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Department 19 – Die Mission

Department 19 – Die Mission

Titel: Department 19 – Die Mission
Autoren: Will Hill
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Treppe hinauf, ganz leise und auf Zehenspitzen.
    Durch die halb offene Badezimmertür sah er, wie sein Vater seine rechte Hand ins Waschbecken hielt. Auf dem weißen Porzellan und auf dem Spiegel waren frische Blutflecken.
    Jamie schlich über den Treppenabsatz. Sein Dad ließ heißes Wasser über die Hand laufen und verzog vor Schmerz das Gesicht. Als er den Wasserhahn zudrehte und nach einem Handtuch griff, konnte Jamie seinen Arm sehen. Ein langer blutiger Schnitt zog sich vom Handgelenk bis zum Ellbogen, und in der Mitte ragte etwas Dunkles hervor, das sich schmutzig braun gegen das restliche Fleisch absetzte.
    Sein Dad tupfte das Blut ab und griff langsam und vorsichtig in die Wunde. Mit zusammengebissenen Zähnen zog er das dunkle Ding aus seinem Arm. Er stieß ein dumpfes Grunzen aus, als es sich schließlich löste. Jamie starrte mit weit aufgerissenen Augen auf das Geschehen. Das Gebilde sah aus wie eine Kralle, ein überdimensionaler Fingernagel, drei Zentimeter lang, gekrümmt und messerscharf. Am dicken Ende hing ein ausgefranster Klumpen Fleisch, der im hellen Licht der Badezimmerbeleuchtung weiß glänzte.
    Jamie schnappte erschrocken nach Luft, und sein Dad wirbelte herum. Der Junge stand stocksteif da, sprachlos. Sein Dad öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, doch dann trat er die Badezimmertür zu, und Jamie stand allein auf dem dunklen Treppenabsatz.
    Langsam kam Jamie wieder zu sich. Irgendwo hinter ihm brummte ein lauter Motor, und dicht vor seinem Kopf hörte er das Geräusch von Regen, der gegen eine Scheibe prasselte. Vorsichtig öffnete er die Augen und stellte fest, dass er in einem Auto saß und durchs Fenster hinaus in einen dunklen Wald sah. Sie fuhren so schnell, dass die Bäume nur als verschwommene Schatten an ihnen vorbeirauschten, und es regnete in Strömen.
    Er sah zur Fahrerseite hinüber und schrie auf. Instinktiv griff er nach dem Türöffner und riss daran, ohne Rücksicht darauf, was mit ihm passieren würde, wenn er aus dem fahrenden Wagen sprang. Er musste einfach nur raus hier, weg von diesem Monster hinter dem Lenkrad.
    »Bemüh dich nicht«, sagte das Monster mit einer Stimme, die das Motorengeräusch mühelos übertönte. »Sie ist verschlossen.«
    Jamie presste sich gegen die Tür.
    Auf dem Sitz neben ihm saß Frankensteins Monster.
    Das ist ein Traum, oder? Das kann nicht real sein. Ich muss träumen.
    »Es ist unhöflich, jemanden so anzustarren«, sagte das Monster, und Jamie meinte, eine Spur von Belustigung in der dröhnenden Granitstimme zu entdecken.
    »Wer sind Sie?«, brachte er hervor, während sein Verstand schrie: Rede nicht mit ihm! Bist du bescheuert? Halt die Klappe!
    »Mein Name ist Victor Frankenstein. Ich habe mich dir bereits vorgestellt, aber ich nehme an, du erinnerst dich nicht?«
    Jamie schüttelte den Kopf, und Frankenstein grunzte.
    »Dachte ich mir. Gut, dass ich die Wagentüren verriegelt habe.« Er lachte, und es klang wie ein lang gezogenes Donnergrollen. »Ich darf dir nicht alles erzählen«, sagte er dann. »Nur so viel: Ich bringe dich an einen Ort, an dem du sicherer bist. Mein Vorgesetzter wird dir mehr erzählen, sollte er es für notwendig erachten.«
    »Wer ist Ihr Vorgesetzter?«, fragte Jamie.
    Keine Antwort.
    »Ich habe Ihnen eine Frage gestellt«, wiederholte Jamie lauter. »Haben Sie mich nicht verstanden?«
    Frankenstein drehte seinen riesigen Schädel und sah Jamie an. »Ich habe dich sehr wohl verstanden«, sagte er. »Aber ich habe nicht vor, die Frage zu beantworten.«
    Jamie fuhr zusammen, als das Bild vom Blut auf der Fensterbank vor seinem geistigen Auge erschien. Und dann erinnerte er sich an alles. »Meine Mutter«, rief er mit weit aufgerissenen Augen. »Wir müssen zurück und sie holen!«
    Frankenstein bedachte ihn mit einem ernsten Blick. »Wir können nicht zurück. Sie ist nicht mehr da. Du weißt das.«
    Jamie kramte sein Handy aus der Tasche und ging die Kontakte durch, bis er die Nummer seiner Mutter gefunden hatte. Dann drückte er den grünen Knopf und hielt das Gerät an sein Ohr.
    Nichts geschah.
    Er nahm das Telefon vom Ohr und betrachtete das leuchtende Display. Das Netzlogo, das üblicherweise in der Mitte prangte, war verschwunden – genau wie der Balken, der die Signalstärke anzeigte.
    »Telefone funktionieren hier nicht«, sagte Frankenstein.
    Jamie rüttelte erneut am Türgriff, zerrte daran, bis das Plastik sich unter seinen Fingern verbog.
    »Hör sofort auf damit!«, brüllte
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