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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant
Autoren: Sheri S. Tepper
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Prinz, König oder irgendein anderer Herrscher herumreist, wirst du Anhänger einfangen wie ein Netz die Fische, und du wirst bis zum Hals in Spiele verstrickt sein, noch bevor wir den Fluß erreicht haben. Du hast drei Talente, Junge. Du kannst dich VERWANDELN, aber du willst dich unbedingt in etwas Auffälliges verwandeln. Du kannst HERRSCHEN, aber es ist gefährlich, ein Prinz oder ein König zu sein. Oder du kannst … nun, Nekromanten sind die ganze Zeit über unterwegs, und keiner belästigt sie. Sie brauchen ihr Talent nicht einmal zu benutzen. Es reicht, daß sie es besitzen.«
    Am Ende setzte er seinen Willen durch. Ich trug den schwarzen, breitkrempigen Hut, den langen Umhang und die Gazemaske mit dem Totenschädel darauf. Es war nicht unbequemer als irgendeine andere Verkleidung, doch es bedrückte mich. Windlow mochte dies vermutet haben, als er aus seinem Turmzimmer hinabschlurfte, um mich an jenem frostigen Morgen zu verabschieden. »Hübsch bist du nicht, mein Junge, aber du wirst auf diese Art unbehelligter reisen.«
    »Ich weiß, alter Mann. Danke, daß Ihr gekommen seid, mir Lebewohl zu sagen.«
    »Oh, mich trieb noch ein anderer Grund, Bursche. Eine Nachricht für deinen thalan, Mertyn. Sage ihm, daß wir seine Hilfe brauchen und zwar bald, und daß er eine Nachricht von der Leuchtenden Domäne erhalten wird.« Wieder stand dieser mitleiderweckende, fürchterliche Ausdruck in seinen Augen.
    »Was meinst Ihr damit, Windlow? Warum braucht Ihr seine Hilfe?«
    »Laß gut sein, Junge. Es ist keine Zeit mehr für Erklärungen. Du würdest wissen, was ich meine, wenn du in den letzten Monaten mehr darauf geachtet hättest, was um dich herum vor sich ging. Nun ist es zu spät, sich dafür zu interessieren. Gute Reise.« Er drehte sich um und ging ohne einen Abschiedskuß fort, was mich verdrießlich stimmte. Jetzt, da ich meinen eigenen Weg gehen konnte, war ich mir auf einmal nicht mehr sicher, ob ich es wirklich wollte.
    Wir hielten einen Augenblick, bevor wir auf die Landstraße einbogen. Weit hinten im Süden wirbelte ein Händlerzug eine Staubwolke in den morgendlichen Himmel, eine Reihe Fuhrwerke, die sich der Leuchtenden Domäne näherten.
    »Händler«, schnaubte Chance. »Als hätte Himaggery nicht schon genug Probleme.«
    Es stimmte, daß Händler oft mehr Zeit zu beanspruchen schienen, als ihr Gewerbe wert war, und es stimmte ebenso, daß Himaggery eine Menge Zeit aufwendete, um sich mit ihnen zu unterhalten. Ich dachte aber nicht darüber nach, sondern über den Weg, den wir wählen sollten. Wir konnten das östliche Ufer des Mittleren Flusses entlangreisen, durch die Wälder im Osten des Stürmischen Meeres und das Land der Unveränderlichen. Chance und ich hatten diesen Weg schon einmal genommen, wenn auch nicht beabsichtigt. Dieses Mal wählte ich den Weg westlich des Flusses, durch Felder und Wiesen, die feucht von den Frühjahrsüberschwemmungen waren, und über Hunderte von buckligen, klapprigen Brücken. Nur wenige waren in dieser Richtung unterwegs: Holzfuhrwerke, die vom Wald in die Dörfer fuhren, Wasserochsen, die vom Schlammloch zur Wiese schlurften, ein Gänsehirt, der seine zischende Herde mit einem langen, blumenbekränzten Stab in Schach hielt. In den Gräben entlang der Straße webten Wasserweiden einen klaren Goldton vor das Schwarz der Wälder, ihre flaumigen Kätzchen kurz vorm Aufbrechen. Regen trieb über aufgewehte verwelkte Blätter, zwischen denen grünes, junges Gras sproß und bronzegrün geringelter Farn wuchs. Wir brauchten uns nicht zu beeilen. Ich war sicher, daß Himaggery bereits einen Portierer losgeschickt hatte, damit Mertyn wußte, daß ich mich auf dem Weg befand.
    An jenem ersten Tag trafen wir nur ein paar Bauern, die auf den Feldern pflügten. Sie schlugen das diagonale Zeichen gegen das Böse, als sie mich sahen, waren aber bereit, Chance trotzdem frische Eier und Gemüse zu verkaufen. Am zweiten Tag stießen wir auf eine Gruppe von Kaufleuten und erreichten dicht hinter ihnen Vesterstadt, wo wir alle die Nacht im selben Gasthof verbrachten. Die Kaufleute waren genauso wenig erfreut, mich zu sehen wie die Bauern, aber da sie weitgereiste Männer waren, konnten sie das besser verbergen. Hätten sie Bescheid gewußt, wäre ihnen klar gewesen, daß sie Chance mehr fürchten mußten als mich. Ich bediente mich nur ihrer Höflichkeit, aber Chance hatte es auf ein Spielchen mit ihnen abgesehen. Am nächsten Morgen reisten sie ärmer weiter, und Chance summte
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