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Das volle Risiko

Das volle Risiko

Titel: Das volle Risiko
Autoren: A. A. Fair
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können sich dann Schäden an den Nackenwirbeln, den Kopfnerven und —“
    Bertha unterbrach ihn mit einer ungeduldigen Geste. „Das wissen wir alles. Mich interessiert nur, wie Versicherungen derartige Fälle beurteilen und was geschehen kann, wenn ein solcher Unfall zu einer Schadenanzeige führt.“
    Beckinridge seufzte und sagte dann: „Was den Standpunkt der Versicherung anbetrifft, Mrs. Cool — sobald ein solcher Schadensanspruch erhoben wird, kann so ziemlich alles passieren.“
    Beckinridge wandte sich mir zu und fuhr mit erhobenem Zeigefinger fort: „Und damit kommen wir zu Ihrer Aufgabe, Mr. Lam.“
    „Haben denn die Versicherungsfachleute nicht im Laufe der Zeit ein eigenes System entwickelt, um Simulanten zu überführen?“
    „Natürlich haben wir das — und Ihre Tätigkeit wird ein Teil dieses Systems sein.“
    Ich ließ mich in den nächsten Sessel fallen und machte es mir bequem.
    Beckinridge begann zu dozieren, als habe er ein Auditorium vor sich: „Sobald ein Simulant vor einem Geschworenengericht steht, ist er krank wie nie in seinem Leben. Er stöhnt und klagt, sieht blaß und leidend aus. Sein redegewandter Anwalt schildert den Zustand des Kranken in den schwärzesten Farben, und die Geschworenen lassen sich bei ihren Entscheidungen oft sowieso von dem Gedanken leiten, die Versicherungsgesellschaft kassiere ja ganz schöne Prämien für die Policen und könne es sich daher auch leisten, größere Entschädigungen zu zahlen.
    „Die Erfahrung hat jedoch immer wieder gezeigt, daß sich selbst in den schwersten Krankheitsfällen fast stets eine bemerkenswert schnelle Besserung des Befindens einstellt, sobald die Versicherungssumme gezahlt wurde. Das gilt vor allem für Fälle von Nervenschäden. Häufig bewirkt dann die angetretene Erholungsreise geradezu ein Wunder. Leute, denen Ärzte attestierten, daß sie Verletzungen von lebenslänglicher Nachwirkung erlitten haben, fahren dann ein bis zwei Tage nach der Regelung des Schadensanspruches zum Camping, rudern oder spielen Tennis mit überschäumender Vitalität.
    „Natürlich stehen wir solchem Verhalten nicht ganz hilflos gegenüber. Wir haben bestimmte Methoden entwickelt, um diese Leute in Situationen zu locken, in denen es ihnen angebracht und vorteilhaft erscheint, so aktiv wie möglich zu sein; dabei machen wir dann Filmaufnahmen von ihnen. Hierzu ein Beispiel: Vor Gericht hat so ein Mann ausgesagt, er könne seine Hände kaum in Schulterhöhe heben und nur kleine, schmerzhafte Schritte machen. Nun treten wir auf und führen Filmaufnahmen vor, die ihn bei einem Hechtsprung ins Wasser oder beim Tennisspiel zeigen und wie er kraftvoll den Golfstock schwingt.
    „Es versteht sich, daß wir uns diese Aufnahmen etwas kosten lassen. Aber die Geschworenen schätzen diese Beweise gar nicht.“
    „Wie meinen Sie das?“ fragte Bertha.
    „Sie sind der Ansicht, wir hätten dem Kerl nachspioniert, wären in seine privateste Sphäre eingedrungen und einiges mehr. Warum sollen wir nicht in seine intime Sphäre eindringen und das unternehmen, was den Umständen nach erforderlich ist?“
    „Aber die Geschworenen mögen das nicht, sagten Sie.“ Damit führte ich ihn zum Thema zurück.
    Er strich sich mit der Hand über das Kinn und ließ die Fingerspitzen sanft über seinen Schnurrbart gleiten. „Sie mögen es nicht, daß wir diesen Burschen eine Falle stellen.“
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Dann fragte ich ihn: „Wollen Sie damit sagen, daß Sie die Methode mit den Filmaufnahmen fallengelassen haben?“
    „Aber durchaus nicht! Keineswegs!“ protestierte er. „Wir haben uns nur dazu entschlossen, die Sache etwas anders einzufädeln, damit wir bei den Geschworenen vorteilhafter abschneiden. Und damit wären wir bei Ihrer Aufgabe angelangt, Lam.
    „Um diese Aufnahmen zu machen, bedienten wir uns bisher eines Campingwagens mit einer Fotoausrüstung oder eines Lieferwagens mit Öffnungen an den Seiten für die Kamera. Wir brachten einen Simulanten dazu, Golf zu spielen, und filmten ihn dann heimlich, während er kraftvolle Übungsschläge machte.
    „Als er dann aussagte, er könne keine Armbewegung ohne große Schmerzen machen, zeigten wir Filmaufnahmen, auf denen er schwungvoll den Gol schläger betätigte.
    „Aber den Geschworenen mißfällt das. Sie glauben, wir hätten den armen Kerl in eine Falle gelockt. Natürlich billigen sie ihm unter solchen Umständen nicht die volle Höhe des von ihm geforderten Schadenersatzes
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