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Das Wagenrennen

Das Wagenrennen

Titel: Das Wagenrennen
Autoren: Martin Scott
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Anschließend warten vier Monate extreme, beißende Kälte auf uns. Danach gibt es eine weitere Regenzeit, diesmal aber eine kalte, die wieder einen Monat dauert, bevor der einmonatige Frühling anbricht, der wiederum sehr erfreulich ist.
    »Das macht summa summarum zwei angenehme Monate im Jahr«, knurrt Makri.
    »Wenigstens kommen die Jahreszeiten regelmäßig.«
    »Warum hat ausgerechnet hier jemand eine Stadt bauen wollen?«
    »Weil es einen guten Hafen gibt. Und wir liegen an den Haupthandelsrouten.«
    Makri flucht in uraltem Elfisch. Sie lernt gerade die Königliche Hoch-Elfensprache auf ihrer Innungshochschule und will ein bisschen üben.
    »Damit will ich natürlich nicht behaupten, dass die Elfen jemals das Wetter verfluchen. Das hat man mir jedenfalls gesagt«, erklärt sie schnell. »Offenbar hocken sie einfach nur auf ihren Bäumen und denken, dass das nur eine weitere schöne Seite der Natur ist. Blöde Elfen!«
    Makri sprach bereits fließend gemeines Elfisch, als sie in Turai ankam. Vermutlich hatte sie das von ihrem elfischen Großvater gelernt, auch wenn ich niemals gefragt habe, wer das war. Makri hat es auch niemals erklärt. Und sie spricht auch nicht über ihre orgkischen Großeltern. Danach würde ich sie auch nicht fragen. Jedenfalls haben sich sowohl mein Elfisch als auch mein Orgkisch erheblich verbessert, seit sie da ist.
    Ich frage sie, warum sie im Regen herumgelaufen ist. Sie antwortet, dass sie nach Pflanzen gesucht hat.
    »Warum das denn?«
    »Für den Kurs in Naturgeschichte an der Innungshochschule. Die Professoren wollen, dass wir irgendwelche interessanten heimischen Pflanzen studieren.«
    »Das könnte in ZwölfSeen ziemlich schwierig werden. Hier gibt es so gut wie keine.«
    »Weiß ich. Ich wollte in den kleinen Park an der Sankt-Rominius-Gasse gehen. Bedauerlicherweise ist der Park verschwunden. Jemand hat einen Block mit Mietshäusern darauf errichtet.«
    König Reeth-Lackal hat strikte Vorschriften erlassen, wie viele Parks seinen Untertanen zustehen. Selbst die ärmsten Gegenden sollen offene Grünflächen haben, damit sich die Bewohner auf friedliche Weise Bewegung verschaffen und ihre Kümmernisse eine Weile vergessen können. Bedauerlicherweise haben die Präfekten, welche die Bauplanungen in den verschiedenen Stadtvierteln kontrollieren, die Angewohnheit, ihre Augen zuzudrücken, wenn sie von Grundstücksspekulanten ordentlich geschmiert werden. Mittlerweile ist es so schlimm, dass es kaum noch freie Flächen in ZwölfSeen gibt. Der letzte Präfekt, Tholius, war genauso korrupt wie alle anderen. Allerdings musste er neulich aus der Stadt fliehen, weil man ihn dabei erwischt hatte, wie er versuchte, etwas vom Gold des Königs in seine eigenen Taschen umzufüllen. Und ganz offenbar hat Drinius, sein Nachfolger, es dann kaum erwarten können, in seine eigenen Taschen zu wirtschaften. Man erkennt in Turai Menschen aristokratischer Abstammung an der Namensendung »ius«. Aber dieses Merkmal wäre eigentlich unnötig, weil man das auch an ihrer erstaunlichen Neigung bemerken könnte, sich für jeden Dienst, den sie einem erweisen, bezahlen zu lassen. »Es läuft geschmiert wie ein Senator«, heißt es im Volksmund. Ganz anders dagegen verhält es sich bei den einfachen Bürgern der Arbeiterklasse, deren Namen für gewöhnlich auf »ox« oder »ax« enden. Wie zum Beispiel bei »Thraxas«. Das sind durch die Bank ehrliche Häute.
    »Ich mache eine kleine Landpartie«, erkläre ich Makri. »Komm doch mit, und studier unterwegs die Flora.«
    Makri denkt laut darüber nach. Sie hat den Rest des Tages ohnehin frei und könnte außerdem ein bisschen Bewegung gebrauchen.
    »Gut, ich komme mit, wenn ich den magischen Regenmantel mit dir teilen darf!«, sagt sie listig. »Ich brauche irgendwelche interessanten Pflanzen. Wenn ich bei dieser Aufgabe scheitere, wird sich Professor Toarius auf mich stürzen wie ein böser Bann.«
    Sie blickt finster drein. Von ihrem früheren Gejammer weiß ich, dass Professor Toarius ganz oben auf der langen Liste der Angestellten von der Innungshochschule steht, die glauben, dass die Hochschule ein wesentlich angenehmerer Ort wäre, wenn Makri ihn nicht heimsuchen würde. Er hat ihr verboten, die Kurse in ihrem Kettendress zu besuchen, wegen des Aufsehens, das sie erregt. Selbst das Männerwams, das sie stattdessen trug, konnte ihn nicht zufrieden stellen.
    »Er hat gesagt, es zeigt zu viel von meinen Schenkeln. Ist das denn in Turai verboten?«
    »Nein.
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