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Der Amboss der Sterne

Der Amboss der Sterne

Titel: Der Amboss der Sterne
Autoren: Greg Bear
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an dich. Ich vermisse dich, wenn ich nicht in der Nähe bin, selbst nur ein paar Minuten entfernt. Das ist nicht einfach physisches Verlangen, obwohl es auch das ist, und es ist unendlich stark; aber es ist eine Verwandtschaft, ein Zusammenpassen wie von zwei Molekülen, die sich genau auf die rechte Art treffen. Und das ist seltsam, denn so habe ich oft über Gott gedacht. Ich hoffe, du denkst nicht, daß dies viel zu intensiv ist. Aber ist es durch dich, durch unsere Liebe, daß ich Gott wirklich fühle. Fürchte dich nicht! Ich habe ihn nicht verloren. Aber kannst du mir sagen, warum wir dies nicht schon früher gefühlt haben und es erst jetzt erkannten? So schnell!
    Die leuchtende Mitteilung unter Theresa schimmerte leicht. Das Handy fragte, ob er fortfahren oder aufhören und es senden wolle. Er hob seinen Finger wieder und schrieb weiter:
    Ich habe es William mitgeteilt, und er billigt es oder gibt nicht zu erkennen, daß er dagegen ist. Ich weiß, daß du unserer Freundschaft keinen Abbruch tust, obwohl ich mich mit ihm jetzt weniger unbefangen fühle. Aber er weiß oder ahnt, was zwischen uns, mir und dir, ist; und das macht ihn weiser als mich. Er ist ein edler Geist. Ich erkenne, daß du widerstrebst, eine Dyade zu zerbrechen, die so stabil scheint; aber du kannst uns nicht nehmen, was am wichtigsten ist. William und ich sind Brüder, so wie ich nie einen Bruder gehabt habe. Das kannst du nicht zerbrechen und du kannst es nicht ersetzen.
    Ich schicke dir dies, weil ich dich vermisse, selbst wenn ich im Dienst bin. Und ich habe hier nur noch wenig Zeit, bis ich der Mutter Bericht erstatte.
    Ich fühle mich so naiv, aber meine Liebe zu dir ist stärker als jede positive Emotion, die ich bis jetzt empfunden habe; und ich möchte, daß du das weißt.
    Er las die Mitteilung mehrere Male durch und kniff die Augen zusammen wegen ihrer Unbeholfenheit und ihrer Offenbarung. Selbst unter den Kindern zögerte Martin, sich so zu öffnen. Er fühlte sich wieder wie ein kleiner Knabe, obwohl er mit zweiundzwanzig einer der ältesten auf der Dämmerungsgleiter war. Theresa war drei Jahre jünger, William ein Jahr jünger.
    »Senden!« sagte er. Die Mitteilung und Theresas Name verschwanden und ließen William allein hängen. Der Name flackerte. Martin sagte dem Handy: »Ich denke nach.« Konnte er wirklich mit William verbunden bleiben, wenn er so viel Aufmerksamkeit auf Theresa richtete?
    Hier lag eine Ironie. Während der ganzen Reise hatte er versucht, sich aus dem Spiel von Emotionen herauszuhalten und seine Würde zu bewahren. Schließlich hatte er mit William eine Dyade gebildet, weil er dem Druck zur Herstellung einer Bindung nicht widerstehen konnte und sie zusammenpaßten.
    Wegen seiner Zurückgezogenheit hatte Martin sowohl Respekt wie Isolierung erfahren. Er war zum sechsten Boss der Wache gewählt worden, in eine wichtige Position. Und nun (das schien jetzt unvermeidlich zu sein, wenn man Verehrung mit Stellung und Macht verband) hatten die Wendys ihn umschwärmt, und er hatte mit ihnen getändelt. Das wurde erwartet. William erhob keine Einwände. Er war wirklich davon fasziniert, was er tun würde, sollte er Boss werden.
    Martin hatte seinen Schild verloren; und der Hirt mit Theresa – zunächst harmloser Sex – hatte ihn tief in das gestürzt, was er so lange vermieden hatte. Es hatte so kommen müssen.
    In ihm schlummerte immer noch Furcht vor Verlust, nicht einfach durch Trennung, sondern durch Tod. Sie alle hatten die gleichen Verluste erfahren – die Erde selbst, die große Mutter von allem, was sie kannten und waren; dann Trennung von Familie und Freunden auf der Arche.
    Sie waren mehr als nur Kinder, die man auf einen Kreuzzug durch die Zeit geschickt hatte. Sie waren Racheengel, geschulte, aber noch nicht im Einsatz erprobte Soldaten, denen man Zugriff auf unglaubliche Macht gegeben hatte, die sie nicht völlig verstanden. Letztendlich würden sie diese Macht gebrauchen, sobald sie ihren Auftrag erfüllen mußten; und einige von ihnen würden nicht überleben.
    Was William betraf, so hatte Martin ihm nichts mitzuteilen, das er nicht besser persönlich sagen konnte. Er gab Anweisung: »Verschwinden!« Der Name verblaßte. Er hob die Arme, krümmte einen Finger; und eine feine Leiter aus grünem Licht querte die Peripherie. Er deutete mit dem Finger, und das Licht strömte, brach ab und formte sich neu. Es umfloß ein Rad des Schulzimmers und schnitt die Sternsphäre.
    Martin hatte die Natur seines
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