Tränen nieder. Sie war die Dienstälteste, und sie musste die Fassung bewahren, wenn sie von den vier anderen überlebenden Sul'dam das Gleiche erwarten wollte. Sie versuchte sich einzureden, dass sie Schlimmeres gesehen hatte, Schlachten, in denen mehr als eine Sul'dam gestorben war, mehr als eine Damane. Dieser Gedanke brachte sie zu nahe an die Erinnerung, wie Tanera und ihre Miri zu Tode gekommen waren, und ihr Verstand schreckte davor zurück.
    Nenci kauerte an ihrer Seite und wimmerte, als Falendre den Kopf der Damane streichelte und sich bemühte, beruhigende Gefühle durch das A'dam zu schicken. Das schien oft zu funktionieren, heute aber nicht so gut. Ihre eigenen Gefühle waren viel zu sehr in Aufruhr. Könnte sie doch nur vergessen, dass die Damane abgeschirmt war und von wem. Von was. Nenci wimmerte wieder.
    »Du wirst die Botschaft ausrichten, wie ich sie dir aufgetragen habe?«, sagte ein Mann hinter ihr.
    Nein, mehr als ein Mann. Der Klang seiner Stimme wühlte die Säure in ihrem Bauch auf. Sie zwang sich dazu, sich ihm zuzuwenden, zwang sich dazu, den Blick aus diesen kalten, harten Augen zu erwidern. Sie veränderten sich, so wie er den Kopf hielt, waren blau, dann grau, aber immer wie polierte Edelsteine. Sie hatte viele harte Männer kennengelernt, aber niemals hatte sie einen gekannt, der hart genug war, um eine Hand zu verlieren und sich im nächsten Augenblick so zu verhalten, als hätte er nur einen Handschuh verloren. Sie verneigte sich förmlich, riss an dem A'dam, damit Nenci ihrem Beispiel folgte. Unter diesen Umständen hatte man sie als Gefangene bislang gut behandelt, hatte ihnen sogar Wasser zum Waschen gegeben, und angeblich würden sie nicht mehr lange Gefangene bleiben. Aber wer vermochte bei diesem Mann schon zu sagen, was es brauchte, damit er sich anders entschied? Die verheißene Freiheit war möglicherweise nur Teil eines perfiden Plans.
    »Eure Botschaft werde ich mit der Sorgfalt überbringen, die sie verlangt«, begann sie, dann geriet sie ins Schwimmen. Mit welchem Ehrentitel sprach sie ihn an? »Mein Lord Drache«, endete sie hastig. Die Worte ließen ihre Zunge austrocknen, aber er nickte, also musste es ausgereicht haben.
    Eine der Marath'damane erschien durch dieses unmögliche Loch in der Luft, eine junge Frau mit einem langen Zopf. Sie trug genug Schmuck, um zum Blut zu gehören, und ausgerechnet einen roten Punkt in der Mitte ihrer Stirn. »Wie lange willst du hier bleiben, Rand«, verlangte sie zu wissen, als wäre der junge Mann mit den harten Augen nur ein Diener, statt der zu sein, der er war. »Wie weit sind wir hier von Ebou Dar entfernt? Dieser Ort wimmelt vor Seanchanern, das weißt du, und vermutlich fliegen überall Raken herum.«
    »Hat Cadsuane dich geschickt, um das zu fragen?«, erwiderte er, und ihre Wangen röteten
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