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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes
Autoren: Karl Bleibtreu
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lebendige Körper und schießen
den vermeintlichen Sieger tödlich in den Rücken. Denn jenes Spielzeug der Kinderstube war doch Nachahmung
wirklicher Soldaten, unsichtbare Wahrheit wird nicht aus der Welt geschafft, weil man sie stümperhaft versichtbaren
wollte.
    Tritt jemand zu stürmisch in einen Antiquitätenladen, schlägt er wohl unvorsichtig Tassen und Kelche vom
Regal herunter, doch das Geschädigte braucht darum noch nicht Meißner Porzellan und Gold zu sein, die
Schadenersatzrechnung richtet sich danach. Den Anempfehlern des Buddhismus, als ob er der Stein der Weisen und ein Kobrastein
für alle Giftwunden sei, schauen wir geradeso auf die Finger wie den Kirchenchristen, und was wir herunterschlagen, ist
billige Schleuderware gefälschter Reliquien, die man für Naive feilhält. Doch machen wir gewiß nicht
Reklame für moderne Kaufhäuser des Westens, wo man statt solider antiker Eichenmöbel nur elegant
geschmacklosen Pofel verkauft, das Antiquariat enthält trotzdem manch wertvolles Stück, das wir gebührend
taxieren. Indessen haben achtarmige Buddhabroncen und elfenbeinerne Kruzifixe nur noch Liebhaberwert auf modernen Auktionen.
Die kunstfremden mosaischen und islamitischen Semiten verdammten die arischen Christen als heidnische Götzendiener, weil
deren Kirchenbilder die Götterstatuen fortsetzten, doch sie selber erklärten den Menschen für eine
Götterstatue »Abbild Gottes«, welche Blasphemie nur den Spott wachruft: Ein netter Gott, wer solcher Kreatur
gleicht! Mit solcher Selbstvergötzung räumte die Moderne nicht auf, sondern verstärkte sie. Nicht auf
Heerstraße der Alltäglichkeit, sondern durch Schnee und Eis klimmt man zum Gipfel des Gaurisankar, wo man dem
Äther näher zu sein scheint, doch Äther und Gaurisankar sind beide nur Veranschaulichung eines Unnahbaren und
Alldurchdringenden, des Unsichtbaren.
    Nach der Art eines Schwindlers versteckt der Materialismus seine Kurpfuscherei, indem er das Unsichtbare frischweg als
Phosphoreszierung des Sichtbaren auslegt, obschon umgekehrt der Leichnam des Stoffes nur durch unsichtbare Kraft galvanisiert
wird, ewige Auferstehung des Lazarus aus Starrkrampf und Scheintod. So verletzt die Wissenschaft sogar ihren eigenen
Denkkreis, denn sie gibt zu: jede Verschiebung oder Verpolsterung unseres Sehvermögens würde uns Neues sichtbar,
Altes unsichtbar machen, bisheriges Naturbild umstoßen. Was man zuversichtlich glaubte, würde unwirklich, das
Bestrittene wirklich. Welche Stoffwirklichkeit soll die hochgelahrte Hirnsubstanz nun anerkennen, zumal ihre Optik nicht auf
dem Augeninstrument, sondern dem eigenen Hirnsehnerv beruht? Sehen selber ist also ein unsichtbarer psychischer Akt, das
innere Gesicht kann von sich aus eine schönere als die Außenwelt schauen, weshalb die Alten sich den Seher blind
dachten. Wer telepathisches Hellgesicht anzweifelt, muß wenigstens zugeben, daß unser Natur-einseitiges
Gesichtsbild ist, einseitige Ausbildung äußeren Schauens alle Vorgänge optisch färbte, während
Hör-, Tast-, Geruchsinn ebenso verkümmerten wie die Instinkte. Jedes Tier weiß vorher, wenn ein Erdbeben
kommt, der Mensch hat nicht mal politische Erdbebenkunde des Sichtbaren. Je schlechter des Menschen Sinnesorgane werden,
desto eifriger konstruiert er sich eine Weltanschauung die auf sinnlicher Wahrnehmung beruht. Aller Rationalismus sollte
Kurzsichtigkeitsbrillen tragen, das wäre die treffendste Symbolik.
    Gewiß, beim Oberbewußtsein walten physische Scheinparallelismen, jeder gewöhnliche Bewußtseinsakt
läßt sich auf sinnliche Wurzel zurückführen. Doch da Zeit, Raum, Kausalität bei Tranceentfesselung
des Unterbewußtseins einstürzen, wird die Basis des Oberbewußtseins wie von einem Erdrutsch fortgeschoben
und die Psyche müßte in den Abgrund fallen, da ein oberes Stockwerk das untere zu begraben pflegt. Offenbar
verwischt aber Ober und Unter den richtigen Standpunkt, daß Ober- nur ein in Haft geschlagenes Unterbewußtsein
vorstellt und beide scheinbar unvergleichbaren Psychemanifestationen nur den Standort wechselten. Beim Unbewußten
herrscht keineswegs völlige Befreiung, Hellgesicht sieht indirekt doch immer räumlich kausal, das nämliche
Bewußtsein verschob nur seine Sehensfläche. Telepathie ist nur ein Merkzeichen, sich aufs Transzendente
vorzubereiten. Dem Ich fehlt jeder Maßstab für das, was auf einer ihm fremden Plattform vorgeht: Ehe man nicht im
Flugzeug sitzt, kann man sich
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