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Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)

Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)

Titel: Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Thiemeyer
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mit ihm verschmilzt. Ob aus Anziehung oder Liebe, wissen wir nicht, der Fachausdruck dafür lautet jedenfalls Penetration.«
    Einige der Mädchen tauchten kichernd hinter ihren Büchern ab.
    »Herrschaften!« Greipel presste die Lippen zusammen, konnte aber nichts unternehmen. Es war tatsächlich der korrekte Fachterminus, und Ben hatte nichts weiter getan, als aus dem Schulstoff zu zitieren.
    Als Ruhe einkehrte, fuhr Ben fort: »Wenn das Virus die Verteidigungseinrichtungen der Wirtszelle erst einmal umgangen und sie willenlos und gefügig gemacht hat, setzt es zum eigentlichen Vorstoß an. Es nimmt sich den Zellkern vor, packt ihn, streift seine Hülle ab und dringt in ihn ein. So.« Er skizzierte den Vorgang mit ein paar gekonnten Strichen, die es wie einen Liebesakt aussehen ließen.
    Wieder war Gekicher zu hören, diesmal lauter.
    Greipel verlor sichtlich die Geduld. »Herr Eigel, ich würde es begrüßen, wenn Sie den Vorgang etwas sachlicher darstellen würden.«
    »Aber das tue ich doch. Ich beschreibe einen alltäglichen biologischen Vorgang, der bei jedem von uns wirksam ist. Bei manchen mehr, bei manchen weniger.« Er zwinkerte Magda zu. Sie bekam rote Wangen und senkte den Blick.
    »Das Virus dringt also in den Kern ein, fest entschlossen, sich zu vermehren. Es entmantelt sich – lässt also umgangssprachlich gesprochen die Hosen runter – und entlädt sein Erbmaterial in einer schnellen heftigen Kontraktion ins Zellinnere.«
    Lautstarkes Gelächter brandete auf. Manche bekamen sich überhaupt nicht mehr ein.
    »Ruhe«, donnerte Greipel. »Herr Eigel, wenn Sie weiter darauf bestehen, hier den Klassenclown zu spielen, muss ich Sie mit einem Empfehlungsschreiben zu unserem Direktor schicken.«
    »Ich habe mich nur bemüht, den Vorgang möglichst sachgerecht zu beschreiben …«
    »Ich weiß genau, was Sie hier versuchen, Herr Eigel, aber das wird Ihnen nicht gelingen. Noch ist die Schule ein Ort des Anstands und der Moral. Schwerterschwingende Hippies wie Sie werden es bei uns nicht weit bringen. Und jetzt fahren Sie fort. Sollte ich noch einmal irgendwelche anstößigen Bemerkungen aus Ihrem Mund hören, wird Ihnen das leidtun, das verspreche ich Ihnen.«
    Ben war klug genug, seine Strategie zu ändern, und übernahm für den Rest seines Vortrags denselben langweilig pastoralen Ton wie Greipel. Damit schaffte er es zwar, sich einigermaßen glimpflich aus der Affäre zu ziehen, doch der Spaß war dahin. Na ja, wenigstens würde es sich Greipel das nächste Mal zweimal überlegen, ob er Ben nach vorne an die Tafel holte.

    »Mann, das war ja megaunfair«, sagte Konrad eine Viertelstunde später auf dem Pausenhof. »Drei plus. Mit deinem Fachwissen hätte er dir eigentlich eine Eins geben müssen. Woher weißt du all das Zeug? Ich kann mir nicht mal den inneren Aufbau merken.«
    Ben schob den letzten Rest seiner hausgemachten Falafel in den Mund und sagte: »Zufall. Neulich kam etwas darüber in den Nachrichten. Die haben drüben in Rotterdam ein Killervirus zusammengebaut. Es soll so tödlich sein, dass sie selbst die Berichterstattung darüber verbieten. Damit keiner auf die Idee kommt, das Virus nachzubauen, versteht ihr?«
    »Kranke Leute gibt’s«, sagte Konrad kopfschüttelnd. »Wieso züchten sie überhaupt so einen gefährlichen Mist? Man muss doch immer damit rechnen, dass so etwas mal ausbricht und sich fröhlich vermehrt.«
    »Ich glaube, so weit denken die gar nicht. Hauptsache, forschen, züchten, zum Leben erwecken. Wie einst der gute Dr. Frankenstein. Schauen, was machbar ist, und dann publizieren. Heutzutage musst du auch als Wissenschaftler ständig in den Medien sein, sonst kürzen sie dir die Fördergelder.«
    »Geld regiert die Welt.«
    »Du sagst es, Alter.« Ben wischte sich den Mund ab. »Die Frage, ob man tun sollte, was man zu tun vermag, stellt sich nicht. Ethische Beweggründe, Moral, Verantwortung? Pfft. Aber wetten, dass diese Typen in der Kirche immer vorne sitzen? Genau wie unser werter Herr Greipel. Ich habe rausbekommen, dass er nebenberuflich im Pfarramt tätig ist. Der hat bestimmt keine schlaflosen Nächte, wenn er tagsüber Schüler quält. Zum Glück müssen wir ihn ja nicht mehr lange ertragen. Ein Jahr noch, dann sind wir aus dem Irrenhaus raus, dann beginnt das wahre Leben.«
    »Was hast du denn vor, wenn du dein Abi hast?«
    Ben richtete seinen Blick nach oben. Zwischen den Zweigen der Bäume schimmerte der blaue Himmel durch. Anmutige, weiße Wolken zogen
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