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Der Altmann ist tot: Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln

Der Altmann ist tot: Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln

Titel: Der Altmann ist tot: Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln
Autoren: Frl. Krise , Frau Freitag
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Günther nicht mehr gut.»
    Ich kann mir ein «Na, gut genug, um schwanger zu werden, ja wohl schon» nicht verkneifen.
    «Der Günther wollte keine Kinder mehr. Der hatte ja schon aus erster Ehe drei. Zwei Söhne und eine Tochter. Die Söhne hat er auch nur ein-, zweimal im Jahr gesehen, und zu der Tochter hatte er gar keinen Kontakt mehr. Kinder – nein. Der war durch mit dem Thema.»
    «Wie, keinen Kontakt?»
    «Ich weiß nicht, was da vorgefallen ist, jedenfalls sprachen die gar nicht mehr miteinander. Obwohl er den beiden Älteren ein teures Studium finanziert hat. Inklusive längere Auslandsaufenthalte. Und seiner ersten Frau musste er auch Geld zahlen, obwohl ihr neuer Freund der Besitzer einer großen Baufirma ist. Die war allerdings nicht so dumm, den zu heiraten, sondern holte sich ihr Geld schön von Günther.»
    Interessant, denke ich. «Kanntest du seine erste Frau?»
    «Die Bettina? Klar, die gehörte ja praktisch mit zum Kollegium. Die war Erzieherin bei uns. Eine Nette war das. Immer fröhlich und gut gelaunt. Als der Günther sich dann getrennt hat … das war schlimm für sie. Und für uns auch. Wir wussten ja nicht, zu wem wir halten sollten. Der Günther war ja schließlich noch Teil des Kollegiums. Schlimm war das. Eine schlimme Zeit. Die Betty hat dann die Stelle gewechselt. Ihr ging es erst besser, als sie ihren neuen Mann kennengelernt hat. Das war ein Schock für den Günther. Der Bernd war ein guter Freund von ihm. Aber die beiden haben nie mehr miteinander gesprochen. Irgendjemand hat erzählt, dass der Günther sich sogar mit dem Bernd geprügelt hätte, aber das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. So was passt doch irgendwie nicht zu Günther. Passt, passte … ach … es ist so schrecklich …»
    Frau Schirmer schnäuzt wieder in ihr Taschentuch, und wir bleiben stumm nebeneinandersitzen und warten aufs Klingeln. Kurz vor der Pause sagt der Schulleiter durch, dass wegen des Todesfalls im Kollegium der Unterricht nach der vierten Stunde beendet werden kann. Die Schüler springen freudeschreiend auf. Nicht ganz so laut wie bei der Hitzefreidurchsage, aber doch laut genug, dass Frau Schirmer wieder Tränen in die Augen steigen. Ich unterdrücke meine Freude über den verfrühten Schulschluss und habe nur einen Gedanken: Wo finde ich jetzt Frl. Krise?
    •
    «Frl. Krise, ich … haben Sie mal … kann ich Sie mal sprechen? Also, ich und Samira, meine ich?» Vanessa pustet ihren langen Pony aus dem Gesicht und schaut mich mit großen Augen an. Samira, die neben ihr steht, kaut auf ihrem Daumennagel, blickt zu Boden und schweigt.
    Die andern Schüler trudeln langsam aus der Klasse. Schulfrei nach der Vierten. «Danke, Herr Altmann!», sagt Dominic und klatscht sich mit Mehmet ab. Pietätlos.
    Das war eine komische Stunde eben. Ich habe meine zehnte Klasse möglichst zartfühlend über Günthers Tod informiert. Sehr viel wusste ich ja auch nicht. Natürlich waren alle bestürzt. Kurz vor den Abschlussprüfungen stirbt der Mathelehrer weg – da darf man wohl erschrocken sein. Und überhaupt, Sterben, das ist für Jugendliche doch ein ganz schwieriges Thema. Schließlich rüttelt das an ihrem Gefühl von Unsterblichkeit, das sie normalerweise bis mindestens Mitte 20 behalten.
    Aber da war noch etwas. Ich kann nicht genau sagen, was … Die Stimmung war so merkwürdig. Vielleicht kam es daher, dass einige Mädchen lange Blicke austauschten oder dass manche Jungen mit einem Anflug von Triumph oder Genugtuung oder Häme – ich weiß es nicht genau – die Faust ballten. Und dass nur Sarah in Tränen ausbrach. Bei so einer schönen Gelegenheit wird doch sonst immer querbeet geschluchzt und geheult, was das Zeug hält. Vielleicht hat mich auch verwundert, dass Sarah sich nicht beruhigen ließ und von Samira gestützt rausgehen musste. «Der war schon den ganzen Morgen schlecht», erklärte mir Vanessa dazu. Der war schlecht! Bei 16 -Jährigen denke ich da nicht immer gleich an Schwangerschaft, aber weshalb jetzt bei Sarah? Ich schiebe den Gedanken weg. Pubertierende verhalten sich einfach unberechenbar.
    Direkt beliebt war Günther in meiner Klasse jedenfalls nicht, dafür spielte er zu sehr den harten Hund, den Macho, den tollen Hecht. Und warum sollen meine Schülerinnen und Schüler Trauer heucheln?
    Vanessa holt sich einen Stuhl ans Pult und setzt sich. Samira bleibt neben ihr stehen wie ein Stock.
    «So, Mädels, was gibt’s?»
    «Frl. Krise, Samira wollte Ihnen was erzählen. Aber
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