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Daughter of Smoke and Bone

Daughter of Smoke and Bone

Titel: Daughter of Smoke and Bone
Autoren: Laini Taylor
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kam, war ihre beste Freundin Zuzana bereits da und hatte schon Staffeleien vor der leicht erhöhten Plattform des Modells aufgebaut. Karou ließ Portfolio und Jacke von der Schulter rutschen, wickelte den Schal vom Hals und verkündete: »Mich verfolgt ein Stalker.«
    Zuzana zog eine Augenbraue hoch. Sie war eine Meisterin im Augenbrauenhochziehen, und Karou beneidete sie sehr darum. Ihre eigenen Augenbrauen ließen sich nämlich nicht einzeln bewegen, was ihre Ausdrucksmöglichkeiten stark einschränkte, wenn es um Argwohn und Verachtung ging.
    Zuzana beherrschte beides perfekt, aber momentan handelte es sich um eine sehr sanfte Version, die lediglich kühle Neugier ausdrückte. »Erzähl mir nicht, dass dieser Idiot wieder versucht hat, dich zu erschrecken.«
    »Doch. Und er macht gerade eine Vampirphase durch. Er hat mich in den Hals gebissen.«
    »Schauspieler«, murmelte Zuzana verächtlich. »Ich sage dir, du brauchst einen Elektroschocker für den Kerl. Das wird es ihm schon austreiben, andere Leute aus dem Hinterhalt zu überfallen.«
    »Ich hab aber keinen Elektroschocker.« Karou fügte nicht hinzu, dass sie auch keinen brauchte, weil sie dank ihrer außergewöhnlichen Erziehung sehr wohl imstande war, sich auch ohne Elektroschocks zu verteidigen.
    »Na, dann besorg dir einen. Ernsthaft. Schlechtes Benehmen muss bestraft werden. Außerdem macht es bestimmt Spaß. Meinst du nicht? Ich wollte schon immer mal Elektroschocks verteilen. Zapp!« Zuzana tat so, als hätte sie Krämpfe.
    Karou schüttelte den Kopf. »Nein, du Mini-Sadistin, ich glaube nicht, dass das lustig wäre. Du bist echt schrecklich.«
    »Ich bin nicht schrecklich, Kaz ist schrecklich. Erzähl mir nicht, dass ich dich daran erinnern muss!« Sie warf Karou einen scharfen Blick zu. »Oder dass du vorhast, ihm zu verzeihen.«
    »Nein! Auf gar keinen Fall«, beteuerte Karou. »Aber versuch mal,
ihn
davon zu überzeugen.« Für Kaz war es schlicht unvorstellbar, dass ein Mädchen freiwillig seinem Charme entsagte. Und in den Monaten, in denen Karou mit ihm zusammen gewesen war, hatte sie seine Eitelkeit ja auch fleißig angeheizt, hatte ihn angehimmelt und war ihm zuliebe bereit gewesen zu … allem? Dass er sie jetzt umwarb, war ihrer Ansicht nach hauptsächlich ein Zeichen von verletztem Stolz – er wollte sich selbst beweisen, dass er jede haben konnte, die er wollte. Dass er nur mit dem kleinen Finger zu winken brauchte.
    Vielleicht hatte Zuzana recht. Vielleicht sollte sie ihm wirklich mit einem Elektroschocker auf den Leib rücken.
    »Skizzenbuch«, kommandierte Zuzana und streckte die Hand aus wie ein Chirurg, der sich das Skalpell reichen lässt.
    Zuzanas Lust am Befehlen verhielt sich umgekehrt proportional zu ihrem zierlichen Körperbau. Sie überschritt die eins fünfzig nur in Stiefeln mit Plateausohlen, während Karou mit ihrem langen Hals und gertenschlanken Gliedmaßen größer wirkte als ihre tatsächlichen eins siebzig – wie es oft bei Balletttänzerinnen der Fall ist. Dank ihrer Tätowierungen und den leuchtend blauen Haaren erinnerte sie ansonsten allerdings nicht sehr an eine Ballerina.
    Als sie jetzt das Skizzenbuch auspackte und ihrer Freundin reichte, sah man die beiden Tattoos, die ihre Handgelenke zierten wie zwei Armbänder – jeweils ein einziges Wort:
true
und
story
.
    Zuzana nahm das Buch entgegen, und sofort kamen zwei ihrer Kommilitonen – Pavel und Dina – herüber, um ihr über die Schulter zu schauen. Karous Skizzenbücher besaßen in der Schule Kultstatus und wurden ständig herumgereicht und bewundert. Das jetzige – Nummer zweiundneunzig in einer lebenslangen Reihe – wurde von dicken Gummibändern notdürftig zusammengehalten, und sobald Zuzana diese löste, sprang es auf. Die Blätter, auf denen nun Karous typische Figuren vorbeihuschten, waren so mit Kreide und Farbe überzogen, dass die Bindung sie nur mit Mühe zusammenhielt.
    Es waren zutiefst fremdartige, hinreißend gezeichnete Wesen, die hier zu sehen waren. Zum Beispiel Issa, von der Taille abwärts eine Schlange und aufwärts eine Frau, mit den nackten runden Brüsten von Kamasutra-Schnitzereien, mit der Haube und den Fangzähnen einer Kobra und dem Gesicht eines Engels.
    Oder Twiga mit dem Giraffenhals und der Juwelierlupe im zusammengekniffenen Auge.
    Yasri mit dem Papageienschnabel, in der einen Hand einen Teller mit Früchten, in der anderen einen Krug Wein.
    Und natürlich Brimstone, der unumstrittene Star der Skizzenbücher.
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