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Das Weihnachtsversprechen

Das Weihnachtsversprechen

Titel: Das Weihnachtsversprechen
Autoren: Donna Vanliere
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Küchentresen seines Apartments aus. Dann zog er ein Sixpack Bier hervor und öffnete eine Dose. Das erste Mal hatte er mit vierzehn bei einem Nachbarn Alkohol getrunken. Als er auf die Highschool ging, hatte er so viel wie möglich getrunken. Aber das waren keine großen Mengen gewesen, weil seine Mutter wie ein Schießhund aufgepasst hatte. Sie sagte zu ihm, er habe eine Neigung zur Selbstzerstörung, aber er ignorierte sie; irgendwann ignorierte er alles, was sie sagte.
    Sobald er aus dem Haus war, konnte er leichter feiern, und schließlich befand er sich in einem Zustand, in dem er darüber nachdachte, wann, wo und wie er seinen nächsten Schluck bekommen konnte. Als ein früherer Arbeitskollege ihn warnte, er trinke zu viel, erwiderte Chaz, er solle zur Hölle fahren. Er trank billiges Bier, keine harten Getränke. Nach ein paar Bier fühlte er sich innerlich riesengroß und konnte leichter vergessen, was er getan hatte. Er brauchte etwas, das ihm ein angenehmes Gefühl hinsichtlich dessen vermittelte, was er geworden war.
    Chaz blickte auf die nackten Wände und sank auf sein Bett. Sein Vater hatte einmal gesagt, dass wir alle tief in unserem Inneren wilde Pferde hätten. Als Kind verstand Chaz nicht recht, was er damit meinte, aber im Laufe der Jahre hatten ihn jene Pferde dazu gebracht, für ihn zuvor unvorstellbare Dinge zu tun.
    Als Schüler der dritten Klasse sah sich Chaz zusammen mit seinen Mitschülern einen Film über Forscher an, die Trümmer des Mount St. Helens durchforsteten. Als der Vulkan 1980 ausgebrochen war, hatte die Lava den Boden schmelzen lassen. Die Naturwissenschaftler wollten wissen, wie lange es dauern würde, bis dort wieder irgendetwas wuchs. Eines Tages stolperte ein Mitarbeiter über ein Pflanzenbüschel aus Gras, Farn und Wildblumen, das die Form eines Elchs hatte.
    »Sie wuchsen direkt aus einem toten Tier«, erzählte Chaz seinen Eltern. »Ist das nicht widerlich?«
    »Ich finde es erstaunlich«, entgegnete sein Vater. »Es zeigt, dass das Leben immer einen Weg findet.«
    Chaz beharrte darauf, dass das, was auf dem Mount St. Helens geschehen war, schaurig und ekelhaft sei, aber seine Eltern sahen kaum je die abstoßenden Seiten einer Sache. Es schien, als seien sie stets auf der Suche nach Zeichen des Lebens, und das ärgerte Chaz unendlich.
    Noch nach Tagen – es war Weihnachtszeit – sprach Chaz über die Blumen. »Gott ist in den kleinsten Dingen«, sagte seine Mutter zu ihm, während er ihr half, den Baum zu schmücken. »Wir verstehen etwas als Ende, aber Er versteht es als Anfang.«
    »Als Anfang von was?«, fragte Chaz.
    »Von neuem Leben«, antwortete seine Mutter und reckte sich, um eine elektrische Kerze an der Spitze des Baumes zu befestigen. »Das ist Gottes Geschäft, weißt du. Aber wir vergessen das oft.«
    »Warum vergessen wir das?«
    Sie schlang eine goldene Girlande um die Spitze des Baumes. »Oh, das weiß ich nicht. Verschwommene Vision, vermute ich. Es ist leicht, unsere Vision zu verlieren, wenn wir uns in den Alltagsdingen verfangen. Wir sind einfach in Hetze, und ohne es wirklich zu erkennen, lassen wir Gott hinter uns.«
    »Warum rückt Er dann nicht näher?«
    »Wir sind diejenigen, die sich bewegen«, sagte seine Mutter. »Gott bewegt sich nie.« Sie lehnte sich vor und beugte ihren Kopf dicht an sein Ohr. »Vergiss das nicht.«
    »Ich werde es nicht vergessen«, versicherte er ihr.
    Aber er tat es. Chaz schob die Erinnerungen und die Bedeutung von Weihnachten beiseite, bis nichts mehr davon übrig war, und er fürchtete sich vor der Jahreszeit, die seine Eltern so geliebt hatten.
    »Es sind nur ein paar Leute, die so tun als ob«, pflegte er zu sagen. Es war unklar, wann er den Sprung von der Unschuld zum Unglauben gemacht hatte, aber es war geschehen.
    Wenn seine Eltern bei ihm gewesen wären, hätte er seinen Weg vielleicht nicht verloren, aber ohne sie war er ohne Orientierung. Er redete sich ein, dass es nur in albernen Liedern Frieden auf Erden und Freude für die Welt gab, nicht in der Realität. In der realen Welt gab es Vergewaltigungen und Mord, Krankheiten und hungernde Kinder. Selbst Weihnachten mit seinen alle Menschen umfassenden gutwilligen Versprechen bekam seine zahlreichen Probleme nicht in den Griff.
    Chaz nahm einen großen Schluck und hörte, wie einEhepaar mit einem kleinen Kind einen Weihnachtsbaum durch den überdachten Durchgang vor der Tür des Apartmenthauses zu manövrieren versuchte.
    »Warte, warte, warte!«, rief die
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