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Der Angeklagte: Thriller (German Edition)

Der Angeklagte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
Autoren: John Lescroart
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bestimmt wurde.
    Sie musste nach vorne blicken. Vielleicht hatte sie ja noch immer die Möglichkeit, ihr Leben zu ändern und den Schatten dieses einen schrecklichen Augenblicks abzuschütteln. Andere Menschen hatten schon Schlimmeres überstanden und trotzdem in ihrem Leben noch Großes erreicht.
    Sie atmete tief durch und machte die drei Schritte zu ihrer Schlafzimmertür. Vorsichtig, ganz vorsichtig stieß sie die Tür auf.
    Siehst du? , sagte sie sich. Niemand hier. Ihre Apart menttür war abgeschlossen gewesen, als sie gekommen war, ebenso die Haustür.
    Und was sollte er auch von ihr wollen, wo es doch so viele Frauen auf der Welt gab?
    Sie war nicht mehr die Schönheit, die sie mit achtzehn war. Sie wollte auch gar nicht schön sein und widerstand allen Versuchungen, ihre Schönheit zu zeigen.
    Schönheit hatte ihr Leben ruiniert.
    Sie ging durch die Schlafzimmertür.

1
    Es war der Morgen des Tages, der sein erster im neuen Job sein sollte. Ein attraktiver und athletischer Mann, der die Haare bis knapp über die Ohren trug, stand vor dem Wäscheschrank in seinem Schlafzimmer. Er trug Jockey-Shorts und warf einen prüfenden Blick auf den riesigen Stapel mit T-Shirts, die sich auf einem gesonderten Regal befanden. Er griff sich das oberste heraus, streifte es über, schaute in den Spiegel, zog den nicht vorhandenen Bauch ein und drehte sich mit einer theatralischen Bewegung um. Auf dem T-Shirt stand: SHOTGUN WEDDING: A CASE OF WIFE AND DEATH .
    »Nein.« Seine Freundin richtete sich im Bett auf. »Auf gar keinen Fall.«
    »Ich mag es«, sagte er.
    »Wes, du magst sie alle.«
    »Stimmt. Töricht der Mann, der T-Shirts kauft, die er nicht mag.«
    »Und noch törichter ist der, der seinen Job als Staatsanwalt in San Francisco antritt und dabei ein Shirt trägt, das unweigerlich missverstanden werden wird.«
    »Von wem denn?«
    »Von allen. Aus allen nur erdenklichen Gründen.«
    »Sam.« Wes ging durchs Zimmer, setzte sich aufs Bett und legte eine Hand auf ihre Hüfte. »Niemand wird es zu Gesicht bekommen. Es ist ja nicht so, als würde ich es gleich unter meiner Krawatte tragen. Und selbst wenn ich einen Herzinfarkt hätte und sie mir das Oberhemd vom Körper reißen: Es ist nicht gerade anstößig. Es ist ein Kalauer, nicht mehr und nicht weniger.«
    »Es ist kein Kalauer, sondern ein politisches Statement.«
    »Mit welcher Aussage?«
    »Dass du mit Zwangsehen einverstanden bist. Dass Heiraten heute nichts Heiliges mehr ist. Dass in deinen Augen Frauen nicht gleichberechtigt sind. Und dass du grundsätzlich nicht besonders sensibel bist.«
    »Nun, das wussten wir ja schon vorher.«
    »Du lachst, aber da gibt’s nichts zu lachen. Alles, was du künftig tust, absichtlich oder nicht, ist ein politisches Statement. Warum willst du das nicht kapieren? Ich dachte, du hättest diese Lektion im Wahlkampf gelernt.«
    »Scheinbar nicht. Aber darf ich dich daran erinnern, dass ich die Wahl gewonnen habe.«
    Sam verzog ihr Gesicht. »Wes, du hast mit 90 Stimmen Vorsprung gewonnen. Und das bei 315 000 Wahlberechtigten und angesichts der glücklichen Tatsache, dass dein Gegner eine Woche vor der Wahl das Zeitliche segnete.«
    »Als ob das ein Makel wäre. Nein, das ist der Beweis, dass der liebe Gott mich siegen sehen wollte. Er hätte Mr. Dexter nicht zu sich zurückgeholt, wenn er mich nicht als Sieger gewünscht hätte. Ist doch sonnenklar. Ist geradezu kosmisch.«
    »Ist völlig hoffnungslos.«
    »Nun, das wollen wir doch nicht hoffen. Es ist gerade mal mein erster Tag. Ich bin mir sicher, dass noch Tage kommen werden, an denen ich erheblich hoffnungsloser sein werde.« Er stand auf und ging zum Schrank zurück. »Aber wenn du wirklich meinst, dass es einen Unterschied macht, würde ich in Erwägung ziehen, heute das T-Shirt von morgen zu tragen.«
    »Willst du morgen etwa schon wieder eins anziehen?«
    »Sam, ich trage jeden Tag ein T-Shirt. Es liefert subtile Hinweise auf mein verborgenes Ich.«
    »So verborgen wird es nicht bleiben. Wenn sie einmal davon Wind bekommen, werden die Medien es auch sehen wollen.«
    »Sollen sie. Wird mir nur die besondere Note geben: schrullig und liebenswert. Aber wenn du willst, würde ich für die Amtseinführung dieses T-Shirt von morgen nehmen.« Er drehte sich um und hielt das nächste Exemplar vor seine Brust: HEAVILY MEDICATED FOR YOUR SAFETY .
    » Viel besser. Also wirklich, ich glaub’s nicht …« Sie ließ ihren Kopf auf die Brust fallen und seufzte. »Vergiss es«, sagte
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