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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio
Autoren: Peter Dempf
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Erleichtert sah sie den beiden nach, wie sie von der
Dunkelheit verschluckt wurden. Das Mädchen hinter ihnen rappelte sich vom Boden
auf, säuberte ihr Leinenkleid und schimpfte ihnen mit erhobener Faust nach.
    Nerina nahm ihren Fischkorb fester
und ging in Richtung Atelier davon.
2.
    „Dieser Gestank, diese ewige
Dunkelheit, diese Enge. Sogar mit seinem Sterben will uns dieser Aldobrandini
quälen. Als hätte er nicht genug Unglück über den Stuhl Petri gebracht, als er
sich dem Einfluss Spaniens beugte. Und wie sie um ihn herumschleichen, die
Speichellecker von Kardinälen, dass einem übel wird. Dabei sieht und hört er
nichts mehr. Mit offenen Augen stiert er an die Decke, röchelt nur noch und
verbreitet einen pestilenzalischen Gestank.“
    Scipione Borghese schwieg und
beobachtete den Oheim, der seinen purpurnen Kardinalshut auf einen Ledersessel
warf und jetzt barhäuptig im Zimmer auf und ab lief. Sein schwerer Körper
schwankte dabei wie der einer gemästeten Gans. Schweiß rann ihm über die Tonsur
den Nacken hinab, den er mit einem Tuch abwischte. Die Kinnfalte schlenkerte
hin und her, als wäre sie ein Pendel, angetrieben durch die fortwährende
Bewegung der Beine, und die Augen, die durch die aufgeschwemmten Backen
zugedrückt wurden, wirkten, als würde er ständig zwinkern. All das gab ihm den
Anschein eines etwas unbeholfenen Menschen, dessen Gutmütigkeit man durchaus
ausnützen konnte. Scipione Borghese wusste, dass es anders war.
    „Niemand kann sagen, ob er nun
wirklich stirbt oder allen wieder eine Komödie vorspielt, bei der nur er selbst
richtig lachen kann. Er ist eine Qual.“
    „Ihr sprecht vom Papst, Oheim!“
    Camillo Borghese fuhr herum.
    „Dass ich nicht lache. Von Clemens
dem Achten, dem Erfüllungsgehilfen des spanischen Königs, vom Arschkriecher der
Habsburger spreche ich, der sich nicht zu schade war, sich mit dem
französischen König zu verbünden, von diesem Niemand ohne Rückgrat und eigene
Meinung, der die Christenheit an der Nase herumführt und die Gläubigen am
liebsten alle in die Hölle schicken möchte.“
    „Ihr versündigt Euch!“
    Kardinal Camillo Borghese baute
sich vor seinem Neffen auf und dieser konnte nicht anders, als die stattliche
Gestalt in ihrer äußersten Erregung zu bewundern. Das Alter machte Camillo
Borghese noch herrischer, als er schon war. Nur die etwas aufgedunsenen Züge
und die hochrote, cholerische Gesichtsfarbe, die jetzt seine Blässe überfärbte,
standen im Widerspruch dazu. Das Theater um den auf den Tod kranken Papst
zehrte sichtlich an seinen Nerven.
    „Ich habe Euch nicht nach Rom holen
lassen, Scipione, um mir geistliche Plattheiten anhören  zu müssen. Es ist die
Wahrheit! Und ich werde etwas dagegen tun. Ich muss dafür Sorge tragen, dass
kein Parteigänger der Spanier mehr den Heiligen Stuhl besteigt! Es muss ein
Ende haben mit all den Sfondratos, Medicis, Aldobrandinis und Chigis.“
    Scipione beobachtete seinen Oheim,
der ans Fenster trat und einen Flügel aufriss. Kühle Luft strömte vom Tiber
herüber. Er stellte sich in den Luftstrom und schloss die Augen. Mit leicht
vibrierenden Nasenflügeln sog er den Geruch des Wassers ein.
    „Ihr holt Euch den Tod, Oheim!“, meinte
Scipione leise. Er wusste, dass man Camillo Borghese nicht ungestraft auf seinen
ungesunden Lebenswandel ansprechen durfte. Es reizte ihn trotzdem.
    „Was habt Ihr gesagt?“
    Scipione Borghese räusperte sich.
Sein Satz, der ihm einfach so herausgerutscht war, tat ihm jetzt leid. Leise
wiederholte er:
    „Ihr holt Euch den Tod, Oheim!“
    Scipione erwartete eines jener
Gewitter, die zum cholerischen Wesen seines Oheims gehörten. Aber Camillo
Borghese drehte sich auf dem Absatz um und Scipione konnte sehen, dass sein
Oheim übers ganze Gesicht strahlte und seine Augen über den Backenwülsten glänzten. 
Überrascht hob er eine Augenbraue.
    „Ich wusste doch, dass ich eine
Hilfe in Euch finden würde. Natürlich. Frische Luft wird ihn umbringen. Sein
Lebtag hat er keinen Sack voll frischer Luft geatmet, diese spanische Hure. Ich
werde die Fenster aufreißen, dass es die Purpurröcke hinaus weht, Scipione.“
    Zu Scipiones Erstaunen schnippte
Camillo Borghese mit den Fingern und setzte sich auf den Stuhl, auf den er eben
seinen Kardinalshut gelegt hatte.
    „Damit wäre der erste Teil der
Strategie abgehandelt. Jetzt lässt sich darauf aufbauen.“
    Camillo Borghese streckte sich aus
und blickte wie abwesend in sich hinein.
    „Was meint Ihr mit
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