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Daughter of Smoke and Bone

Daughter of Smoke and Bone

Titel: Daughter of Smoke and Bone
Autoren: Laini Taylor
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Hier war er dargestellt mit Kishmish, der anmutig auf einem seiner großen, geschwungenen Widderhörner hockte. In den phantastischen Geschichten, die Karou in ihren Skizzenbüchern erzählte, handelte Brimstone mit Wünschen. Manchmal bezeichnete sie ihn als »Wishmonger«, den Wunschhändler. Und dann wieder nannte sie ihn einfach nur »alter Griesgram«.
    Schon als kleines Mädchen hatte Karou angefangen, diese Kreaturen zu zeichnen, und ihre Freunde neigten dazu, über sie zu reden, als wären sie real. »Was hat Brimstone denn dieses Wochenende so getrieben?«, fragte Zuzana.
    »Das Übliche«, antwortete Karou dann. »Hat irgendwelchen Mördern Zähne abgekauft. Gestern hat ihm dieser grässliche somalische Wilderer eine Schachtel Krokodilzähne gebracht, aber der Idiot hat versucht, Brimstone zu bestehlen, und wäre um ein Haar von seinem Schlangenhalsband erwürgt worden. Er hat Glück, dass er noch lebt.«
    Zuzana fand die Illustrationen zu dieser Geschichte auf den letzten Seiten des Buchs: Der Somalier mit nach oben verdrehten Augen, die peitschendünne Schlange, die sich so fest um seinen Hals wand wie ein Würgeisen. Karou hatte ihren Zuhörern schon des Öfteren erklärt, dass Menschen sich eine von Issas Schlangen umlegen lassen mussten, bevor sie Brimstones Laden betreten durften. Auf diese Weise waren sie leicht zu bezwingen, wenn sie irgendwelche faulen Tricks versuchten. Entweder wurden sie stranguliert, was nicht unbedingt zum Tod führte, oder falls notwendig biss die Schlange den Betrüger in den Hals – was seinem Leben unweigerlich ein Ende setzte.
    »Wie kannst du dir bloß immer dieses ganze verrückte Zeug ausdenken?«, fragte Zuzana voller neidischem Staunen.
    »Wer sagt denn, dass ich es mir ausdenke? Vielleicht ist es ja real.«
    »Ja, ja. Und deine Haare sind auch von Natur aus blau, nicht wahr?«
    »Ja, genau«, erwiderte Karou und ließ sich eine lange blaue Strähne durch die Finger gleiten.
    »Alles klar.«
    Achselzuckend fasste Karou ihre Mähne im Nacken zu einem chaotischen Knoten zusammen und steckte ihn mit einem ihrer Pinsel fest. Ihre Haare waren wirklich blau, ein schönes, reines Blau wie Ultramarin direkt aus der Farbtube, aber über diese Tatsache sprach sie immer mit einem sarkastischen Grinsen, als wäre das absurd. Aus Erfahrung wusste sie, dass dieses träge Lächeln ausreichte, um ganz offen die Wahrheit sagen zu können, ohne das geringste Risiko, dass jemand ihr glaubte. Und das war wesentlich einfacher, als sich lauter Lügen merken zu müssen. Inzwischen war diese Taktik ein Teil ihrer Persönlichkeit geworden: Karou mit ihrem sarkastischen Lächeln und ihrer verrückten Phantasie.
    In Wirklichkeit war jedoch nicht ihre Phantasie verrückt, sondern ihr Leben. Mit blauen Haaren, mit Brimstone und allem Drum und Dran.
    Zuzana gab das Buch an Pavel weiter und begann, in ihrem eigenen großen Zeichenblock zu blättern und eine leere Seite zu suchen. »Ich frage mich, wer heute Modell steht.«
    »Wahrscheinlich Wiktor«, meinte Karou. »Den hatten wir schon eine ganze Weile nicht mehr.«
    »Ich weiß. Und ich hoffe, er ist tot.«
    »Zuzana!«
    »Was denn? Er ist mindestens acht Millionen Jahre alt. Statt diesem Klappergestell könnten wir genauso gut ein Skelett malen.«
    Es gab etwa ein Dutzend männliche und weibliche Modelle, unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Figur, die sich im Lauf des Semesters abwechselten. Von der umfangreichen Madame Svobodnik, deren Körper eher an eine Landschaft erinnerte, bis zur gertenschlanken Eliska mit ihren kurzen Koboldhaaren und der Wespentaille, dem Liebling aller männlichen Studenten. Den uralten Wiktor mochte Zuzana am wenigsten. Sie behauptete, dass sie jedes Mal, wenn sie ihn zeichnen musste, Albträume bekam.
    »Er sieht aus wie eine ausgewickelte Mumie«, sagte sie und schauderte. »Einen nackten alten Mann anzustarren ist echt nichts für mich, schon gar nicht am frühen Morgen.«
    »Besser, als von einem Vampir überfallen zu werden«, gab Karou zurück.
    Sie hatte kein Problem damit, Wiktor zu zeichnen. Er war so kurzsichtig, dass er nie Blickkontakt zu den Studenten aufnahm, und das war ein großer Pluspunkt. Bei den jüngeren männlichen Modellen war es manchmal recht störend, wenn man von der konzentrierten Betrachtung eines Penis – den man eingehend studieren
musste
, da man die betreffende Stelle ja nicht einfach freilassen konnte – aufblickte und merkte, dass das Modell einen unverwandt
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