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Der 50-50 Killer

Der 50-50 Killer

Titel: Der 50-50 Killer
Autoren: Steve Mosby
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konnte es nicht ändern, und statt sitzen zu bleiben, raffte ich mich auf, stieg aus und ging über den Asphalt auf den Eingang zu.
    Der Empfangsbereich am Eingang war typisch: Oben eine schwarze Decke, unten ein fusseliger Teppich, und dazwischen sorgten helle Wände aus Leichtbaustein für Ordnung. An Anschlagbrettern hingen Zettel – Schützen Sie Ihr Fahrrad! –, und eine Reihe orangefarbener Plastikstühle stand in einem kleinen Warteraum, wo niemand wartete. Von außen sah das Ganze aus wie eine Nervenheilanstalt, von innen wie ein Freizeitzentrum.
    Der Empfangstisch war direkt gegenüber der Tür. Zwei leidlich hübsche Mädchen saßen dahinter, von denen die auf der linken Seite mir zulächelte, als ich näher kam, und ich erwiderte ihr Lächeln. Sie hatte ihr hellbraunes Haar zu einem ordentlichen Pferdeschwanz zurückgebunden und war sparsam und geschmackvoll geschminkt. Das andere Mädchen war mit ihrem Headset beschäftigt und nahm Anrufe entgegen.
    »Hallo. Ich bin Detective Mark Nelson, der Neue in John Mercers Team.«
    »Ach ja.«
    Sie griff zur Seite nach einem Klemmbrett.
    »Mercers neuer Lakei. Wir haben Sie schon erwartet.«.
    »Ich bin im Stau steckengeblieben«, log ich.
    »Da machen Sie sich mal keine Sorgen.« Sie gab mir das Klemmbrett. »Sie müssen ein paar Sachen unterschreiben.« An verschiedenen Stellen auf dem Formular war mein Name eingetragen, ich ging es durch und unterschrieb überall. Das Mädchen betrachtete mich die ganze Zeit.
    »Das ist Ihr erster Posten, oder?«, sagte sie.
    Ohne aufzusehen, lächelte ich. »Hat sich ja schnell rumgesprochen.«.
    »Überrascht Sie das?«.
    »Eigentlich nicht.«
    Das tat es tatsächlich nicht, weil über jeden, den John Mercer für sein Team aussuchte, Vermutungen angestellt worden wären, also warum nicht über mich. Zum Teil lag das an seinem Status, denn er hatte einen Berühmtheitsgrad erreicht, wie es im Allgemeinen für einen Polizeibeamten kaum möglich war. Abgesehen davon, dass er im ganz normalen Dienst ein allgemein bekannter, geachteter Polizist war, wurde er auch oft gebeten, bei Vorträgen und Diskussionen mitzuwirken oder als Berater zu fungieren, Zeitungsartikel und Referate zu verfassen und sogar gelegentlich im Fernsehen aufzutreten.
    Noch bekannter war er, weil er ein Buch über seine Erfahrungen bei der Überführung von Mördern geschrieben hatte – ohne allerdings den Anstand besessen zu haben, vorher in Pension zu gehen. Stattdessen hatte er die Überarbeitung und den Stress geschildert, der vor zwei Jahren zu seinem Nervenzusammenbruch geführt hatte. Es war ein rücksichtslos ehrlicher Bericht, doch er hatte dadurch ganz bestimmt keine Freunde gewonnen. Und in der rauhen Polizeiwelt sagten viele, das hätte er auch durch seinen Nervenzusammenbruch nicht getan.
    Aber Mercer kümmerte die Meinung anderer nicht besonders. Seit er vor knapp einem Jahr wieder in den Dienst zurückgekehrt war, hatte er eine Reihe, sagen wir, erfahrene Mitarbeiter eingestellt, die alle seinen berüchtigten Ansprüchen nicht genügt hatten.
    Wenn man all dies betrachtete, war es wahrscheinlich unvermeidlich, dass jeder, der die Stelle bekam, mit einer seltsamen Mischung von äußerster Kühle und tiefstem Mitgefühl betrachtet wurde.
    Ich wusste, dass bei mir ein zusätzliches Interesse diese beiden Emotionen noch um das Hundertfache verstärken würde. Was Erfahrung betraf, ging Mercer mit mir ein ganz anderes Risiko ein, denn dies war tatsächlich meine erste Stelle. Und all das hieß: Ich war wirklich nicht überrascht, dass das Mädchen am Empfang schon von mir gehört hatte. Wahrscheinlich wusste sie im Moment mehr über mich als ich selbst.
    »Ihre erste Stelle«, sagte sie und schüttelte mit gespieltem Mitgefühl den Kopf, »und ausgerechnet bei Mercer. Manche Leute kommen einfach als Pechvogel auf die Welt.«.
    »Ja, aber ich wollte die Stelle haben.«.
    »Na ja, warten wir eine Woche ab.« Sie lächelte, doch ich konnte nicht sagen, ob sie es ernst meinte. »Also – schauen Sie mal da hoch und lächeln Sie in die Kamera.«
    Von der Decke hing ein schwarzer Ball herab. Ich blickte hinauf und bemerkte das rote Licht an der Seite …
    Da blitzte es schon.
    Bitte lächeln Sie in die Kamera.
    Das Foto zeigt mich so, wie ich damals war: ein Endzwanziger von überdurchschnittlicher Größe und kräftiger Statur, der in dem neuen Anzug, den zu tragen er noch nicht gewohnt ist, schlanker aussieht. Braunes, kurzes, ordentlich geschnittenes
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