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Das zweite Leben

Das zweite Leben

Titel: Das zweite Leben
Autoren: James White
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Vieles von dem, was in seiner Akte geschrieben stand, verstand er nicht mehr. Aber die vorübergehenden Wiedererweckungen erklärten das Wachsen seiner Fingernägel. Er blätterte weiter.
     
    17. März 2273!
    Ross starrte ungläubig auf das Datum. Irgend jemand mußte sich verschrieben haben, dachte er, oder man hat einen neuen Kalender eingeführt. Doch dann las er die Eintragungen der diensthabenden Ärzte. Wieder hatte man ihn erweckt, und nun verstand Ross so gut wie überhaupt nichts mehr von dem, was man zu seiner Heilung unternommen hatte. Doch diesmal mußten die Ärzte bessere Arbeit geleistet haben, denn die Eintragungen endeten mit dem Satz: »Behandlung erfolgreich abgeschlossen, Wiederbelebung des Patienten nach genau 75 Jahren.«
    Unterschrieben hatten Dr. Pellew und eine Krankenschwester, die offensichtlich vergessen hatte, ihren Namen unter ihren Stempel zu setzen. Ross las nur: Schwester 5B.
    Ross schüttelte den Kopf. Er war verwirrt. Das konnte einfach nicht Pellews Unterschrift sein, nicht nach 216 Jahren. Möglicherweise handelte es sich bei dem Arzt um einen Urenkel des Doktors. Und doch hatte er Pellews Stimme, wenn auch eine Bandaufnahme, gehört. Konnte ein Tonband zweihundert Jahre unbeschadet überstehen?
    Das nächste grüne Formblatt war mit dem 17. Mai 2348 datiert. Wieder der Stempel der Schwester 5B. Und wieder fehlte ihr Name. Auf dem letzten Blatt war zu lesen: »PATIENT WIEDERBELEBT, 7. Oktober 2348.«
    »Wenigstens weiß ich jetzt, wie alt ich bin«, brummte Ross voller Sarkasmus. »Wenn sie mir jetzt noch sagen, wie spät es ist, kann ich meine Uhr danach stellen.«
     
3.
     
    Die Erschöpfung übermannte Ross noch am Tisch. Am liebsten hätte er sich einfach auf den Boden gelegt und geschlafen. Für einen gerade aus dem Tiefschlaf Erwachten hatte er sich viel zuviel zugemutet. Es war höchste Zeit, daß er wieder ins Bett und erst einmal zur Ruhe kam. Vielleicht gelang es ihm dann, einen Sinn in die verwirrende Fülle von Daten zu bringen.
    Er legte sich hin, doch die Neugier hielt ihn wach. Die grüne Mappe, die er mitgebracht und unter seinem Kopfkissen versteckt hatte, forderte ihn heraus. Vielleicht fand er die Antwort auf die bohrenden Fragen auf den ungelesenen Seiten, vielleicht würde seine Verwirrung aber auch nur noch größer. Doch Ross fühlte wieder die Angst in sich hochkriechen. Er mußte versuchen, sich ein Bild zu machen, um nicht verrückt zu werden.
    Leise vor sich hin fluchend, wälzte er sich auf die Seite und stützte sich auf einen Ellbogen, während er die Mappe unter dem Kissen hervorzog.
    Den Formblättern folgte ein zweiseitiges Rundschreiben an das Personal, in dem es um eine Erweiterung des Hospitals ging. Ein neuer Schwerpunkt der Forschungsarbeit sollte das Studium von »fruchtbar gebliebenen Mutationen« sein. Zwei Ärzte und vier Schwestern waren namentlich aufgeführt. Ross las eine Notiz, der zufolge Mitglieder des Reinigungspersonals wegen des akuten Mangels an qualifizierten Kräften im Pflegedienst und als Assistenten eingesetzt werden durften, die in Ausnahmefällen sogar leichte operative Eingriffe vornehmen sollten. Die Notiz stammte vom März 2102 und war von Dr. Pellew unterzeichnet.
    Die folgenden Blätter enthielten Einzelheiten über weitere Umstrukturierungen und eine Neuorganisation, die sich über zwanzig Jahre hinzog. Die Verknappung des medizinischen Personals mußte rasend schnell vor sich gegangen sein. Diejenigen, die einstmals nur einfache Arbeiten auszuführen hatten, wurden allmählich mit den Ärzten und Schwestern gleichgestellt. Tausende Fragen türmten sich vor Ross auf. Er blätterte schnell weiter, immer noch in der Hoffnung, eine befriedigende Antwort zu finden. Zwei kurze Absätze, in Kursivschrift gedruckt, sprangen ihm förmlich ins Gesicht.
    Für die Dauer des Alarmzustands müssen alle Abteilungen vollkommen voneinander isoliert und autark sein. Der Austausch von Personal, Nahrungsmitteln, Medikamenten und Gerät ist bis auf weiteres verboten. Jede Zuwiderhandlung, ungeachtet der dazu führenden Umstände, wird mit dem Ausschluß aus der angestammten Abteilung bestraft. Der Kontakt zwischen den einzelnen Abteilungen hat nur durch Kommunikationsgeräte zu erfolgen.
    Alle Tiefschläfer mit Aussicht auf Heilung werden in die unteren Abteilungen zu den Mutationen geschafft.
    Eine Liste der in Frage kommenden Schläfer folgte. Ross fand seinen Namen darin.
    Es hatte also eine Katastrophe gegeben. Der Gedanke daran
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