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Daughter of Smoke and Bone

Daughter of Smoke and Bone

Titel: Daughter of Smoke and Bone
Autoren: Laini Taylor
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hervorragendes Malermodell, das wusste Karou, denn sie hatte ihn schon oft gezeichnet.
    Gleich beim ersten Mal, als Karou ihn »enthüllt« gesehen hatte, musste sie an eine Skulptur von Michelangelo denken. Anders als viele Renaissance-Künstler, die schlanke, weiche Modelle bevorzugten, hatte Michelangelo sich eher für Kraft interessiert, hatte breitschultrige Steinbrucharbeiter gemalt und es geschafft, ihnen eine sehr körperliche Sinnlichkeit und gleichzeitig eine große Eleganz zu verleihen. Und genau so war Kaz. Sinnlich und elegant.
    Und falsch. Und narzisstisch. Und, wenn man ehrlich war, auch ein bisschen dumm.
    »Karou!« Helen, die Studentin aus England, versuchte Karou mit einem heiseren Flüstern auf sich aufmerksam zu machen. »Ist er das wirklich?«
    Aber Karou ignorierte sie und vollendete Kaz’ Ein-Minuten-Posen, als wäre nichts geschehen. Ein ganz normaler Tag an der Kunstakademie. Wenn das Modell ein freches Grübchen hatte und sie anstarrte – na und? Sie achtete einfach so wenig wie möglich darauf.
    Als der Zeitmesser klingelte, hob Kaz träge seinen Bademantel auf und schlüpfte hinein. Karou hoffte, er würde nicht auf die Idee kommen, dass er im Studio frei herumlaufen durfte.
Bleib, wo du bist
, beschwor sie ihn. Aber es half nichts. Schon kam er auf sie zugeschlendert.
    »Hi, Blödmann«, sagte Zuzana. »Bist du immer so zurückhaltend?«
    Aber er ignorierte ihre zynische Bemerkung und fragte Karou: »Gefällt dir mein neues Tattoo?«
    Die anderen Studenten waren dabei, aufzustehen, reckten und streckten sich, aber statt eine Zigarettenpause zu machen oder aufs Klo zu gehen, blieben sie ganz unauffällig in Hörweite.
    »Klar«, antwortete Karou leichthin. »
K
für
Kazimir
, richtig?«
    »Du Komikerin. Du weißt doch genau, was es bedeutet.«
    »Na ja«, meinte sie betont nachdenklich. »Ich weiß, dass es nur einen einzigen Menschen gibt, den du wirklich liebst, und sein Name fängt mit einem
K
an. Aber ich kann mir noch eine bessere Stelle dafür vorstellen.« Sie nahm ihren Stift zur Hand und malte in ihrer letzten Zeichnung von Kaz ein großes
K
auf seine klassisch geformte Pobacke.
    Zuzana lachte, und Kaz biss sichtbar die Zähne zusammen. Wie die meisten eitlen Menschen konnte er es nicht leiden, wenn man sich über ihn lustig machte. »Ich bin nicht der Einzige mit einem Tattoo, stimmt’s, Karou?« Er sah Zuzana an. »Hat sie es dir mal gezeigt?«
    Jetzt drückte Zuzanas hochgezogene Augenbraue unverkennbar Argwohn aus.
    »Ich weiß nicht, welches Tattoo du meinst«, log Karou gelassen. »Ich hab eine Menge.« Zur Veranschaulichung zeigte sie nicht
true
oder
story
, auch nicht die Schlange, die sich um ihren Knöchel wand, oder sonst eines ihrer verborgenen Kunstwerke. Stattdessen hielt sie sich die Hände mit nach außen gedrehten Handflächen vors Gesicht. Im Zentrum von beiden befand sich ein tiefblaues Auge, so dass sich ihre Hände in
Hamsas
verwandelten, in die uralten Schutzsymbole gegen den bösen Blick. Für gewöhnlich verblassen Handflächentätowierungen ja sehr rasch, aber die von Karou waren noch so kräftig wie am ersten Tag. Sie hatte diese Zeichen, seit sie denken konnte. Womöglich war sie mit ihnen geboren.
    »Nein, nicht die«, widersprach Kaz. »Ich meine das Tattoo, auf dem
Kazimir
steht, direkt über deinem Herzen.«
    »So ein Tattoo hab ich nicht.« Sie gab ihrer Stimme einen verwunderten Klang, öffnete die oberen Knöpfe ihres Pullis und zog das Hemd, das sie darunter trug, ein paar Zentimeter herunter, um zu zeigen, dass sie wirklich kein Tattoo über der Brust hatte. Die Haut war weiß wie Milch.
    Kaz blinzelte. »Was? Wie hast du …«
    »Komm mal mit«, sagte Zuzana, packte Karous Hand und zog sie mit sich fort. Neugierige Blicke folgten ihnen, als sie sich zwischen den Staffeleien hindurchschlängelten.
    »Karou, did you break up?«, flüsterte Helen auf Englisch, als sie an ihr vorbeikamen, aber Zuzana hob mit einer gebieterischen Geste die Hand, und Helen verstummte sofort, während Zuzana ihre Freundin aus dem Studio und weiter zum Mädchenklo schleppte. Dort fragte sie, noch immer mit gehobener Augenbraue: »Was zum Teufel war das denn?«
    »Was?«
    »
Was?
Du hast dich praktisch vor dem Kerl ausgezogen.«
    »Also bitte, ich hab mich doch nicht ausgezogen.«
    »Na, egal. Was ist das für eine Geschichte mit der Tätowierung über deinem Herzen?«
    »Da ist nichts. Das hab ich dir doch gerade gezeigt.« Sie sah keinen Grund hinzuzufügen,
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