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Dein göttliches Herz versteinert (German Edition)

Dein göttliches Herz versteinert (German Edition)

Titel: Dein göttliches Herz versteinert (German Edition)
Autoren: Kelly Keaton
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aufgelöst hatte.
    Ich richtete mich auf, nahm die Füße von der Banklehne und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. »Ich glaube nicht, dass es im Kerker jemals gut läuft, egal ob’s der erste Tag ist oder nicht.«
    »Ah. Der Kerker. Das erklärt einiges.« Er deutete auf die Bank. »Darf ich?«
    Ich zuckte mit den Schultern und machte ihm Platz. »Wenn Sie mein Geruch nicht stört.«
    »Es gibt niemanden, der nach einem Training mit Bran nicht in Schweiß gebadet ist. Ich nehme an, er war ziemlich streng mit dir.« Michel setzte sich neben mich.
    »Brutal ist vermutlich das passendere Wort.« Ich starrte auf den Rasen. »Er verschwendet keine Zeit, stimmt’s?«
    »Er macht seine Sache ausgesprochen gut. ›Scheitern‹ ist ihm völlig fremd und gehört auch nicht zu seinem Wortschatz. Wenn du etwas lernen willst, und das auch noch schnell, gibt es keinen besseren Mentor für dich. Anwesende natürlich ausgenommen. Aber da du meinen Unterricht geschwänzt hast, musst du dich hier auf mein Wort verlassen.«
    Ich sah ihn kurz an und verzog das Gesicht, als mir einfiel, dass meine letzte Unterrichtsstunde bei Michel gewesen wäre. »Tut mir leid.«
    Er hielt sein Gesicht der Sonne entgegen und schloss die Augen. »Es war eine gute Entschuldigung, um der Enge meines Klassenzimmers zu entkommen und die Sonne zu genießen.« Michel war zehn Jahre von Athene gefangen gehalten worden und ich verstand sehr gut, warum er jede Gelegenheit nutzte, im Freien zu sein. »Mein Hilfslehrer wollte sowieso etwas allein mit den Schülern machen. Morgen werde ich sehen, ob ich deine Stunden tauschen kann. Brans Training sollte zum Schluss kommen.«
    »Danke.« Direkt nach dem Kerker die Schule verlassen zu können, wäre schön. Allerdings hieße das auch, dass ich mich den ganzen Tag vor dem Training mit Bran fürchten würde, was weniger schön war. »Was ist denn eigentlich mit ihm los? Ich meine, ich weiß, dass er das Oberhaupt der Familie Ramsey ist und so …«
    Michel setzte sich schräg auf die Bank, damit er mich ansehen konnte. »Dann bekommst du statt meines Unterrichts eben ein wenig Nachhilfe in Geschichte. Wie du bereits weißt, ist Bran ein Halbgott. Die Ramseys sind die Nachkommen der keltischen Götter und ihrer menschlichen Gefährten. Väterlicherseits ist Bran der Urenkel des verstorbenen Kriegsgottes Camulus. Da er ein direkter Abkömmling ist, macht ihn das zum Oberhaupt der Familie, die ziemlich groß ist. Jedes Mitglied hat unterschiedliche Stärken, Schwächen, Eigenschaften, wie in jeder Familie … Bran ist wegen seines göttlichen Vorfahren mit zahlreichen Vorzügen gesegnet.«
    Ich schnaubte empört. »Das kann ich mir lebhaft vorstellen.«
    »Nicht weiter überraschend, schließlich hat er einen Kriegsgott unter seinen Vorfahren.« Michel lachte leise. »Bran ist ungewöhnlich stark, schnell und geschickt. Und er lebt ein langes Leben. Im Herzen ist er ein Krieger, einer vom alten Schlag, wenn man so will.«
    Ich schüttelte ungläubig den Kopf und dachte an mein altes Leben zurück, das jetzt so weit weg schien, dabei war ich noch gar nicht so lange in New 2. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass alle Mythen und Legenden so viel Wahres und Unbekanntes in sich trugen. Geschweige denn, dass ich selbst ein Teil davon war.
    Doch die Erkenntnis, dass es das Übernatürliche tatsächlich gab, kam für mich vermutlich nicht ganz so überraschend wie für jemand anderen, der außerhalb des Walls lebte. Schon als Kind hatte ich gewusst, dass das Übernatürliche existierte, weil ich damit aufgewachsen war, weil ich es immer wieder gesehen hatte, wenn ich meine Haare abgeschnitten oder gefärbt hatte und sie beim Aufwachen am nächsten Morgen wieder die gleiche Länge und Farbe gehabt hatten. Und auch, weil meine türkisfarbenen Augen intensiver leuchteten, als sie sollten …
    Nachts ließ ich meine Gedanken wandern und versuchte, die Wahrheit zu begreifen, so verrückt sie auch war. Hatte ich denn eine andere Wahl als weiterzumachen? Ich war nicht der Typ, der ausflippte. Den Kummer und die Misshandlungen, die ich als Kind ertragen musste – diese Erfahrungen hatten mich geformt, hatten mich mit allem fertig werden lassen, was ich seit damals erlebt hatte. Und wenn ich damit umgehen konnte und immer noch bei Verstand war, konnte ich auch mit der paranormalen Scheiße umgehen, die mir hier um die Ohren flog.
    »Halbgott«, fuhr Michel fort, »ist vielleicht nicht der korrekte Ausdruck, da es unseres
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