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Das Tattoo

Das Tattoo

Titel: Das Tattoo
Autoren: Sharon Sala
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und hielt sie fest.
    Er sah ihr in die Augen. „Ist irgendwas?”
    „Ich glaube, ich sterbe vor Verlangen, wenn du mich jetzt nicht auf der Stelle liebst.”
    Er grinste. Das war eine Bitte, die sie nicht zweimal äußern musste.
    Draußen hatten die schwarzen Wolken ihre Drohung wahr gemacht. Ab und zu unterbrach ein kräftiger Donnerschlag das heftige Prasseln des Regens, der gegen die Fenster schlug. Doch gegen ihre stürmische Liebe vermochte er nichts auszurichten.
    Der Tag schleppte sich zäh von einer Stunde zur nächsten. Ob wohl es überwiegend Innenarbeiten zu erledigen galt, erwies sich der Regen als äußerst lästig. Er war zu stark, um das Dach an der nördlichen Seite des Gebäudekomplexes fertig zu decken. Clays Vater war bereits am Mittag nach Hause gefahren und hatte die Arbeiter Clays Aufsicht überlassen. Gegen vier ließ Clay die Leute Feierabend machen. Sie lagen gut in der Zeit, und es war angenehm, einmal früher nach Hause zu kommen. Frankie und er könnten sich vielleicht eine Pizza liefern lassen, und falls ihnen zu kalt wurde, würden sie den Kamin anmachen. Frankie würde das gefallen. Er wusste, wie sehr sie die Kälte hasste.
    Auf dem Heimweg hielt Clay am Supermarkt. Durch den prasselnden Regen und tiefe Wasserpfützen rannte er zum Eingang und blieb dann vor dem Münztelefon direkt neben der Tür stehen. Er wollte Frankie fragen, ob er noch irgendetwas mit bringen solle.
    Ihn fröstelte in seinen nassen Kleidern, als er die Münzen in den Schlitz fallen ließ. Dann ertönte das Freizeichen, und er war tete sehnsüchtig darauf, Frankies Stimme zu hören. Aber sie nahm nicht ab. Schließlich legte er auf. Klappernd spuckte der Fernsprecher die Münzen wieder aus. Gedankenverloren steckte er sie ein und ging in den Supermarkt. Wahrscheinlich stand Frankie gerade unter der Dusche und hatte das Klingeln deshalb nicht gehört. Ein paar Minuten später sprintete er mit einer gro ßen Packung Rocky-Road-Eiscreme unterm Arm zurück zum Auto.
    Um Viertel vor fünf bog er in die Einfahrt ihres Hauses ein
    und stellte den Motor ab. Noch immer regnete es so stark, dass er kaum die Umrisse des Hauses erkennen konnte. Die Wassermas sen, die sich vom Himmel ergossen, kamen ihm beinahe wie eine undurchdringliche Wand vor. Überrascht spürte er, dass ihm die ser Gedanke Angst machte. Er wunderte sich über sich selbst, denn düstere Fantasien waren ihm normalerweise fremd. Er schob die durchgeweichte Papiertüte mit der Eispackung unter seine Jacke, stieg aus dem Track und rannte dann in langen Sprüngen hinüber zum Haus. Als er für einen Moment den kind lichen Wunsch verspürte, so schnell zu laufen, dass ihn kein Re gentropfen einholen konnte, musste er über sich selbst lachen, aber dann hatte er auch schon die Haustür erreicht.
    „Frankie … ich bin’s!” rief er, wobei er, immer noch in sich hineingrinsend, Jacke und Schuhe auszog. „Hey, Honey! Ich habe dir eine Überraschung mitgebracht!”
    Er schnappte die Tüte, die er kurz abgelegt hatte, ging in Richtung Küche und erwartete jeden Moment, Frankie aus einem der Zimmer kommen zu sehen - aus irgendeinem. Auf halbem Weg zum Wohnzimmer blieb er abrupt stehen, wandte sich um und sah den Flur entlang. Bis auf den prasselnden Regen draußen war es völlig still im Haus, und plötzlich spürte er, dass sich ihm die Nackenhaare sträubten.
    Die Haustür.
    Sie war nicht abgeschlossen gewesen.
    Er lauschte in die Stille. Aus keiner Richtung war irgendein vertrautes Geräusch zu hören. Kein Radio. Kein Fernseher. Und auch kein Rauschen der Dusche. Nur das monotone Prasseln des Regens. Er drückte die Tüte fester an sich.
    „Frankie? … Francesca, bist du da?”
    Keine Antwort.
    Plötzlich fühlte er, wie die Kälte der Eiscreme seine nasse
    Kleidung durchdrang. Er sah an sich hinab und war beinahe überrascht darüber, dass er die Packung immer noch fest an seinen Körper gepresst hielt. Dann ging er weiter.
    Im gleichen Moment, in dem er die Küche betrat, erbebte das Haus unter einem Donnerschlag, der so gewaltig war, dass er das Geschirr in den Hängeschränken klirren zu hören glaubte. Clay zuckte unwillkürlich zusammen, als wenn jemand auf ihn ge schossen hätte.
    „Verdammt!” stieß er aus. Dann ging er auf die Tiefkühltruhe zu, doch auf halbem Wege blieb er wie versteinert stehen. Dies mal allerdings nicht wegen des Gewitters, sondern weil sein Blick auf eine zerbrochene Tasse gefallen war, die in einer Kaffeelache auf dem
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