Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den Finger am Abzug

Den Finger am Abzug

Titel: Den Finger am Abzug
Autoren: Mark E. Carter
Vom Netzwerk:
ihrer Mitte. Eine davon erkenne ich sofort: Es ist die ältere Frau, eine kleine, dickliche Person mit Brille und fettigen schwarzen Haaren, zu einem Zopf zusammengebunden. Während ich die beiden anderen Personen zu erkennen versuche, ertönt abermals lautes Rufen. Ein junges Mädchen mit weißer Bluse und einem dunklen Rock läuft vom Haupthaus weg in Richtung der Scheune hinter dem Wohnhaus. Zwei Kroaten nehmen die Verfolgung auf, und noch während diese auf die Kleine anlegen, gibt es einen lauten Knall. Eine Landmine explodiert und reißt ihr ein Bein ab. Das Mädchen fällt nach vorne und eine weitere Mine detoniert. Während jetzt endgültig das Chaos ausbricht, wird mir klar, dass die Serben hinter dem Haus ein Minenfeld gelegt hatten und uns dorthin treiben wollten. Plötzlich stößt die ältere Frau einen spitzen Schrei aus, gefolgt vom schmerzerfüllten Schluchzen einer jungen Frau. Es ist die Schwester dieses Mädchen. Ich schätze sie auf Anfang zwanzig, während die dritte Person ihr Vater sein müsste, ein älterer Mann mit Vollbart und dicker Brille. Die junge Frau steigert sich in einen Weinkrampf hinein und immer wieder hört man sie „Dragica!“ schreien, der Name ihrer Schwester.
     
    Dimi nähert sich den Gefangenen und bis auf die Schreie der jungen Frau legt sich eine seltsame Stille auf das Anwesen nieder. Ich atme durch, denn diese Menschen, ob man sie dazu gezwungen hatte oder nicht, sei dahingestellt, haben viel Blut zu verantworten. Zivilisten, die jene Seite verraten hatten, die für ihre Befreiung kämpft. Ivan kommt zu mir. Wir betrachten aus einiger Entfernung die Situation. Dimi sagt ein paar Worte zu den Dreien, zieht seine Pistole und erschießt den Mann. Die beiden Frauen schreien auf. Er spricht mit ihnen auf Kroatisch und zwei Soldaten binden die ältere Frau an einer Bank fest. Als sich der Kommandant zu der jungen Frau umdreht, sehen Ivan und ich einander an. Der Frust, der blanke Hass auf den Feind wird sich nun entladen.
    Sie ist eine schö ne Frau, schlank mit längeren schwarzen Haaren und hohen Wangenknochen. Er betrachtet sie einen Moment lang und dann schlägt er ihr mehrmals ins Gesicht, während sie ein anderer Kroate an ihren Haaren festhält. Dimi spuckt ihr ins Gesicht und sagt etwas in die Runde. Sofort stürzen sich einige Soldaten auf sie und reißen ihr Bluse und Jeans vom Körper. Während sie vergewaltigt wird, höre ich sie immer wieder „Dragica“ schreien, dem Schläge ins Gesicht folgen. Ihre Mutter in unmittelbarer Nähe muss mit ansehen, wie ihre Tochter unzählige Male missbraucht und ein Schwanz nach dem anderen in ihren Mund gestoßen wird. Ivan zwinkert mir zu und reiht sich in der Gruppe der Vergewaltiger mit ein. Ich drehe mich ab, so etwas muss ich nicht haben.
    Ich kenne Frauen, die behaupten, dass sie sich nicht vorstellen kö nnen, zum Oralsex gezwungen zu werden. „Da beiße ich zu und dann will ich sehen, ob man mich noch mal dazu zwingt!“, ist das wohl gängigste Argument.
    Meine Meinung ist, dass jeder Mensch an seinem Leben hä ngt und wenn er nur den Funken einer Chance sieht, um lebend raus zu kommen, wird er sie nutzen wollen. Die Frau möchte ich sehen, die bei einem Messer an ihrem Hals auf den Schwanz ihres Vergewaltigers beißt. Erlebt habe ich es noch nie.
     
    Die meisten Soldaten hatten sich inzwischen an der jungen Frau befriedigt.
    Sie liegt in ihrem eigenen Erbrochenen auf der Straß e, ihr Körper mit Striemen übersäht und mit blutverschmiertem Unterleib. Ein junger Soldat hebt sie etwas an und dringt in sie ein. Sie verzieht ihr Gesicht zu einer gequälten Grimasse. Zum Schreien ist sie zu schwach, vermute ich und angewidert drehe ich mich weg. Ich zünde mir eine Zigarette an. Auch Dimi hatte sich mehrfach an ihr vergangen. Er ist es, der nun vor ihr steht. Während ihre Mutter zu beten scheint, hebt die junge Frau den Kopf und sieht den Kroaten an. Einen Moment lang scheinen sich beide in die Augen zu sehen, dann hebt er seine Pistole und schießt ihr in den Kopf. Kurz reißt es ihren Schädel zurück und schlägt hart am Boden auf. Ihre Beine zucken, dann hat ihr Leiden ein Ende. Ihre Mutter schreit auf und auf ein Handzeichen des Kommandanten feuert ein junger Soldat einige Male in ihren Körper.
     
    Ich frage mich, was schlimmer ist: Diese Gewalt zu erleben, ein Teil von ihr zu sein, oder festzustellen, dass sie ihren Schrecken für einen verloren hat?
    Ich frage mich, ob jeder Mensch eine Seele besitzt und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher