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Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
Autoren: Marisa Brand
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dir habe ich zu reden!«
    Der junge Page schüttelte empört den Kopf. Er kramte nach Worten und nach dem Beutel unter seinem Umhang. »Mit mir hast du zu reden! Ich bezahle schließlich dafür!«, stieß er hervor und riss hastig die Geldkatze vom Gürtel. »Sag mir, was du gesehen hast! Lord Dudley braucht Tatsachen.«
    Er warf den Beutel durch die Gitterstäbe. Er musste die Ware haben, sein weiterer Werdegang hing ab von einer Weissagung dieses Enoch. Egal wie sie ausfiel, egal worum es sich handelte oder ob sie sich einem Budenzauber verdankte. Er musste etwas abliefern. Er wollte kein Schafhirte bleiben.
    Der Prophet beachtete den Beutel nicht.
    »Bist du dir sicher, dass du die richtige Wahl triffst?«, fragte er ruhig.
    »Wahl? Was für eine Wahl? Ich denke, Ihr sagt das Schicksal voraus.«
    »Schicksal ist das, was wir aus unserer Bestimmung machen, junger Freund. Wie beim Kartenspiel kann man mit einem schlechten Blatt gut spielen oder ein vortreffliches überreizen. Du bist der Sohn tüchtiger Schafzüchter, das Land deiner Väter kann dich nähren. Wirf nicht leichtfertig weg, was dir zugeteilt wurde. Was ich eben sah, bedeutet große Gefahr! Kehre heim, dann sehe ich dich an der Seite einer drallen Frau inmitten einer Schar rotbackiger Kinder.«
    Nein!, schrie es in dem Pagen. »Es ... Es geht doch nicht um mich, es geht um ...« Er suchte nach einem zwingenden Argument, nach etwas Erhabenerem als dem strengen Geruch, der dem Wort Lämmerhirt anhing. »Es geht um England!« Genau.
    Der Prophet seufzte. »Das sagen alle.«
    »Wer ist alle?« , zischte der Page in Nats Richtung.
    »Ich hab dir doch gesagt, du bist nicht der Einzige, der aus dem Palast schleicht«, raunte der Junge.
    Der Mann im Käfig hob den Geldbeutel auf und reichte ihn zurück durchs Gitter. »Behalte das. Es ist das Vielfache deines üblichen Botenlohns. Nat kann dir einen Stall zeigen, wo du ein tüchtiges Reitpferd mieten kannst. Das Tor wird in wenigen Stunden geöffnet. Niemand wird Geschrei um dein Verschwinden machen. Die Lücken bei Hof schließen sich lautlos. Ich weiß, wovon ich spreche.«
    Der Unterton von Mitleid verärgerte den Pagen, darin war er schon ganz Mann. »Du sollst das Mädchen mit den beiden Köpfen erklären! Nicht mein Leben verpfuschen.«
    Nat betrachtete die Geldbörse, die immer noch vor der Nase des Pagen baumelte. Er sah den eigenen Lohn schwinden und spuckte aus. »Du Sackesel würdest dein Glück nicht mal erkennen, wenn’s dich in den Hintern tritt! Nimm die Penunzen.«
    Der Page versetzte ihm eine Kopfnuss. »Halt dich raus.«
    Master Enoch ließ die Börse sinken. »Nun denn, ich habe dich gewarnt. Das Mädchen mit den zwei Köpfen bedeutet, dass Englands König ein toter Mann ist.«
    Der Page taumelte nach hinten. »Wie?«
    »Edward der Sechste stirbt. Wahrscheinlich noch in diesem Sommer. Und nach ihm muss eine Frau regieren. Allein und aus eigener Kraft. Nur so geht es voran, wie die Karte des Streitwagens gezeigt hat.«
    »Eine Frau allein? Das ist lächerlich. Und überhaupt! Diese Prophezeiung ist Hochverrat. Niemand darf den Tod eines englischen Monarchen vorhersagen!«
    Enoch nickte knapp. »Darum habe ich dir geraten, bei deinen Lämmern zu bleiben, statt Lord Dudley zu dienen.«
    Der Page erbleichte. »Was hat das alles mit mir zu tun? Ich bin nur ein Bote. Dich wird man ...«
    »Hängen? Dem Tod habe ich schon öfter ins Auge geschaut, mein Sohn. Eine jedes Mal erstaunliche Erfahrung, egal von welcher Warte aus. Höre genau zu: Lord Dudley muss eine Wahl treffen. Eins der Gesichter des zweiköpfigen Mädchens blickte nach Westen, das andere nach Osten, so wie die Zugtiere auf der Karte, die ich gezogen habe. Der Wagen ist England. Wenn er ihn richtig lenken will, sollte er klug wählen.«
    Wieder fingerte der Prophet mit seinem Kartenspiel herum, zog ohne hinzusehen eine hervor, betrachtete sie und nickte. »Möchtest du die Karte sehen? Es ist ein Trumpf! Sie zeigt den Erzengel Michael, den mächtigsten Schutzengel, den Gegner Satans und Vollstrecker Gottes.«
    »Ein Engel?«, fragte der Page abwehrend. Waren die nicht inzwischen verboten? In den meisten Kirchen hatten Bilderstürmer ihnen die Köpfe abgeschlagen. Man kannte sich einfach nicht mehr aus mit der Religion. So viel aber wusste er: Dudley achtete im Dienste seiner Majestät streng darauf, dass die Reformen eingehalten wurden, und er wollte ganz sicher nicht mit Götzendienst in Verbindung gebracht werden. Gleichwohl hatte
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