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der Agentenschreck

der Agentenschreck

Titel: der Agentenschreck
Autoren: Dorothy Gilman
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sehr früh am Flugplatz eingetroffen, weil sie dem Treiben gerne zusah. Die
    Maschinen nach Frankfurt, Budapest, Dubrovnik und Brüssel waren ausgerufen worden und
    vermutlich bereits abgeflogen. Sie nahm an, daß alle verbliebenen Reisenden nach Sofia
    wollten. Immer wieder schweifte ihr Blick zu einer Schar junger Leute, die in einer Ecke der Wartehalle saßen. Sie beobachtete sie schon eine Zeitlang verstohlen. Zwei der Leute hielt sie für Amerikaner.
    Die Burschen und Mädchen waren braungebrannt und langhaarig. Anstelle von Koffern
    trugen sie staubige Rucksäcke. Im Augenblick schienen sie zu streiten. Ein Mädchen rief wütend: »Aber ich habe es dir doch bereits gesagt! Nicht alle von uns wollen nach Bulgarien.
    Bist du schwer von Begriff?«
    »Schrei nicht, Debby!«
    »Warum nicht? Wenn mir danach ist!«
    Ungeniert belauschte Mrs. Pollifax den Streit.
    »Phil zum Beispiel. Und ich auch nicht«, sagte die junge Amerikanerin. »Und gestern abend hat Andre zugegeben, daß ihn Bulgarien gar nicht reizt.«
    Ihre Wut richtete sich gegen den stämmigen dunkelhaarigen jungen Mann, der der Anführer der Gruppe zu sein schien. Zum Unterschied von den anderen sah er nicht wie ein Student aus.
    Er war älter und härter. »Wir haben die Visa, ja? Glaubst du, es ist leicht, Visa für Bulgarien zu bekommen? Warum denn nicht, zum Teufel?« Mrs. Pollifax wußte nicht, welchen Akzent
    er sprach. Jugoslawisch vielleicht? Jedenfalls kränkte ihn der Widerspruch, und er war echt empört.
    »Keiner von uns hat angenommen, daß wir die Visa wirklich bekommen würden«, versetzte
    das Mädchen wütend. »Und Phil hat eine Darmgrippe und ich finde einfach, daß —«
    »Wir haben abgestimmt, oder?«
    »Nikki und Debby, so hört doch auf«, sagte die kleine Französin. Alle sahen sie an. Der rothaarige Engländer warf ihr eine Kußhand zu, das dritte Mädchen lachte und sagte etwas auf Deutsch, was alle zum Lachen brachte.
    Mit Ausnahme des jungen Amerikaners Phil, der nach seinem Rucksack griff, ihn zur Bank
    neben Mrs. Pollifax trug und sich setzte.
    »Ärger?« erkundigte sich Mrs. Pollifax munter.
    Er drehte sich um und starrte sie an. Er schien ein sehr netter junger Mann zu sein. Natürlich sah er in den verdreckten Hosen und mit dem ungekämmten schwarzen Haar recht
    ungepflegt aus, aber seine Augen waren leuchtend blau, und die starken Backenknochen
    machten sein Gesicht interessant.
    Der junge Mann nickte. Er fand sie in Ordnung. »Wir gehen uns schon schrecklich auf die Nerven«, gab er zu.
    »Das kommt vor«, meinte Mrs. Pollifax lächelnd. »Seid ihr schon lange zusammen?«
    Er zuckte die Achseln. »Nicht alle. Aber bis zu Nikkis Erscheinen haben wir uns
    ausgezeichnet vertragen. Seine Rechthaberei ist unerträglich.«
    »Das ist der dunkle junge Mann dort, wie?«
    »Yeah, das ist Nikki«, sagte er. Beide sahen zu Nikki hin, der ihnen den Rücken zugedreht hatte. »Vor zwei Wochen ist er in Dubrovnik aufgekreuzt. Debby habe ich in Wien
    kennengelernt, sie ist prima — und sie kennt Ghislaine bereits aus Paris. Erika und Andre sind unterwegs zu uns gestoßen, aber Nikki —«
    »Scheint gern das Kommando zu führen«, sagte Mrs. Pollifax verständnisinnig. Dann
    bemerkte sie das verzerrte Gesicht des Burschen und fragte besorgt: »Fehlt Ihnen etwas?«
    »Dieser verdammte Durchfall.« Er war blaß geworden, krümmte sich vor und schlang beide
    Arme um den Leib.
    »Sie haben doch hoffentlich ein Mittel dagegen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Habe ich gestern verloren. Aber Nikki hilft mir aus.« Er hob den Kopf. Spöttisch meinte er: »Vielleicht muß ich mit ihm nach Bulgarien fliegen, damit er mir weiterhin Pillen gibt. Eigentlich wollte ich nur die anderen zum Flugplatz begleiten. Ich will nicht nach Bulgarien. Ach, ich weiß es selbst nicht mehr. Mein Schädel schwimmt, und ich kann keinen klaren Gedanken fassen.«
    »Mein armer Junge, Sie sind ja ganz blaß und sprechen wie im Fieber«, sagte Mrs. Pollifax bestürzt.
    »Dubrovnik«, sagte er träumerisch. »Dort waren wir und dort wäre ich gerne wieder.«
    »Von dort komme ich eben«, meinte Mrs. Pollifax.
    »Großartig, nicht wahr? Ich war wegen der Musikfestspiele dort.«
    Er drehte sich um und sah sie an. »Sie auch? Das war eine Wucht, wie? Die Felswände,
    das blaue Meer, der samtige Himmel —« Plötzlich gähnte er. »Verdammter Mist, jetzt bin ich müde. Von einem Extrem ins andere, Kolik oder Schlafsucht.«
    »Mit der entsprechenden Medizin läßt sich
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