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Der amerikanische Buergerkrieg

Der amerikanische Buergerkrieg

Titel: Der amerikanische Buergerkrieg
Autoren: Michael Hochgeschwender
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Zwischenstufen je nach Hautfarbe und Mischungsverhältnis unter den Ahnen eingeteilt war. An der Spitze dieser frankophonen Gesellschaft inmitten der USA standen die extrem rassestolzen und standesbewußten französischen Kreolen, die selbst weiße Franzosen aus Kanada, die akadischen
cajuns
, als minderwertig verachteten. Derartige Konflikte änderten indes nichts an der absoluten Dominanz der rassistischen Integrationsideologie des Südens seit den 1820er Jahren, zeigen aber, wie komplex die jeweiligen politischen und kulturellen Konstellationen in sämtlichen Teilen der USA waren.
    Einen weiteren Unterschied zwischen Nord und Süd stellte die Religion dar. Nicht, daß die Mehrheit der weißen (und schwarzen) Amerikaner nicht ähnlichen, überwiegend calvinistischen Bekenntnissen angehört hätte. Katholiken stellten überhaupt nur im Norden der USA einen nennenswerten Bestandteil der Gesellschaft dar, in weiten Teilen des Südens, mit Ausnahme von Maryland, Kentucky, Tennessee und dem frankophonen Louisiana, war der Katholizismus praktisch nicht vertreten. Im Norden hingegen, gerade in den großen Städten und im Raum Cincinnati-Milwaukee, stellten katholische Migranten einen erheblichen Anteil an der Bevölkerung, was zu den bereits genannten massiven antikatholischen Bewegungen führte, die in den 1850er Jahren in Gestalt der nativistischen (fremdenfeindlichen)
American Party
Gouverneure, Abgeordnete und Bürgermeister stellten. Aber der Antikatholizismus sollte den Bürgerkrieg nicht auslösen. Ungleich wichtiger war das evangelikale und apokalyptische Erweckungsfieber, das vom Westen New Yorks und den Grenzgebieten Kentuckys her zwischen 1790 und 1860 durch die Union toste. Ursprünglich hatte es das ganze Landgleichermaßen erfaßt und eher verbindend als trennend gewirkt. Um 1830 herum änderte sich jedoch das Bild. Anders als im Süden wandte sich die Mehrzahl der Prediger im Norden der postmillenaristischen Strömung des apokalyptischen Enthusiasmus zu. Dieser beinhaltete einen sozialreformerischen Aktionismus, der angesichts der sozialen Probleme in den urbanen Zentren des Nordens regelrecht befreiend wirkte. Die Postmillenaristen glaubten nämlich, es sei angesichts des nahenden Endes der Zeiten ihre religiöse Pflicht, für eine perfekte Gesellschaft zu sorgen. Deswegen verbanden sie sich mit liberal-aufgeklärten Philanthropen, die bereits seit den 1780er Jahren ähnliche Ziele, nur weitaus weniger radikal, verfolgten. Wo die Liberalen beispielsweise für Mäßigung im Alkoholgenuß warben, traten die Evangelikalen für das Totalverbot alkoholischer Getränke, die Prohibition, ein. Auf diese Weise fanden sich evangelikal Erweckte, besonders Frauen aus der angelsächsischen Mittelklasse, in großer Zahl in sämtlichen gesellschaftlichen Reformbewegungen der neuenglischen städtischen Gesellschaft. Sie traten für eine Humanisierung des Strafvollzugs, Armenhäuser, die Schulreform, die Abschaffung der Todesstrafe, die Sonntagsruhe und am Ende auch für die Abschaffung der Sklaverei, den Abolitionismus, ein. Die Sklavenhaltung wurde als Sünde angesehen, die Sklavenhalter mutierten zu Sündern, die der Wiederkunft Christi im Wege standen. Im Süden jedoch wurde diese Entwicklung aufgrund der ganz anders gearteten soziokulturellen Ausgangsbedingungen nicht mitvollzogen. Hier blieb die Erweckungsbewegung individualistisch und verweigerte sich schlichtweg dem sozialen Perfektionismus der Nordstaatler. Von einer Kritik der Sklaverei konnte keine Rede sein. Ganz im Gegenteil begann man nun ab den 1830er Jahren im Süden zu lehren, die Sklaverei sei eine Institution göttlichen Rechts und ihre Abschaffung Sünde. Damit standen zwei gänzlich unterschiedliche christliche Erweckungsbewegungen einander mit der ganzen Schärfe ihrer Rhetorik unversöhnlich gegenüber. Im Laufe der Jahrzehnte bis zum Bürgerkrieg nahmen nahezu sämtliche amerikanischen Konfessionen die Spaltung des Landes vorweg, indem sie institutionell getrennte Wege gingen. Allein die Katholiken bemühten sich imInteresse der Einheit der Union, die Sklavenfrage theologisch und politisch zu entschärfen, indem sie sie in aller Regel einfach übergingen. Trotzdem wäre es übertrieben, den religiösen Spannungen die Schuld am Ausbruch des Bürgerkriegs zu geben. Die Radikalität der erweckten theologischen Argumentation hat gewiß nicht dazu beigetragen, die Union zu stabilisieren. Aber die nördlichen Evangelikalen waren in ihrer Mehrheit wenig
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