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Das silberne Dreieck

Das silberne Dreieck

Titel: Das silberne Dreieck
Autoren: Edgar Wallace
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hinein. Beim Schein seiner elektrischen Taschenlampe blickte er sich um. Augenscheinlich reiste der Major ohne großes Gepäck: zwei kleine Handkoffer - das war alles.
    Leon nahm die beiden Gepäckstücke, schlich sich zur Tür hinaus und warf sie über Bord. Der Hut des Schlafenden ging denselben Weg. Jetzt steckte er die Lampe in die Tasche, ging ein zweites Mal in die Kabine und weckte Major Rutland.
    »Ich habe mit Ihnen zu reden, Konnor«, sagte er halblaut.
    Der Mann war sofort wach.
    »Wer sind Sie?«
    »Kommen Sie an Deck. Ich habe Ihnen etwas mitzuteilen.«
    ›Major Rutland‹ folgte ihm in die Dunkelheit, die von den wenigen Lampen an Deck noch unterstrichen wurde.
    »Wo wollen Sie denn hin?« fragte er.
    Schweigend ging Leon voraus nach dem Heck, das für die Passagiere zweiter Klasse bestimmt, aber zu dieser Stunde völlig einsam war. Sie gingen bis zu der äußersten Brüstung. In der Dunkelheit sahen sie kaum die Umrisse ihrer Figuren.
    »Wissen Sie, wer ich bin?«
    »Keine Ahnung«, war die kühle Antwort.
    »Mein Name ist Gonsalez. Sie heißen - Eugene Konnor oder auch Bergstoft. Sie waren früher mal Offizier im ...«, er nannte das betreffende Regiment. »In Gallipoli liefen Sie zum Feinde über, nachdem Sie vorher über die Bedingungen mit einem der Spione in Amsterdam verhandelt hatten. In der Verlustliste wurden Sie als ›gefallen‹ geführt, während Sie in Wirklichkeit als Spion für die türkische Regierung tätig waren. Für die Niederlage in Semna Bay sind Sie verantwortlich - lassen Sie Ihren Revolver stecken, oder Ihr Leben wird noch schneller enden.«
    »Nun«, sagte der Mann schwer atmend, »was verlangen Sie?«
    »Zuerst das Geld, das Sie heute nachmittag von der Bank abgehoben haben. Ich nehme an, Sie haben von Miss Martin einen Blankoscheck erhalten, und ich nehme gleichfalls an, daß Sie ihn auf ihr ganzes Guthaben ausgeschrieben haben, wie die Bedauernswerte morgen früh erfahren wird.«
    »Also ganz gewöhnlicher Raub?« Konnor lachte spöttisch.
    »Her mit dem Geld - sofort!« zischte Leon.
    Konnor fühlte die Mündung einer Pistole auf der Brust und - gehorchte. Leon nahm das dicke Paket Banknoten und steckte es in die Tasche.
    »Sie sind sich doch darüber klar, Mr. Leon Gonsalez, daß Sie sich erhebliche Unannehmlichkeiten bereiten?« begann Konnor.
    »Ich dachte mir schon, daß Sie die Zeichen auf der Erkennungsmarke entziffern.«
    »Ich entzifferte die arabischen Worte auf der Erkennungsmarke ohne jede Schwierigkeit - ich nehme an, Sie sprechen von dem goldenen Täfelchen. Sie lauten folgendermaßen: ›Konnor, der Engländer, hat die Erlaubnis, die türkischen Linien zu jeder Tages- und Nachtzeit zu überschreiten. Alle werden angewiesen, ihm jede nur gewünschte Unterstützung zu erweisen!‹ Unterzeichnet war es vom Oberbefehlshaber der Dritten Armee. Ja, ja, ich habe es sehr genau gelesen.«
    »Wenn ich nach England zurückkomme ...«, begann der andere.
    »Sie haben ja gar nicht die Absicht, nach England zurückzukehren. Sie sind verheiratet - Ihre Trauung fand in Dublin statt. Bigamie scheint auch zu Ihren Liebhabereien zu gehören. Wieviel Geld ist das hier?«
    »Dreißig - oder vierzigtausend Pfund - aber Sie brauchen nicht anzunehmen, daß Miss Martin Strafantrag gegen mich stellen wird.«
    »Keine Sorge, niemand wird das tun«, sagte Leon leise.
    Er warf einen schnellen Blick um sich herum - das Deck war verlassen.
    »Sie sind ein Verräter an Ihrem Vaterland - wenn Sie überhaupt eines haben. Sie sind ein Mann, der Tausende seiner Kameraden in den Tod gejagt hat, und das genügt!«
    Die Pistole blitzte auf - man hörte nur ein gedämpftes »ploff«. Konnor schwankte, aber bevor er zusammenbrach, fing Leon Gonsalez ihn auf und schleuderte ihn in die See. Die Pistole folgte.
    Ostende kam in Sicht.
    Als der Steward die Kabine betrat, um das Gepäck herauszubringen, entdeckte er, daß der Passagier bereits verschwunden war. Es gibt oft genug geizige Passagiere, die ihre Gepäckstücke selbst an Deck bringen, um das Trinkgeld für den Steward zu sparen. Und so zuckte der Mann die Achseln und dachte nicht mehr an die ganze Sache.
    Leon Gonsalez hielt sich einen Tag in Brüssel auf, sandte ohne ein erklärendes Wort vierunddreißigtausend Pfund an Miss Lois Martin, nahm den Zug nach Calais und traf noch am gleichen Abend in London ein. Als er in das Speisezimmer geschlendert kam, blickte Manfred von seinem Buch auf.
    »Gut amüsiert, Leon?«
    »Sehr gut«, war die
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