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Den Finger am Abzug

Den Finger am Abzug

Titel: Den Finger am Abzug
Autoren: Mark E. Carter
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meinem Feldstecher erkenne ich plö tzlich eine ältere Frau, die in einem der beiden Ställe verschwindet. Auch Dimi dürfte sie gesehen haben, jedenfalls entschließt er sich, dass vier Soldaten Kontakt mit den Zivilisten aufnehmen sollen, während die anderen die Stellung halten.
    Irgendetwas ist seltsam an dieser Situation, denn wie soll es dort Zivilisten geben, wenn gleichzeitig die Serben ein Massengrab errichtet hatten? Möglich wäre es, denn bei den Leuten kann es sich auch um Flüchtlinge handeln, die erst hierher kamen, nachdem die Serben weg waren.
    Es ist jedenfalls Vorsicht angebracht und wir beobachten angestrengt die Umgebung, während die kleine Gruppe Soldaten sich dem Bauernhof nähert. Der Rest der Gruppe liegt an zwei Flanken etwa 200 Meter vom Haupthaus entfernt im hohen Gras.
     
    Als die Soldaten das Anwesen erreichen, sieht man die Frau aus dem Stall laufen und man kann gut erkennen, dass unsere Leute überschwänglich begrüßt werden.
    Nach einem kurzen Gesprä ch führt sie unsere Männer zu der Koppel. Ein Funkspruch bestätigt, dass sich hier das Massengrab befinden soll und die Gruppe dieses nun inspizieren werde. Während ich mir noch überlege, wie ein intakter Zaun bei einem Massengrab möglich ist, fällt plötzlich ein Schuss und einer der vier Soldaten – ein polnischer Söldner – kippt wie ein Stück Holz um. Weitere Schüsse folgen, die anderen Kameraden unten am Bauernhof suchen verzweifelt Deckung und ein zweiter Soldat bricht zusammen. Die Serben tauchen aus dem Gras hinter der Koppel auf und jetzt eröffnen wir das Feuer. Das Chaos übernimmt mal wieder das Kommando und während unsere Leute im Stall Schutz suchen, robben wir näher heran und schießen was das Zeug hält. Ivan befindet sich neben mir und deutet, dass wir uns rechts halten sollen, um so hinter die serbische Einheit zu gelangen. Beinahe gleichzeitig wird unsere linke Flanke von einer größeren Gruppe serbischer Soldaten unter starken Beschuss genommen, die sich im Wald verschanzt hatte. Dimi befindet sich bei dieser Gruppe und unser Funker ist zu weit entfernt, dass wir seine Befehle hören können. Aus allen Richtungen wird geschossen. Es ist schwer, die Übersicht zu behalten. In solchen Situation sollte man versuchen, immer in Bewegung zu bleiben da man nie weiß, ob man sich nicht im Fadenkreuz eines feindlichen Zielfernrohres befindet. Ein Serbe wird von mir am Hals getroffen. Er fällt auf die Knie. Rechts auf drei Uhr sehe ich eine weitere Gruppe feindlicher Soldaten, stelle meine Kalaschnikow auf Halbautomatik und rufe nach Ivan, während ich mit kurzen Feuerstößen auf den Feind halte.
    Ivan rollt sich nach rechts weg und feuert ebe nfalls in die Gruppe. Ich höre Schüsse in meiner unmittelbaren Nähe in den Boden schlagen, robbe weiter und schalte einen weiteren Feind unweit des Stalls aus.
    Das Gefecht dauerte ü ber zwanzig Minuten. Als endlich Ruhe einkehrt und sich unsere Gruppe wieder sammelt, wird uns der Preis dieses Einsatzes klar: Wir verloren vier Mann, darunter auch der Soldat, der verwundet wurde, bevor er sich in den Stall flüchten konnte. Er wurde am Oberschenkel getroffen und ist verblutet. Zwei weitere Kameraden aus der Einheit der linken Flanke starben im Kugelhagel und unsere rechte Seite hatte drei Verletzte. Die beiden Soldaten, die im Gebäude Schutz gefunden hatten, überlebten das Gefecht.
    Ich wische mit dem Handrü cken über meine schweißnasse Stirn und betrachte den toten polnischen Söldner. Ein Projektil ist über seinem linken Auge in den Kopf eingetreten und hatte beim Austritt einen Teil seines Hinterkopfes  weggesprengt. Das austretende Gehirn eines Kameraden und Freundes zu sehen, hilft dabei, den Gegner zu hassen.
    Die ä ltere Frau ist verschwunden. Dimi, unser Kommandant, legt mir seine Hand auf meine Schulter und sieht sich kopfschüttelnd um. Soldaten aus unserem Lager haben begonnen, die Gebäude systematisch zu durchsuchen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir die Person finden, die uns in diese Falle lockte.
    Hier gab es nie ein Massengrab. Man hatte die kroatische Armee in die Irre gefü hrt. Eine falsche Information führte zu einer Kettenreaktion, die beinahe in einer Katastrophe endete. Vom ersten Moment an war alles darauf angelegt uns zu vernichten, und nur weil der Feind unsere Kampfstärke unterschätzte, durften wir überleben.
    Plö tzlich kommt Lärm auf und eine Gruppe Soldaten nähert sich uns vom Haupthaus her, drei Gestalten in
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