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Das Steinbett

Das Steinbett

Titel: Das Steinbett
Autoren: Kjell Eriksson
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Liebe nachgeben, die Sie heute erhalten werden«, mußte er laut lachen.
    »Eine Einladung zur Liebe«, meinte Lindell, »wie das klingt.«
    »Vielleicht lädt dich Ottosson zu einer Tasse Kaffee ein«, erwiderte Sammy Nilsson. »Ich glaube, er ist scharf auf dich.«
    Ottosson war der Leiter des Kriminalkommissariats für Gewaltdelikte. Er hatte für halb zehn eine Besprechung einberufen, und Lindell und Sammy Nilsson ahnten, daß es um die Neuorganisation der örtlichen Polizei gehen würde.
    Alles sollte wieder einmal über den Haufen geworfen werden. Die lokalen Polizeiwachen, die man mit viel Geschrei eingeführt hatte, konnten jeden Moment abgewickelt werden. Es war im Gespräch, die Wachen in Gottsunda und anderen Vororten zu schließen und in das zentraler gelegene Industriegebiet Fyrislund zu verlegen. Das Wort »lokal« würde plötzlich eine ganz neue Bedeutung bekommen, wenn Polizeipräsident Lindberg seinen Willen durchsetzte.
    »Wie steht’s? Man hört, daß du ausgegangen bist?«
    Lindell sah schnell auf. Sammy Nilsson hatte das Gefühl, daß ihr Blick fast etwas Ängstliches hatte.
    »Ausgehen? Nie im Leben.«
    »Hast du dich nicht mit einem Mann getroffen?«
    »Wir waren aus und haben ein bißchen gefeiert, die Mädels und ich, du weißt schon.«
    »Ich habe da aber etwas anderes gehört.«
    Lindell lächelte.
    »Du darfst nicht alles glauben, was du hörst.«
    Ola Haver trat zu ihnen. Lindell sah ihm an, daß etwas passiert war, aber er setzte sich erst, bevor er zu sprechen begann.
    »Wir haben einen Fall von Fahrerflucht«, sagte er. »Zwei Tote.«
    »Wo?« fragte Sammy Nilsson.
    »Uppsala-Näs.«
    »Irgendwelche Zeugen?« erkundigte sich Lindell.
    Haver schüttelte den Kopf.
    »Ein Fuhrunternehmer, der am Unfallort vorbeikam, hat angerufen. Das eine Opfer ist ein Kind, ein Mädchen.«
    Havers Gesicht war blaß.
    »Verdammter Mist«, sagte Sammy Nilsson.
    »Ungefähr sechs Jahre alt.«
    Lindell sah auf die Uhr: 9:12.
    »Ich rufe Ottosson an«, sagte sie und stand auf.
     
    Einladung zur Liebe, dachte Lindell, als sie in Sammys Wagen stieg, wir bekommen eher Einladungen wie diese hier.
    Sie schielte zu Sammy Nilsson hinüber, als er in die Salagatan einbog. Er fluchte leise über den Verkehr, fuhr auf die St. Olofsgatan und starrte wütend einen Autofahrer an, der von rechts kam und ihn zum Anhalten zwang.
    Haver telefonierte auf dem Rücksitz, und Lindell nahm wahr, daß er von der Streife vor Ort genauere Informationen erhielt.
    Mittwoch, der 14. Juni. Einer dieser Tage, die so viel Gutes für den Sommer verhießen. Auf den Heuwiesen stand das Gras hoch. Auf manchen wurde bereits die erste Ernte eingefahren. Bei Högby hatte ein Mann seinen Traktor am Straßenrand stehenlassen und ging mit gemessenen Schritten durch Klee und Thimoteegras, das ihm bis zur Hüfte reichte. Ann Lindell dachte für einen Moment an Edvard. Das hätte auch er sein können, der dort über das Feld ging und mit der Hand über die Halme strich. Das Bild war im nächsten Moment schon wieder verschwunden und blieb dennoch haften. Er war dort. In der Landschaft. Nach einem halben Jahr war Edvard Risberg noch immer wie ein Schatten gegenwärtig. Sie hörte seine Worte und spürte seine Hände. Niemand hatte sie je so angefaßt wie er.
    Ein Rehbock äugte nervös vom Waldsaum zur Straße hinauf. Die Sonne schien Lindell direkt ins Gesicht, aber sie klappte die Sonnenblende des Wagens nicht herunter, sondern ließ die Strahlen ihr Gesicht wärmen.
    Einen Kilometer weiter lagen eine Frau und ihre Tochter am Straßenrand.
    Haver sagte etwas, das Lindell nicht verstand.
    »Das ist bestimmt Ryde«, meinte Sammy Nilsson. »Nur er fährt einen so verrosteten Mazda.«
    Er hatte recht. Eskil Ryde von der Spurensicherung war bereits am Tatort eingetroffen. Er stand über den Straßengraben gebeugt. Mit der einen Hand fuhr er sich durch das schüttere Haar, mit der anderen gestikulierte er.
    Einer der uniformierten Kollegen winkte einen Kleinbus vorbei. Lindell erahnte etwas im Straßengraben, als sie aus dem Wagen stieg. Das Kind, dachte sie und schaute hastig zu Sammy Nilsson hinüber. Sie sahen sich einen Moment an. Ryde hob die graue Decke an. Das Stirnbein des Mädchens war gebrochen. Åke Jansson, der zweite uniformierte Kollege, schluchzte. Haver legte seinen Arm um ihn, und Åke ballte seine Hände zu Fäusten. Lindell berührte ihn flüchtig an der Schulter, ehe sie sich über den Körper des Kindes beugte. Sie sah im Grunde
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