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Das Tattoo

Das Tattoo

Titel: Das Tattoo
Autoren: Sharon Sala
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ruhig zu bleiben, überhörte die kalte Routine, die in der Stimme der Frau mitschwang.
    „Nein. Ich bin eben von der Arbeit nach Hause gekommen und habe die Haustür unverschlossen vorgefunden. In der Küche liegt eine zerbrochene Tasse in einer Kaffeelache auf dem Boden, und das Waschbecken ist voller Blut.”
    „Sind Sie Clay LeGrand aus der Denver Avenue 1943?”
    „Ja.”
    „Sind Sie ebenfalls verletzt, Sir?”
    „Nein”, erwiderte Clay gereizt. „Ich habe es Ihnen doch gesagt … ich bin eben erst nach Hause gekommen.”
    „Ich schicke einen Streifenwagen, Sir.”
    „Okay, danke”, erwiderte Clay wie betäubt. Er konnte es im mer noch nicht fassen, dass er das war, dem das gerade alles ge schah.
    „Bleiben Sie bitte, wo Sie sind, bis die Polizei eintrifft, Sir”, sagte die Frau in der Notrufzentrale.
    Er spürte Verärgerung in sich aufsteigen. Wo zum Teufel soll te er ohne Frankie schon hingehen?
    Kurz nach den drei Streifenwagen trafen auch zwei Detecti ves ein, und es dauerte nicht lange, bis Clay klar wurde, dass die Polizei offenbar entschlossen war, ihn für das Verschwinden sei ner Frau verantwortlich zu machen. Aber das durfte nicht ge schehen, weil die Ermittlungen so in einer Sackgasse enden würden. Und sie mussten Frankie finden. Er konnte nicht ohne sie le ben.
    „So, und Sie sagen also, dass Sie Ihre Frau heute Morgen gegen acht zum letzen Mal gesehen haben?
    Clay holte tief Luft, um sich zu beruhigen. Als ihm der mit Schweiß vermischte Geruch seiner nassen Kleider in die Nase stieg, wurde ihm beinahe übel. Die Vorstellung, dass Frankie ir gendwo da draußen in dem Unwetter sein könnte, brachte ihn langsam, aber sicher um den Verstand. Er wusste nicht, wo sie war, aber er wusste, dass sie nicht aus freien Stücken weggegangen war, wo immer sie jetzt auch sein mochte.
    „Nein, das habe ich nicht gesagt, und das wissen Sie auch ganz genau. Ich habe gesagt, dass ich das Haus erst kurz vor neun verlassen habe.”
    Detective Avery Dawson warf einen Blick in sein Notizbuch. „Ach ja, richtig.” Dann fixierte er Clay wieder mit einem durch dringenden Blick. „Aber Sie sagten auch, dass Sie normalerweise um acht Uhr anfangen zu arbeiten.”
    Jetzt riss Clay der Geduldsfaden. „Das ist richtig”, sagte er, während er aufstand und sich drohend vor dem stämmigen De tective aufbaute.
    „So, und jetzt hören Sie mir genau zu, ich sage es Ihnen noch einmal. Ich liebe meine Frau. Wir hatten gestern unseren ersten Hochzeitstag. Ich bin heute morgen zu spät zur Arbeit gekom men, weil ich noch mal mit ihr ins Bett gegangen bin.” Seine Stimme brach, aber er behielt sie unter Kontrolle. „Als ich weg ging, hatte sie mein Hemd an … und ein Lächeln auf den Lippen. Verstehen Sie, was ich meine?”
    Einer der anwesenden Polizisten kicherte leise. Dawson warf ihm einen rügenden Blick zu, dann richteten sich seine Augen wieder auf Clay.
    „Ja, Mr. LeGrand, ich verstehe, was Sie meinen. Aber ich be komme nur Antworten, wenn ich Fragen stelle. Verstehen Sie, was ich meine?”
    Clay bebte vor Wut. „Alles, was ich aus Ihrem Verhalten mir gegenüber schließen kann, ist, dass Sie mich für Frankies Ver schwinden verantwortlich machen wollen, vermutlich, weil das für Sie am einfachsten wäre. Aber so bekomme ich meine Frau nicht zurück.” Er ballte seine Hände zu Fäusten und ließ sie kra chend auf die Tischplatte fallen. „Verstehen Sie denn nicht? Him mel, ja, ich bin wütend, aber vor allem bin ich außer mir vor Angst um meine Frau.”
    Dawson beobachtete sein Gegenüber genau. LeGrand war aggressiv, und er war es von Anfang an gewesen. Normalerweise dauerte es eine Weile, bis sich ein Verdächtiger im Laufe seiner Befragung in die Ecke gedrängt fühlte. Dawsons Adrenalinspiegel stieg an, und er war sich sicher, dass der Mann, der hier vor ihm saß, Dreck am Stecken hatte.
    „Sie sind ganz schön impulsiv, LeGrand.”
    „Hören Sie”, erwiderte Clay mit heiserer Stimme, weil ihm plötzlich die Tränen in die Augen schossen. „Ich verlange nur eins von Ihnen: Bringen Sie mir meine Frau zurück.”
    Das war der Moment, in dem Avery Dawson an seiner Theorie zu zweifeln begann. Immerhin bestand die Möglichkeit, dass der Kerl die Wahrheit sagte. Trotzdem, die Geschichte, die er ih nen da auftischte, klang einfach erfunden. LeGrand schien ir gendwas zu wissen, das er ihnen verheimlichte. Irgendetwas an
    seiner Geschichte stimmte nicht. Dawson kniff die Augen zu sammen. Entweder war
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