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Dein göttliches Herz versteinert (German Edition)

Dein göttliches Herz versteinert (German Edition)

Titel: Dein göttliches Herz versteinert (German Edition)
Autoren: Kelly Keaton
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unter versuchen.«
    Er schlenderte in die Ecke und nahm einen Schluck aus seiner Wasserflasche. Fassungslos über das, was ich getan hatte, starrte ich auf seine Kehle, während er trank. Ich wusste, was ich konnte, ich hatte das Gleiche schon einmal gespürt, trotzdem war es ein Schock für mich. Ich würde mich nie daran gewöhnen. Und ich wollte es auch nicht.
    Bran stellte die Flasche ab, wischte sich mit der Hand über den Mund und lehnte sich dann lässig gegen den Tisch in der Ecke. Prüfend sah er mich an. »Jetzt, wo wir wissen, dass deine Macht von Angst und Adrenalin geweckt wird, haben wir etwas, womit wir arbeiten können. Zwing mich nicht wieder dazu, es auf diese Art aus dir herauszuholen. Es ist … widerwärtig. Du wirst bald in der Lage sein, deine Macht zu kontrollieren, ohne diese unnötigen Gefühle auslösen zu müssen. Aber« – er zuckte mit den Achseln – »für den ersten Tag deiner Ausbildung war es wohl ganz anständig.«
    Die Klingel ertönte.
    Und ich stand einfach nur da und starrte ihn an, völlig fassungslos, wie er nach alledem noch immer so selbstgefällig klingen konnte.
    »Morgen machen wir weiter.« Er nickte in Richtung Tür. »Und jetzt verschwinde.«
    Ich ging zu meinem Rucksack, den ich neben der Tür auf dem Fußboden abgestellt hatte. Meine Beine waren so wacklig, dass es mich nicht überrascht hätte, wenn sie mir nicht gehorcht hätten. Meine Hand zitterte, als ich nach meinem Rucksack griff, ihn mir über die Schulter schwang und den Raum verließ, den die anderen Schüler und Studenten der Presby den »Kerker« nannten.

Zwei
    I ch verließ Brans Unterricht mit einem einzigen Gedanken: Nur raus aus der Presby. Eigentlich hatte ich noch eine Stunde Unterricht, aber das war mir egal, weil ich fertig war mit der Schule und dem bekloppten Lehrplan aus normalen und paranormalen Fächern. Jedenfalls für heute.
    Ich ging schnell, aber nicht so schnell, dass es Aufmerksamkeit erregt hätte. Ich hielt meinen Kopf gesenkt und bewegte mich mit einer Art stiller Resignation. Brans Methode, meine Macht aus mir herauszuzwingen, hatte mir sämtliche Abwehrkräfte geraubt; ich war aufgewühlt, verletzbar und kurz davor, alte Wunden wieder aufzureißen, die ich lieber für immer vergessen hätte. Ich fühlte mich, als wäre ich aus Holz, während ich mich steif durch die Schüler und Studenten drängte, den Gang hinunterlief und durch die riesige Doppeltür der Presbytère nach draußen ging.
    Als ich aus dem dunklen Bogengang der Presby in die Sonne trat, kam es mir vor, als wäre ich plötzlich in einer anderen Welt gelandet, mit einer völlig anderen Atmosphäre.
    Die breite Fußgängerzone, die vor der Schule, der Kathedrale St. Louis und dem Cabildo verlief, war voller Straßenhändler – Künstler, Wahrsager, Blumenhändler und Verkäufer mit Mardi-Gras-Ketten und Masken in den Händen.
    Ich ging gerade über den Bürgersteig, als eine dreiköpfige Jazzband zu einem lauten, lebhaften Song ansetzte. Die Wärme der Sonne wurde von den Ziegelsteinen und dem Pflaster reflektiert und vom Mississippi, der nicht weit vom Jackson Square entfernt lag, wehte eine ordentliche Spätwinterbrise herüber. Den Fluss konnte ich nicht sehen, doch der Geruch des Schlammwassers und der Golfküste war unverwechselbar.
    Statt in den stickigen Gängen der Presby befand ich mich jetzt mitten im pulsierenden Herz des French Quarters.
    Der kleine Park auf dem Jackson Square bildete den ruhigen, idyllischen Teil des Quarters – eine Oase aus Rasenflächen, Bäumen und lauschigen Plätzchen, umgeben von einem schwarzen schmiedeeisernen Zaun, in deren Mitte die restaurierte Reiterstatue von Andrew Jackson stand.
    Ich suchte mir eine Bank in einer ruhigen Ecke. Die Büsche hinter mir waren von dem Zaun eingefasst, der den Park von der Straße trennte. Ich saß im Schatten des Baumes neben der Bank und war so weit von dem mit Ziegelsteinen gepflasterten Weg entfernt, dass niemand meine wütenden, frustrierten Tränen sehen konnte.
    Sie würden lediglich ein verschwitztes Mädchen in schwarzer Kleidung mit merkwürdig weißen Haaren sehen, das sich auf der Bank ausgestreckt hatte, den Arm über das Gesicht gelegt.
    Nur ein Mädchen. Das sich auf einer Bank ausruhte.
    Ich hatte drei Tage warten müssen, bevor ich mit dem Unterricht beginnen konnte. Die meiste Zeit war ich auf und ab gegangen, hatte an meinen Fingernägeln gekaut, wenig geschlafen und viel an Violet und meinen Vater gedacht. Ich hatte es so
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