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Deathbook Episode 1. Rowohlt E-Book Plus

Deathbook Episode 1. Rowohlt E-Book Plus

Titel: Deathbook Episode 1. Rowohlt E-Book Plus
Autoren: Andreas Winkelmann
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meinen Familien- oder Freundeskreis herantrat. Kathi hatte sich daran gehalten. Da wir den gleichen Nachnamen trugen, hatte sie sich Kathi Weepunkt genannt. Aber vernetzt waren wir trotzdem. Die ganze Welt war vernetzt.
    Ich scrollte durch ältere Posts auf ihrer Seite, fand aber nichts, was mich aufmerksam werden ließ. Daraufhin sah ich mir an, wo sie auf «Gefällt mir» geklickt hatte. Das war eine Menge. Zu viel, um es auf die Schnelle durchzuschauen. Es waren einige darunter, die mit dem Tod zu tun hatten.
    Meine Finger schwebten für einen Moment über der Tastatur. Mir war plötzlich danach, etwas auf Kathis Seite zu hinterlassen. Ein paar Worte für sie, die meine Trauer ausdrückten. Ich fand keine, weil es keine Worte dafür gab.
    Also schrieb ich schlicht
Ruhe in Frieden
und fragte mich, was wohl mit all den Accounts der Toten dieser Welt geschah. Ich machte mir eine geistige Notiz, diese Frage zu recherchieren.
    Dann wandte ich mich ihrem E-Mail-Konto zu.
    Es war nicht passwortgeschützt. Sie hatte ihrem simplen Zugangspasswort voll und ganz vertraut. Die verschiedenen Ordner waren prall gefüllt. Allein im Ordner für gesendete Nachrichten lagerten 142  Mails. Der Papierkorb war lange nicht geleert worden. Im Eingangsordner warteten siebzehn Mails darauf, gelesen zu werden. Der Datumsangabe zufolge waren sie alle nach ihrem Tod eingegangen. Die nahm ich mir zuerst vor.
    Unglaublich! Es waren drei Mails dabei, die ganz bewusst und als Abschied an eine Tote gerichtet waren. Ich las sie, dabei liefen mir die Tränen nur so herunter. Die anderen vierzehn Mails waren belanglos. Das war ein wenig enttäuschend. Es war spät, und wenn ich mich wirklich durch den Papierkorb wühlen musste, wäre es wohl besser, Kathis Computer mit zu mir nach Haus zu nehmen. Heiko würde sicher nichts dagegen haben, bei Iris war ich mir nicht sicher. Aber die schlief ja.
    Ich entdeckte einen Ordner mit dem Titel «wichtige Post». Er enthielt lediglich drei Mails. Ich klickte ihn an und öffnete die erste Mail. Sie enthielt keinerlei Text, aber einen sehr großen Anhang, eine Videodatei, wie ich an dem Format erkennen konnte. Das war zunächst einmal nichts Ungewöhnliches, schließlich versendeten gerade Jugendliche heutzutage haufenweise Videos. Wahrscheinlich waren es Musikvideos. Was mich aufmerksam werden ließ, war der Absender. Anima Moribunda.
    Was frei übersetzt so viel hieß wie «todgeweihte Seele».
    Ich klickte auf das Video.
     
    Leider erfüllt Ihr Gerät nicht die technischen Voraussetzungen, um dieses Video abzuspielen. Inhalt des Videos: Kathi wird von einem Unbekannten mit der Kamera verfolgt.
     
     
    Das Video war merkwürdig. Sie ging einfach nur die Straße hinunter, sah sich weder um noch nach rechts oder links. Sie schien ein Ziel zu haben. Aber warum hatte sie sich dabei filmen lassen? Die Aufnahme war mit einem Handy gemacht worden. Die Qualität war nicht besonders gut, zudem war sie durch Schritte und Bewegungen verwackelt. Die Person, die gefilmt hatte, war gleichbleibend zehn Meter hinter Kathi gegangen. Am rechten Bildschirmrand konnte ich hin und wieder ein Auto vorbeifahren sehen. Es musste abends gewesen sein. Gelbes Licht von hohen Peitschenlampen schimmerte auf feuchtem Straßenbelag. Die Straße kam mir bekannt vor, doch ich kam nicht drauf, welche es war.
    Der Film endete mit dem Standbild meiner Kathi, die im Begriff war, sich mir zuzuwenden. Oder der Person, die gefilmt hatte.
    Plötzlich war ich wie elektrisiert. Kathi hatte sich nicht freiwillig filmen lassen, sie war heimlich gefilmt worden. Jemand war hinter ihr her gewesen! Was hatte Theresa in der Schule gesagt? Sie fühlte sich von einem schwarzen Wagen verfolgt.
    Ich startete das zweite Video und beugte mich gespannt über den Bildschirm. Es dauerte einen Moment, ehe ich begriff, was ich da sah – und dann raubte es mir den Atem.
    Mein Kopf ruckte hoch, und ich blickte über den Rand des Bildschirms zum Fenster. Draußen war es dunkel. Im Glas spiegelte sich mein Gesicht, angestrahlt von der kalten blauen LED -Lampe. Es wirkte, als starre mich von draußen ein geisterhaftes Wesen an, das ein paar Meter über dem Boden schwebte. Ich warf einen schnellen Blick auf das Video, schaute dann nach rechts und links und suchte die Vergleichspunkte im Raum. Das Regal, die Yucca-Palme, der kitschige Kristalllüster aus Plastik unter der Decke.
    Verdammte Scheiße! Das durfte doch nicht wahr sein.
    In einer hastigen Bewegung stieß ich
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