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Das Tier

Das Tier

Titel: Das Tier
Autoren: Sandra Gernt , Sandra Busch
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ein anderer, neiderfüllter Liebesdiener überfiel und verstümmelte? Nicht auszudenken. Er brauchte die Münzen und hortete sie in einem Versteck.
    Vielleicht könnte ich mich mit dem Ersparten freikaufen. Wenn ich den Wächtern sage, dass ich dafür bezahle, dass sie mich hier heraus lassen … Brudfor, zeige dich gnädig! Ich kann hier doch nicht verrotten oder mich von dem Tier töten lassen.
    Als hätte Brudfor seine stumme Bitte vernommen, öffnete sich die schwere Tür und zwei Wachen traten ein. Eine Fackel, die in einen eisernen Halter gesteckt wurde, erhellte die kleine Zelle. Ihm gegenüber rührte sich das Tier. Es presste mit einem leisen Knurren die Hände gegen seine Augen. Bestimmt schmerzte es das ungewohnte Licht.
    Fasziniert schaute Cyrian zu dem Mörder hinüber. Er war in Fetzen gehüllt, die vor Schmutz starrten. Um seinen Hals befand sich ein eiserner Ring, von dem eine schwere Kette zur Wand führte. Ansonsten sah Cyrian nur zottiges, strähniges, dunkles Haar und einen wild verfilzten Bart.
    „Ist eure kleine Feier bereits vorbei?“, fragte einer der Wächter hämisch. „Schade, wo wir doch gerade in der Stimmung waren, mitzumachen.“
    „Vielleicht sollten wir ihm zeigen, was man mit einem Bürschchen wie ihm anstellt. Zum Singen haben wir ihn wohl kaum hierher gebracht.“ Der zweite Wächter fasste sich provokant in den Schritt. Cyrian rutschte in die allerhinterste Ecke. Er ahnte, worauf das Spotten hinauslaufen würde.
    „Ich habe Geld“, rief er mit piepsiger Stimme. „Wenn ihr mich gehen lasst, könnt ihr es haben.“
    „Na klar hast du Geld. Bestimmt ist es versteckt. Und wenn du ganz brav die Arschbacken spreizt, werden wir es garantiert schnell finden.“ Die Wächter wieherten vor Vergnügen. Der erste öffnete die Verschnürung seiner Hose und trat großspurig auf ihn zu. Solche Kerle kannte Cyrian zu Genüge. Die hatten immer ein größeres Ego als der Zahnstocher in ihrer Hose lang war.
    „Komm her, Kleiner, und lass uns dem Tier mal zeigen, welche Töne ich dir entlocken kann.“
    Brudfor, du Idiot! So war das nicht geplant , fluchte er stumm, während er sich verzweifelt nach einem Fluchtweg umschaute. Doch auf der einen Seite war das Tier angekettet und vor der Tür stand der andere Wächter. Und Schreien würde ihm nicht viel nützen.
    Er entschied sich dennoch für die letztere Variante, als sich der lüsterne Wächter auf ihn stürzte, ihn an den Hüften packte und zu fixieren versuchte. Mit aller Kraft setzte sich Cyrian zur Wehr, schlug, kratzte und biss um sich. Ganz so wie es die Männer ihm noch in der Rotenbachstraße prophezeit hatten. Mit dem feinen Unterschied, dass er wider Erwarten nicht gegen das Tier ankämpfte.
    „Hilf mir doch mal“, forderte sein Widersacher seinen Kumpel keuchend auf. Gleich darauf donnerte eine Faust mitten in Cyrians Gesicht. Benommen sackte er zurück, spürte nur noch wie in Trance, wie er auf den Bauch gedreht wurde. Dann krachte ein schwerer Körper auf ihn nieder.

    Thars starrte erschöpft auf die Leichen der beiden Wärter nieder. Der wilde Zorn war über ihn hergefallen, der Rausch, der sein Denken, seine Menschlichkeit fortschwemmte. Er riss seine Opfer nicht in Stücke, aber tot waren sie trotzdem. Thars fühlte sich leer, so leer … Dabei hatte er es bloß getan, um seinen Engel zu beschützen. Sie hätten ihn vergewaltigt und totgeprügelt, er hatte es gesehen. Diese Visionen überfielen ihn, wenn er in die Nähe von Mördern geriet und der wilde Zorn kam, wenn er damit den Mord verhindern konnte. Alle seine Opfer waren Mörder gewesen, und in fast jedem Fall hatte Thars ein oder mehrere Menschenleben gerettet. Nur einmal war er zu spät gekommen … Den Tod der kleinen Baroness hatte man ihm ebenfalls angehängt.
    Ein heiserer Laut holte Thars aus seinen melancholischen Gedanken. Sein Engel lebte und er brauchte Hilfe! Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er seine Ketten gesprengt hatte. Ja, wenn der Zorn ihn im Griff hatte, konnte keine Mauer, kein Tor, keine Eisenschellen ihn zurückhalten. Der Weg war frei. Er war frei!
    Triumphierend hockte er sich auf die Fersen und brüllte, schrie sich all die Verzweiflung und Leere, die endlosen Stunden im dunklen Nichts, den Hass auf seine Peiniger, die Wut auf jene die ihn verraten hatten, von der Seele. Danach hob er seinen Engel vorsichtig hoch. Die ersten Schritte waren schwer. Zu lange hatte er auf hartem Gestein gekauert, seine Muskeln wollten kaum sein eigenes
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