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Das Sterneninferno

Das Sterneninferno

Titel: Das Sterneninferno
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wirren Zeiten, daß sie ausgerechnet einem Mann vertraute, der schon alles gewesen war, Mensch, Moroni und schließlich Jared, und dessen Menschlichkeit von Beginn an in Zweifel zu ziehen war. Sie sah auf und bemerkte Skudders besorgten Blick. »Ich bin nur müde«, beruhigte sie ihn. »Laß uns ein paar Stunden schlafen.«

Kapitel 2
    Auf den ersten Blick sah es wie ein gewaltiger Wirbel-Sturm aus, eine Spirale aus dunklen Wolken, die zum Rand hin im Sonnenlicht wie weiße Watte wirkten. Der Gleiter schwankte, als sie von Turbulenzen erfaßt wurden, und Governor Stone mußte sich an seinem Sitz festhalten. »Kaum zu glauben«, sagte er. »Was?« fragte Gurk, der nicht weit entfernt zwischen einer großen Zahl von Meßgeräten hockte, von denen jedes einzelne mehr Platz einnahm als er selbst. »Dieser Zyklon«, erklärte Stone. »Er wird von denselben Kräften geformt wie jeder kleine Strudel in einer auslaufenden Badewanne, und er sieht genauso aus.« Aber war das nur die halbe Wahrheit. Der Wirbelsturm war da, weil die Corioliskräfte die nach Norden stürzenden Luftmassen in eine spiralförmige Bewegung zwangen, und die Luftmassen bewegten sich nach Norden, da über dem Pol eine Tiefdruckzone entstanden war, wie es sie in dieser Ausdehnung noch nie zuvor auf der Erde gegeben hatte. Der Ursprung der Tiefdruckzone dagegen hatte überhaupt nichts mit Wetterfronten und ungleichmäßiger Erwärmung zu tun. Die gewaltige, zwölf Kilometer hohe Turbine aus Wolken, Wasser und Luft, die sich dem Gleiter rasch näherte, wurde von ganz anderen Kräften angetrieben als der schwachen Polarsonne. »Natürlich«, versetzte Gurk mit ätzender Stimme. »Überhaupt kein Unterschied, abgesehen davon, daß Ihr sogenannter Zyklon zweihundert Kilometer Durchmesser hat und daß der Abfluß ein vier Kilometer großes Loch in der Wirklichkeit ist, in dem jede Minute ein Teil der Atmosphäre Ihres Planeten auf Nimmerwiedersehen verschwindet, Stone. Von Eis, Meerwasser und Felsgestein einmal ganz zu schweigen.« Der Gleiter schwankte noch einmal heftig, und der Jared-Pilot zog die Maschine ohne Kommentar auf einen sicheren Kurs. Zwei andere Gleiter bewegten sich auf der bisherigen Bahn weiter, dem Wirbelsturm entgegen. Die Piloten hatten den Befehl, sich in den Wirbelsturm hineintragen zu lassen, um den elektronischen Augen an Bord einen Blick auf die Quelle des dunklen Infernos aus Regenwolken und Sturmfronten zu gewähren. Niemand erwartete, die beiden Ameisen jemals wiederzusehen, aber anscheinend machte das für die sich immer rascher ausbreitende Jared-Gemeinschaft keinen großen Unterschied. Die Jared-Gleichgültigkeit gegenüber einem einzelnen Leben übertraf Stones in Jahrzehnten erworbene Kaltschnäuzigkeit bei weitem. Er mußte sich beim Anblick einer Ameise gewaltsam daran erinnern, daß es sich nicht mehr um Moroni handelte, denen er diente, sondern um ein Kollektiv ganz anderer Art, das auf seine Art sehr viel hellsichtiger und aufmerksamer war, als es die Moroni und ihre verborgen gebliebenen Herren jemals gewesen waren. »Wir hätten Satelliten einsetzen sollen«, sagte er, als der Gleiter wieder zu schlingern begann. »Die Wolkendecke hat sich über dem Pol vollkommen geschlossen«, schnappte der Zwerg. »Wir haben oft genug darüber diskutiert. Achten Sie lieber auf die Übertragung. Ich habe keine Lust, diese Besichtigungstour wiederholen zu müssen, nur weil der Kontakt zu den Beobachtern verlorengegangen ist.« Kein Wort über die beiden Beobachter, die ganz sicher verlorengehen würden und die bei einer Unterbrechung der Funkverbindung ganz umsonst in den Wirbelsturm hineingeschickt worden wären. Stone wandte sich achselzuckend wieder der Konsole zu. Er traute Gurk nicht über den Weg. Seit die Jared Gurk mit der Aufgabe betraut hatten, das Loch am Pol zu schließen, war der Zwerg die meiste Zeit unausstehlich gewesen. Hinzu kam, daß er Stone inzwischen weit überflügelt hatte, was die Jared-Auffassung von Nützlichkeit betraf; also hatte sich der Governor nach kurzer Zeit als Handlanger eines mißgelaunten Zwergs wiedergefunden, nur ein paar Tage, nachdem Charity Laird zum Mond gestartet war. Inzwischen argwöhnte er, daß man ihn benutzt hatte, um Charity aus dem Weg zu schaffen, und daß er seinen Wert für die Jared in dem Moment verloren hatte, in dem ihr Schiff vom Boden abgehoben hatte. Er nahm sich vor, sich die rätselhafte Botschaft bei Gelegenheit noch einmal anzusehen, die der Anlaß für das
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