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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition)
Autoren: Thomas de Padova
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der Universität Padua, einer ausgesprochen internationalen Hochschule, die zur Republik Venedig gehört und deren geistiges Klima von der nahen Handelsmetropole geprägt wird. In den Jahren 1546 bis 1630 studieren hier unter anderen rund 10 000 Deutsche. Trotz der sich ausweitenden konfessionellen Auseinandersetzungen in Europa und trotz der zunehmenden Aufspaltung in katholische Universitäten wie Bologna, lutherische wie Leipzig oder calvinistische wie Leyden dürfen sich in Padua Anhänger verschiedener Religionszugehörigkeiten einschreiben.
    Die Mathematik ist kein besonders angesehenes Fach. Seit siebzehn Jahren hält Galilei immerzu dieselben Vorlesungen über Geometrie und Himmelskunde. Seine Lehrverpflichtungen beschränken sich auf wenige Stunden, zeitaufwendiger ist dagegen sein Privatunterricht. Um einen stattlichen Palazzo zu unterhalten, regelmäßige Aufenthalte in Venedig und die Aussteuer für seine Schwestern finanzieren zu können, erteilt der fünfundvierzigjährige Patrizier Lektionen zum technischen Zeichnen und zu den Grundlagen der Geometrie, zum Bau von Festungen und Maschinen.
    Adlige aus Italien und Deutschland, Frankreich und Polen kommen zu dem wortgewandten Dozenten. Aus den erhaltenen Unterrichtslisten geht hervor, dass Galilei permanent zehn oder mehr Studenten bei sich beherbergt, von denen einige auch gleich ihr Dienstpersonal bei ihm einquartieren. In seinem Wohnhaus herrscht ständig Trubel, manchmal selbst in der vorlesungsfreien Zeit. Graf Alessandro Montalbano zum Beispiel wohnt seit fünf Jahren mit zwei Begleitern bei ihm. Jetzt steht er kurz vor seinen Abschlussprüfungen und bleibt die ganzen Ferien über in Padua. Von wegen einsamer Forscher!
    Um den 20. Juli herum bricht Galilei nach Venedig auf, um den Lehrverpflichtungen für eine Weile zu entkommen. Seit er in Padua lebt, hat er eine besondere Affinität zur Lagunenstadt an der Adria, deren prachtvolle Paläste am Canal Grande den unermesslichen Reichtum der venezianischen Kaufleute widerspiegeln, die hier seit Jahrhunderten Handel mit Salz, Pfeffer und Gewürzen, mit Wolle und Seide, Silber und Edelsteinen treiben. Am Rialto, dem Manhattan der Renaissance, treffen sich Finanziers und ihre Agenten aus allen Teilen der Welt, rund um das Bankenviertel machen Goldschmiede und Tuchhändler ihre Geschäfte, haben Obst-, Fisch- und Weinhändler ihre Stände.
    In dieser geschäftigen und sinnenfreudigen Atmosphäre hat Galilei vor mehr als zehn Jahren Marina Gamba kennengelernt, eine junge Venezianerin, mit der er drei Kinder hat. Die nicht standesgemäße Beziehung spielt sich von Anfang an im Verborgenen ab. Marina Gamba ist zwar nach Padua umgezogen, Galilei teilt seine Wohnung jedoch nicht mit ihr, sondern führt sein Junggesellenleben unbehelligt fort. So auch jetzt: In Venedig ist er bei Adelsfreunden und ehemaligen Schülern zu Gast, streift durch die Schiffswerft, das Arsenal, besucht erlesene Salons, hält sich über das Weltgeschehen auf dem Laufenden und schnappt die neuesten Gerüchte auf.
    Eine Nachricht zieht ihn im Sommer 1609 in ihren Bann. Der einflussreiche Politiker und Gelehrte Paolo Sarpi dürfte ihm als Erster Genaueres von den »Occhialini« erzählt haben, einem Instrument, mit dem man ferne Gegenstände vergrößern und ganz nah ans Auge des Betrachters heranholen kann.
    Sarpi hat schon mehr als ein halbes Jahr zuvor von dem »neuartigen Sehglas« erfahren. Die Nachricht ist über diplomatische Kreise zu ihm durchgesickert. Dass es sich dabei nicht bloß um ein Gerücht handelt, ist soeben noch einmal brieflich aus Frankreich bestätigt worden. Seit dem Frühjahr verkaufen Händler in Paris Fernrohre mit schwacher Vergrößerung, in Mailand kann man die »Occhialini« inzwischen erwerben und selbst der Papst hat schon ein Exemplar erhalten!
    Galilei würde gerne mehr über die Sache erfahren. Er hat eine Schwäche für technische Neuerungen und ist weitsichtig genug, den Wert eines solchen Geräts zu begreifen. Den Marktwert wohlgemerkt, denn Galilei ist kein Mathematiker im engeren Sinn: Er ist nicht nur ein theoretisch geschulter Kopf, sondern auch Ingenieurwissenschaftler und Erfinder. Als solcher hält er ein Patent auf eine Wasserpumpe, hat mit einer hydrostatischen Waage und einem Thermoskop aus Glas, einem Vorläufer des Thermometers, von sich reden gemacht. Vor allem aber mit einem nützlichen Recheninstrument, einem »geometrischen und militärischen Kompass«.
    Dieser vielseitigen, für
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