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Der amerikanische Buergerkrieg

Der amerikanische Buergerkrieg

Titel: Der amerikanische Buergerkrieg
Autoren: Michael Hochgeschwender
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unabdingbar. Kommunikation, Transport und Kapitalmarkt waren absolut notwendige Voraussetzungen für das Werden der Nation.
    Anders als in Kontinentaleuropa mußten die Amerikaner nicht erst Binnenzölle abschaffen, um zwischen den Staaten der Union den freien Warenverkehr herzustellen. Dies begünstigte schon früh, ab etwa 1820, das Entstehen eines nationalen Marktes, was manche Historiker dann als «Marktrevolution» bezeichnet haben. Mag der Ausdruck ein wenig hochgegriffen sein, so kann gar kein Zweifel an der Relevanz des zugrundeliegenden Phänomens bestehen. Dank der sich ausweitenden Baumwollproduktion, die eng mit der entstehenden Textilindustrie in den Neuenglandstaaten, beispielsweise in Massachusetts, verbunden war, wurden die USA sogar zu einem globalen Akteur in der von Großbritannien beherrschten Weltökonomie. In Zahlen: Zwischen 1790 und 1850 stieg der Wert US-amerikanischer Exporte von 20 auf 152 Millionen Dollar, während gleichzeitig die Importe von 23 auf 178 Millionen Dollar anwuchsen; die Leistungsbilanz der Union war also chronisch defizitär. Dennoch gelang es den Vereinigten Staaten, dem Status einer bloß rohstofferzeugenden Zulieferwirtschaft mit halbkolonialem Status zu entkommen, indem eine eigene, zunehmend leistungsfähigere Industrieproduktion aufgebaut wurde, allerdings auf Kosten hoher Schutzzölle. Die amerikanische Frühindustrialisierung erfolgte gerade nicht nach der reinen Lehre der Marktwirtschaft. Um 1825 war der amerikanische Staat der mit Abstand größte Unternehmerim Land. Erst im Laufe der folgenden Jahrzehnte emanzipierte sich das freie Unternehmertum. Die amerikanische Produktion war stark von der mexikanischen Silberförderung und dem britischen Opiumhandel zwischen Indien und China abhängig, vor allem aber von der britischen und französischen Textil- und Luxusgüterproduktion, wie die verheerenden Folgen der Weltwirtschaftskrise von 1837 belegten. Ungeachtet solcher regelmäßig auftretender Krisen, wuchs die amerikanische Industrie mit einigem Schwung. Zum Textilwesen traten seit den 1840er Jahren eisenverarbeitende Betriebe hinzu, ja selbst die Ölproduktion lief schon vor 1860 an.
    Der anhaltende Aufstieg der amerikanischen Industrie wieder um erzeugte einen starken Bedarf an Arbeitskräften, der durch die massenhaften Einwanderungswellen der Jahre ab 1840 hinreichend gedeckt werden konnte. So wuchs die Bevölkerung des Landes von circa 12,8 Millionen Menschen im Jahr 1830 auf 31,4 Millionen im Jahr 1860. Ein erheblicher Anteil der Neuankömmlinge waren, im Gegensatz zum 17. und 18. Jahrhundert, keine relativ wohlhabenden angelsächsischen und protestantischen Briten mehr, sondern arme irische Katholiken, die der großen Hungersnot auf der Grünen Insel entfliehen wollten, und Deutsche. Fast alle kamen, von wenigen Ausnahmen nach den europäischen Revolutionen von 1848/49 abgesehen, als Wirtschaftsflüchtlinge, die weniger individuelle Freiheit als ein gutes Auskommen für sich und ihre Familien suchten. Ein erheblicher Teil, vermutlich über 30 Prozent, kehrte denn auch den USA wieder den Rücken. Der gewaltige Zustrom an Menschen und die mit ihm verknüpfte wachsende kulturelle und konfessionelle Vielfalt im Lande brachten erhebliche gesellschaftliche Unruhen mit sich, die sich mitunter gewaltsam entluden. Fremdenfeindliche, insbesondere antikatholische Bewegungen entstanden. Zwischen 1834 und 1860 kam es beständig zu Übergriffen gegenüber Katholiken und anderen religiösen Minderheiten, etwa den Mormonen. Zusätzlich entstanden in den großen Städten, deren Bewohner oft mehrheitlich gar nicht in den USA geboren waren, kriminelle Banden auf ethnischer Grundlage, die sich gelegentlich in regelrechten Kleinkriegen mitMesser und Pistole bekämpften. Die amerikanische Gesellschaft der Zeit vor dem Bürgerkrieg war unruhig und gewalttätig, wenigstens in ihren urbanen Zentren. Neben den brennenden sozialen Problemen, Armut, Alkoholismus, fehlender Bildung, stand die weltanschauliche Frage, was denn überhaupt ein guter Amerikaner sei, im Mittelpunkt der Debatten.
    Die Antwort auf dieses Grundsatzproblem wurde indessen durch die Hauptschwierigkeit des Landes, die großen Unterschiede innerhalb der Union, erschwert. Grob gesagt umfaßte sie drei Landesteile, die, in sich mannigfach gegliedert, in struktureller und kultureller Hinsicht deutlich voneinander abwichen: den neuenglischen und mittelatlantischen Norden von Maine bis Pennsylvania, den Süden
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