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Deer Lake 01 - Sünden der Nacht

Deer Lake 01 - Sünden der Nacht

Titel: Deer Lake 01 - Sünden der Nacht
Autoren: Tami Hoag
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bißchen verspäten werde? Vielleicht kann er Schlittschuhfahren üben.«

    »Klar, Dr. Garrison.«
    Dr. Craig Lomax erschien in makellosem chirurgischem Grünzeug auf der Szene, wie ein Arzt aus einer Seifenoper.
    »Heiliger Strohsack«, murmelte Kathleen, »er hat wieder heimlich alle Folgen von Medical Center gesehen. Schau’n Sie sich die Chad-Everett-Mähne an.«
    Ein lässiger Wasserfall schwarzer Strähnen ergoß sich über seine Stirn, der ihn mindestens fünfzehn anstrengende Minuten vor dem Spiegel gekostet hatte. Lomax war zweiunddreißig, unsterblich in sich selbst verliebt und von einem Übermaß an Vertrauen in seine Talente erfüllt. Er war im April in den Ort Deer Lake gekommen, Ausschuß aus den besseren Kliniken der Twin Cities – eine harte Tatsache, die sein Ego nicht einmal angekratzt hatte. Deer Lake war gerade so weit weg vom Schuß, daß sie sich nicht erlauben konnten, wählerisch zu sein. Die meisten Ärzte zogen die Gehälter in den großen Städten der Chance vor, den Bedürfnissen einer kleinen ländlichen Universitätsstadt nachzukommen.
    Lomax hatte sich eine entsprechend ernste Miene zurechtgelegt, die etwas aus den Fugen geriet, als er Hannah sah. »Ich dachte, Sie wären nach Hause gegangen«, platzte es aus ihm heraus.
    »Kathleen hat mich gerade noch erwischt.«
    »In letzter Sekunde«, fügte die Schwester hinzu.
    Lomax rümpfte tadelnd die Nase.
    »Sparen Sie sich das auf, Craig«, sagte Hannah knapp, warf ihre Sachen auf eine Couch im Wartebereich und ging auf die Türen der Notaufnahme zu, die sich gerade öffneten.
    Eine Bahre wurde hereingerollt. Ein Sanitäter schob sie, ein zweiter beugte sich über den Patienten und redete beruhigend auf ihn ein.
    »Halt durch, Mike. Die Docs flicken dich in null Komma nix wieder zusammen.«
    Der junge Mann auf der Bahre stöhnte und versuchte sich aufzusetzen, aber er war mit Brust- und Kopfgurten auf seiner Unterlage festgeschnallt. Sein Gesicht ragte aschgrau aus der Halskrause heraus, die seinen Hals arretierte. Blut rann aus einer Platzwunde auf der Stirn. »Was haben wir da, Arlis?« fragte Hannah und schob sich die Ärmel ihres Pullovers hoch.
    »Mike Chamberlain. Neunzehn. Kleiner Schock«, sagte der Sanitäter.
    »Puls eins zwanzig, Blutdruck neunzig zu sechzig. Hat eine Beule auf der Birne und ein paar gebrochene Knochen.«

    »Ist er ansprechbar?«
    Lomax schlängelte sich zwischen sie und die Bahre. »Das übernehme ich, Dr. Garrison. Sie haben dienstfrei, Mavis.« Er nickte Mavis Sandstrom zu. Die Schwester tauschte einen Blick mit Kathleen, um den sie jede Pokerrunde beneidet hätte.
    Hannah biß sich auf die Zunge und trat zurück. Es hatte keinen Sinn, vor dem Personal und dem Patienten mit Lomax zu streiten. Die Verwaltung sah so etwas gar nicht gerne. Lomax sollte ruhig den Patienten übernehmen, der die meiste Zeit kosten würde.
    »Behandlungsraum Drei, Jungs«, befahl Lomax und drängte sie den Gang hinunter, während soeben der zweite Krankenwagen vorfuhr.
    »Zuerst legen wir eine Infusion mit Ringer-Laktaten.«
    »Dr. Craigs Ego schlägt wieder zu«, schimpfte Kathleen. »Er muß erst noch begreifen, daß Sie jetzt sein Boß sind.«
    »Halb so schlimm«, entgegnete Hannah. »Wenn wir ihn lange genug ignorieren, wird er vielleicht aufhören, sein Territorium zu markieren, und dann können wir bis ans Ende unserer Tage glücklich weiterleben.«
    »Oder vielleicht flippt er aus, und wir erwischen ihn auf dem Parkplatz beim Autoreifenanpinkeln.«
    Es blieb keine Zeit zu lachen. Ein massiger Rettungssanitäter aus dem zweiten Krankenwagen stürmte zur Tür herein.
    »Wir haben einen Herzstillstand! Ida Bergen. Neunundsechzig. Wir haben sie mit Schnitten und Blutergüssen hergebracht, und gerade als wir vorfahren, greift sie sich an die Brust …«
    Den Rest hörten Hannah, Kathleen und eine weitere Schwester nicht mehr, als sie durchstarteten und einen Wirbelwind von Lärm und Aktivität auslösten. Anweisungen wurden gebrüllt und weitergegeben, zusätzliches Personal über Lautsprecher angefordert. Die Bahre wurde im Laufschritt durch den Empfangsbereich und dann den Gang hinunter gefahren. Die fahrbare Notfallausrüstung donnerte in den Behandlungsraum.
    »Standard-Reanimationsmaßnahmen, Leute«, rief Hannah. »Holt mir einen 6.5 endotrachealen Tubus. Hängt sie an das Atemgerät und schaut, daß ihr Luft in ihre Lungen kriegt. Haben wir einen Puls ohne
    Herzmassage?«
    »Nein?«
    »Mit?«
    »Ja.«

    »Blutdruck
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