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Den Finger am Abzug

Den Finger am Abzug

Titel: Den Finger am Abzug
Autoren: Mark E. Carter
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sich mein Platz beispielsweise ganz rechts befindet und ich mich auf feindliche Bewegungen der linken Seite konzentriere. Das wäre nicht effektiv und vor allem läuft man Gefahr, dass sich über unkontrollierte Zonen ein Gegenangriff formiert.
    Nach wenigen Minuten hatten wir die Situation unter Kontrolle. Die erste Gruppe begann das Lager zu inspizieren und komplett zu sä ubern, während unsere Gruppe die Stellung hielt und Feuerschutz gab.
    Solche Feindkontakte gehö ren für mich inzwischen zur Routine. Solange die Kontrolle eines Angriffes von uns ausgeht, sind Gefechte mit nur geringem Risiko verbunden.
    Wä hrend ich im eroberten Lager die Magazine meiner Kalaschnikow mit Munition auffüllte, hörte ich hinter mir einen dumpfen Schlag, dem ein hässliches Knacken folgte. Es war Ivan, der mit dem Gewehrkolben gegen den Schädel eines gefallenen Serben schlug. Speziell die Russen scheinen ganz verrückt nach Goldzähnen zu sein. Wie die Elstern können sie nicht widerstehen, wenn etwas glitzert.
    Viele der Kroaten haben einen massiven Hass auf den serbischen Gegner. Auch dieses Mal zerschmetterten einige von ihnen die Kö pfe der Toten oder schossen den Leichen aus nächster Nähe ins Gesicht. Ich habe noch nie in meinen Leben einen solchen Hass zwischen zwei Volksgruppen erlebt. Es ist für mich unvorstellbar, wie diese Menschen überhaupt miteinander leben konnten, als sie noch in einem Staat vereint waren.
     
    Wir schreiben inzwischen das Jahr 1994. Seit einiger Zeit häufen sich Gerüchte, dass die kroatische Armee eine großangelegte Gegenoffensive plant. Angeblich soll unsere Einheit ein Teil dieser Offensive werden. Klingt plausibel, jedoch hört man ständig irgendwelche Latrinenparole und manchmal weiß man nicht mehr, welchem man Glauben schenken kann und welchem nicht. Vor allem das Gerücht, dass die USA mit Bodentruppen an diesen Krieg teilnehmen wird, hält sich hartnäckig. Dass die Kroaten inzwischen von der NATO unterstützt werden, ist seit längerem bekannt, aber bis auf ein paar Jagdflieger, die anders aussahen als russische MiG, war davon nichts zu bemerken.
     
    Vor einigen Tagen bekamen wir den Auftrag, einen Gutshof zu inspizieren, in dessen Nähe sich angeblich ein Massengrab befinden soll. Man wird in diesem Krieg viel zu häufig mit den Resultaten ethnischer Säuberungen der Serben konfrontiert, Massengräber mit unzähligen Leichen von Zivilisten und Kriegsgefangenen.
    Schreckliche Bilder, die sich als Erinneru ngen einbrennen. Wenn man Schauplätze von Massenhinrichtungen erreicht, kann es schon mal vorkommen, dass Soldaten weinend zusammenbrechen. Vor allem, wenn sie aus der Gegend stammen, wo diese Gräuel passiert sind.
     
    Dimi informierte uns darüber, dass wir einen anderen Befehl erhalten hatten und er warnte uns vor dem, was uns erwarten könnte. Da wir uns auf bosnischen Boden befinden und in unserer Einheit außer Söldner nur kroatische Soldaten sind, fiel die Reaktion eher gleichgültig aus. Er teilte uns mit, dass wir diese Information überprüfen und die genauen Koordinaten des Massengrabes feststellen sollen. Es ist geplant, gleich anschließend den Weg nach Kupres fortzusetzen.
    Nach einem Tagesmarsch hatten wir das Anwesen erreicht und etwa ein Kilometer davon entfernt das Lager aufgeschlagen.
     
    Der Kommandant teilte uns in zwei Gruppen auf: Während etwa dreißig Mann im Lager bleiben, macht sich der Rest auf, die Gegend um den Gutshof zu inspizieren. Über Funk teilen unsere Späher mit, dass die Gebäude bewohnt scheinen und Zivilisten zu erkennen seien. Somit ändert sich die Strategie. Das Lager wird in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, gleichzeitig bekommen wir den Auftrag, uns unbemerkt dem Anwesen zu nähern und dort in Stellung zu gehen.
    Bei diesem Gutshof ha ndelt es sich um einen Bauernhof, dessen Haupthaus wohl mehrfach erweitert wurde. Rechts davon befinden sich zwei Stallungen. Eine eingezäunte Koppel lässt auf Nutzvieh oder Pferde schließen.
    Da sich das Anwesen an den Auslä ufern eines flach abfallenden Hügels befindet, bieten sich gute Möglichkeiten für uns, den Bereich aus einer gesicherten Stellung heraus zu überblicken.
    Hinter dem Haupthaus steht eine Art Scheune und eine Schotterstraß e führt direkt auf eine schmale Straße. Vermutlich werden dort Gerätschaften wie Traktoren oder Mähmaschinen untergebracht. Links von der Scheune beginnt ein kleiner Wald. Eine schöne Gegend, in der es sich sicherlich gut leben lässt.
    In
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