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Das Weihnachtsversprechen

Das Weihnachtsversprechen

Titel: Das Weihnachtsversprechen
Autoren: Donna Vanliere
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Ehepaar mit zwei kleinen Kindern im Nachbarhaus gewohnt. Sie waren immer freundlich gewesen, hatten gelächelt und mir jeden Tag zugewunken – mir sogar jedes Weihnachtsfest ein Geschenk auf die Treppe gelegt. Falls sie sich über meine Arbeit ärgerten, hatten sie es nie gezeigt.
    Miriam war drei Jahre später eingezogen, als das junge Paar ein drittes Kind erwartete und ein größeres Haus benötigte. Sie war anmutig und von klassischer Schönheit – was zu einer Bühnenschauspielerin und der Frau eines Professors passte –, aber ich empfand sie als kalt und distanziert. Ihr Mann Lynn, stets freundlich und herzlich, war ein Jahr nach ihrem Einzug bedauerlicherweise gestorben.
    Ich versuchte bei mehreren Gelegenheiten, mich mit Miriam anzufreunden, weil ich annahm, dass unser Witwenstatus eine gewisse Verbindung zwischen uns herstellte. Aber nur weil einem jemand ins Leben platzt, mit dem man etwas gemeinsam hat, heißt das noch nicht, dass eine Freundschaft entsteht.
    Im Vergleich zu Miriams eleganter Erscheinung kam ich mir oft zusammengeflickt vor. Ich akzeptierte mein Alter (ich war sechzig und stolz darauf), während Miriam ihres verleugnete. Ich bin nie das gewesen, was man als modebewusst bezeichnen könnte, aber mir gefällt mein Aussehen. Ich mochte es, wenn meine Kleidung zusammenpasste, in Baumwolle und Jersey fühlte ich mich am wohlsten. Ich trug nichts, was einzwängte.
    Miriam trug am liebsten lange Hosen mit einer Designerbluse oder einem Kaschmirpullover, und sie sah immer gepflegt aus; nichts an ihr war unordentlich. Ihr Haar – sie trug einen Pagenschnitt – hatte die Farbe goldenen Honigs und umrahmte ihr Gesicht schmeichelhaft. Pünktlich fünf Wochen nach ihrem letzten Haarschnitt und ihrer letzten Färbung ging sie wieder in den Schönheitssalon. Mein Haar war schwarzgraumeliert (mehr grau als schwarz) und hing mir in weichen oder eher lästigen Locken ums Gesicht. Wenn es zu lang wurde, steckte ich es einfach mit Klammern nach hinten, bis ich die Zeit fand, es mir selbst zu schneiden.
    Ich ging in die Küche, wählte eine Telefonnummer und wartete, während der Rufton erklang. Ich wollte gerade auflegen, als es am anderen Ende der Leitung klickte.
    »Hallo! Heddy?«, rief ich. »Ich habe einen Kühlschrank. Kannst du die Liste durchgehen und nachsehen, wer einen braucht?«
    Ich hörte es rascheln, als Heddy die Unterlagen durchsah, dann klackerte die Tastatur ihres Computers. Dalton Gregory war Schulleiter im Ruhestand, und seine Frau Heddy gehörte in dem Krankenhaus, in dem mir vor vier Jahren die Gallenblase herausgenommen wurde, zum Pflegepersonal. So habe ich sie und ihre Wohltätigkeitsorganisation kennengelernt. Ohne die beiden könnte ich meine Arbeit nicht tun. Sie besaßen die Organisationsfähigkeit, die mir in hohem Maße fehlte. Ich verließ mich auf bunte Haftnotizen, um mich an Verabredungen oder Anrufe zu erinnern, und meine Vorstellung von Ablage bestand darin, alles auf dem Küchentisch zu stapeln. Dalton und Heddy speicherten Termine und Informationen im Computer ab und konnten sie mit einer Fingerbewegung abrufen. Ich wusste noch immer nicht so recht, wie man mit einem Computer umging.
    »Gestern hat eine Familie mit drei Kindern angerufen«, teilte Heddy mir mit. »Ihr Kühlschrank ist vor vierTagen kaputtgegangen, und der Vater liegt im Krankenhaus. Die Mutter hatte noch keine Zeit, sich nach einem neuen umzusehen.«
    Ich spähte durch die Vorhänge und sah, wie Miriam um den Kühlschrank herumstrich. Kopfschüttelnd beobachtete ich sie.
    »Kann Dalton ihn abholen und hinbringen?«
    Ich klopfte ans Fenster, und Miriam sprang erschrocken zurück, sodass ich lachen musste. Sie warf den Kopf in die Luft und marschierte in ihren eigenen Garten zurück.
    »Besser früher als später, Heddy. Miriam Lloyd Hochnäsig reitet wieder auf ihrem Besen.«
    Als ich vor Jahren eines späten Winterabends nach Hause fuhr, bemerkte ich in der Nähe der Brücke im Stadtzentrum einen obdachlosen Mann mit einer roten Mütze, der keine Socken trug. Ich konnte das Bild von dem Mann nicht mehr aus meinem Kopf bekommen. Was, wenn das mein eigener Sohn gewesen wäre? Hätte ihm irgendjemand geholfen?
    Einige Tage später ging ich ins Kaufhaus Wilson’s und fand auf einem Wühltisch im hinteren Verkaufsbereich Socken für neunundneunzig Cent das Paar.
    »Was kostet es, wenn ich die gesamte Ware, die auf dem Tisch liegt, kaufe?«, fragte ich den Besitzer Marshall Wilson.
    »Wissen Sie was?«,
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