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Der Amboss der Sterne

Der Amboss der Sterne

Titel: Der Amboss der Sterne
Autoren: Greg Bear
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Vaters und dessen langes, grimmiges Gesicht geerbt. Er besaß auch das sanfte Temperament und die geistige Schärfe seines Vaters. Aber seine mandelförmigen Augen und seine sinnlichen, vollen Lippen waren das Erbe seiner Mutter.
    Ein gedrungener flacher Zylinder von etwa einem Meter Höhe aus Kupfer und mattiertem Messing mit einer Beule wie ein Kopf, aber ohne Merkmale, Arme oder Beine kam von unten herein und rückte lautlos neben ihn auf: eine Mutter.
    Sie sagte: »Ich bin für deinen Bericht bereit.« Ihre Stimme war von Autorität, aber ohne Strenge. Sie gab nie Befehle oder Anweisungen, sondern unterwies nur und leitete. Eine Mutter sprach von sich selbst stets in der ersten Person, wie auch der Geist des Schiffs bei den seltenen Gelegenheiten, wo man ihn zu hören bekam. Die Kinder hatten als Hinweis nichts außer dem Ton der Stimme, ob Schiff und Mütter zu ihnen sprachen.
    »Uns geht es gut«, berichtete Martin. »Die Kinder scheinen alle physisch gesund zu sein.« Er wandte den Blick ab. »Es gibt eine gewisse Spannung mit vier oder fünf Personen, die mit dem Rest nicht zurechtkommen. Rex Live Oak hat ab und zu Schwierigkeiten. Auch einige andere. Ich bleibe dran und versuche, sie wieder in die Gruppe zu integrieren. Rosa Sequoia ist am schlimmsten. Sie besucht die Versammlungen, macht ihre Übungen, hängt herum, wenn wir Spiele machen; aber sie hat jetzt wenige Freunde. Sie spricht nicht einmal viel mit den Wendys.
    Die Übungen gehen gut voran. Wir haben die Navigation kleiner Vehikel im planetaren Raum geübt, Umlaufbahnen und Ausweichmanöver, sowie Macher und Tuer überwacht. Ich nehme an, daß du das weißt.«
    »Ja«, sagte die Mutter.
    Sein Hals versteifte sich. Jetzt kam es. »Ich möchte einige Übungen im Freien sehen. In Realität. Ich denke, wir sind bereit.«
    Dies war das dritte Mal, daß er in seinen sechs Monaten als Boss einen solchen Vorschlag machte. Alle Kinder waren darauf erpicht, aus der Dämmerungsgleiter nach draußen zu kommen in dem Vehikel, dessen Gebrauch sie geübt hatten. »Fünf und ein halbes Jahr sind eine lange Zeit. Wir haben einen weiten Weg hinter uns. Wir wissen, daß es noch länger dauern könnte, aber… Wir sind ungeduldig.«
    »Verstanden«, sagte die Mutter. »Weitermachen!«
    »Ich denke, daß wir erwachsen und reifer werden. Es gibt weniger Streit… nicht soviel Gezänk über sexuelle Dinge. Weniger Diskussionen und Krach. Ich habe dir in der letzten Zehntagewoche davon berichtet.«
    »Das sind alles erwartete Vorfälle.«
    Martin sagte, gereizt durch die Haltung der Mutter: »Nun, aber sie sind doch bezeichnend. Ich versuche, diese… Ruhe, oder was auch immer, zu benutzen, um uns auf das Training zu konzentrieren. Jedenfalls funktioniert das etwas. Wir kommen in den Proben besser zurecht. Aber es wird immer noch darüber gemurrt, wie schlecht wir unterrichtet sind. Ich möchte größere Beteiligung vorschlagen. Das habe ich schon früher angeregt.«
    »Ja«, sagte die Mutter.
    »Soviel davon. Nichts Besonderes.«
    »Ich sehe keine Anzeichen größerer Schwierigkeiten. Du machst deine Sache gut.«
    Mit einem typischen Mangel an den Feinheiten gesellschaftlicher Bildung glitt die Mutter längs ihres unsichtbaren Leiterfeldes aus dem Schulzimmer.
    Martin blies die Backen auf, atmete heftig aus und wandte sich zum Gehen, als er in der Tür unten Hakim erkannte.
    Hakim wich der Passage der Mutter aus und nahm eine schwebende Lotoshaltung ein. »Wie geht es dir heute?«
    »Wie gewöhnlich«, sagte Martin. Er biß sich in die Unterlippe und wies mit einer mürrischen Hand auf die Tür. »Die übliche freundliche Backsteinwand.«
    »Ach ja.« Hakim war Leiter des Suchtrupps und sieben oder acht Zentimeter kleiner als Martin, mit glatter brauner Haut, einer schmalen spitzen Nase und großen kecken Augen so schwarz wie Onyx. Er sprach Englisch mit einem starken Oxfordakzent, wo sein Vater die Schule besucht hatte.
    Hakim blinzeln zu sehen, war ein Wunder. Sein Gesicht verriet Jahrhunderte des Gleichmuts mitten in Bedrängnis; seine Lippen bildeten eine genialische Linie. »Ich freue mich, das zu hören.«
    Er hatte vor einigen Jahren Martin im Arabischen unterrichtet, genug, damit er arabische Kinderbücher aus den Bibliotheken lesen konnte. Aber die lingua franca auf der Dämmerungsgleiter war Englisch wie schon an Bord der Zentralen Arche. Der Tod der Erde hatte das amerikanische Moment in der Geschichte eingefroren.
    »Der Suchtrupp könnte einen Verdacht
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