Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Amerikaner - The American

Der Amerikaner - The American

Titel: Der Amerikaner - The American
Autoren: Andrew Britton
Vom Netzwerk:
Unannehmlichkeiten ertragen würde, um den Iran daran zu hindern, zu einer Atommacht zu werden.
    Diese Gedanken verflüchtigten sich, als sie durch die mit Marmor ausgekleidete Rotunde des Russell Senate Office Building schritten, dessen architektonische Raffinesse Levy immer wieder aufs Neue erstaunte und ihn daran erinnerte, wie bedeutend seine Position war und wie dankbar er dafür sein musste. Aus diesen Gedanken riss ihn ein Agent des Secret Service, der etwas in ein verstecktes Mikrofon sagte und ihn dann anblickte.
    »Alles startklar, Sir. Wir setzen uns in das zweite Fahrzeug.« Der Senator nickte zustimmend und trat durch den Ausgang. Draußen herrschte jenes Wetter, mit dem man Mitte Oktober in Washington rechnen musste: Windböen peitschten den leichten Regen und drohten Aidan den Schirm aus der Hand zu reißen, den dieser schützend über den Kopf seines Chefs hielt. Die Sicherheitsbeamten geleiteten den Senator schnell zu dem zweiten weißen Suburban.
    Levy wusste, dass in dem ersten Fahrzeug vier Männer mit automatischen Waffen saßen und dass der Chef der Personenschutzkommandos auf dem Beifahrersitz des zweiten Autos Platz nehmen würde. Er erinnerte sich vage, dass es noch ein drittes Fahrzeug gab, das den beiden anderen in einem diskreten Abstand folgen sollte, aber als er nach links die Straße hinabblickte, sah er es nicht.
    Als die Agenten vom Secret Service zum Schutz seiner Person abgestellt worden waren, hatte er ihre unübersehbare Präsenz unnötig und störend gefunden, was er dem Präsidenten auch gesagt hatte. Doch als man ihm die Gründe für die Entscheidung
auseinander setzte, sah er ein, dass die Bedrohung die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen rechtfertigte.
    Was nicht hieß, dass sie ihm gefielen. Die Sicherheitsbeamten hatten strenge Vorschriften und durften, außer in akuten Notfällen, keinen Fuß in sein Haus setzen. Außerdem durfte sich an dem Rückweg von seinem Arbeitsplatz nichts ändern. Die knapp halbstündige Autofahrt vom Büro zu seinem Haus auf der anderen Seite des Flusses war die einzig ruhige Zeitspanne seines Tagesablaufs, und er hatte nicht vor, sich diese friedlichen Minuten durch Sirenen und das Hupen genervter Autofahrer verderben zu lassen. Der Chef der Sicherheitsbeamten hatte diesen Auflagen energisch widersprochen mit dem Argument, Levy sei einer der einflussreichsten Politiker in Washington, aber letztlich hatte der Senator dem Streit mit einem kurzen Telefongespräch ein Ende bereitet.
    Doch die wachsamen Sicherheitsbeamten wurden nicht dafür bezahlt, Levy zu mögen, und das war gut so, denn sie mochten ihn nicht. Aber sie waren für seine Sicherheit verantwortlich und deshalb erleichtert, dass sich auf dem kurzen Weg vom Russell Building zu dem wartenden Suburban kein Zwischenfall ereignete. In ihrer Branche glaubte man, dass der Schutzbefohlene immer dann am stärksten gefährdet war, wenn er aus dem oder ins Auto stieg. In ihrer Eile übersahen die erfahrenen Personenschützer einen jungen, gut gekleideten Mann, der ihnen nach draußen gefolgt war. Er wartete, bis sich der kleine Konvoi in Bewegung gesetzt hatte und bis fünfzehn Sekunden später das dritte Auto vorbeigefahren war. Dann stieg er die Stufen vor dem Russell Building hinab und schlenderte langsam die Constitution Avenue entlang. Nachdem er seinen Regenschirm aufgespannt hatte, zog er ein Handy aus der Manteltasche.

    Der Mann am anderen Ende ignorierte den leicht arroganten Tonfall, mit dem der Anrufer die erwartete Nachricht durchgab. Zugleich konnte er sich nicht eines Gefühls der Verachtung erwehren, das er für diesen Mitarbeiter des Kongresses empfand, dessen Name ihm vor zwei Monaten genannt worden war und von dessen Information er jetzt vollständig abhängig war.
    Er blieb geduldig hinter dem Steuer des gemieteten schwarzen Chevy Tahoe sitzen, der in der Independence Avenue geparkt war, direkt gegenüber dem James Forrestal Federal Building. Der Wagen war ordnungsgemäß abgestellt, die Parkuhr zeigte noch eine Stunde an. Die dezente Tönung der Scheiben würde selbst bei einem überdurchschnittlich aufmerksamen Verkehrspolizisten keine Aufmerksamkeit erregen. Der Mann war äu ßerst erfahren in solchen Dingen. Die unabänderlichen Risiken seiner Profession waren ihm bewusst, aber so weit das möglich war, überließ er nichts dem Zufall.
    Eingedenk dieses Prinzips hatte er den Parkplatz sorgfältig ausgewählt. Hinter der Kreuzung mit der L’Enfant Promenade verlief die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher