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Das silberne Dreieck

Das silberne Dreieck

Titel: Das silberne Dreieck
Autoren: Edgar Wallace
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Sorge, daß uns jemand um Rat fragt, und die Agentur hat den Auftrag erhalten, den Betreffenden abzuschrecken. Aber wer kann das sein?«
    Der nächste Abend brachte die Antwort.
    Es war eine kalte, regnerische Aprilnacht. Die Frau, die langsam die Curzon Street entlang ging und die Nummern über den Haustüren las, hatte schon den Verdacht des Schutzmannes an der Ecke von Claridge erweckt. Sie war in den Dreißigerjahren, ziemlich schlank, das Gesicht hager und eingefallen. Der abgetragene Mantel triefte vor Nässe.
    »War mal hübsch«, brummte Leon Gonsalez, der sie hinter der Gardine des Fensters beobachtete. »Gehört zur arbeitenden Klasse; jeder Gedanke gilt dem täglichen Brot.«
    Er hatte Zeit genug, über sie nachzudenken, denn sie stand lange vor dem gegenüberliegenden Haus und blickte unschlüssig nach rechts und links.
    »Merkwürdig, nicht die geringste Anstrengung, ihr Äußeres etwas anziehender zu machen; auch das ärmste Mädel hat doch einen Schal oder Handschuhe, wenn es abends ausgeht.«
    Manfred stand vom Tisch auf, wo er soeben seine einfache Mahlzeit beendet hatte, und stellte sich ebenfalls ans Fenster.
    »Provinz, glaube ich«, fuhr Leon fort. »Anscheinend ganz fremd im West End; ah, sie kommt zu uns!«
    Während sie noch sprachen, war die Frau über die Straße gekommen, hatte kurz nach der Haustür geblickt. Es läutete.
    »Ich hatte mich geirrt: Sie wußte ganz gut, wo sie war, konnte nur nicht so schnell den Mut finden, zu klingeln. Und wenn sie nicht Lethersons ›Schwarzes Schaf‹ ist, heiße ich - sonstwie.«
    Man hörte Poiccarts schweren Schritt auf dem Gang; Poiccart konnte wundervoll den Diener spielen. Er kam herein und schloß die Tür hinter sich.
    »Ihr werdet euch wundern«, sagte er in seiner bedächtigen Weise. Das war ganz und gar Poiccart, geheimnisvolle Dinge möglichst umständlich zu sagen.
    »Über die Frau? Ich lehne es entschieden ab, mich zu wundern.« Leon wurde heftig. »Sie hat irgend etwas verloren: ihren Mann, eine Uhr, was weiß ich? Sie macht einem sofort den ›verlorenen‹ Eindruck, verbreitet eine Atmosphäre von Hilflosigkeit um sich. Die Anzeichen sind nicht zu verkennen.«
    »Laß sie doch hereinkommen«, sagte Manfred, und Poiccart verschwand.
    Eine Sekunde später betrat Margaret Stamford das Zimmer.
    Das war ihr Name. Sie kam von Edgware und war Witwe ... Lange, bevor sie über die Einleitung hinweg war, hatte Poiccarts angekündigte Überraschung sich tatsächlich verwirklicht. Die Frau, deren Kleidung eine Aufwartefrau verächtlich abgelehnt hätte, war eine Dame! Ihre sanfte Stimme, der reichhaltige Wortschatz verrieten den gebildeten Menschen. Sie sprach über Lebensbedingungen, die nur besseren Kreisen bekannt sein konnten.
    Ihr Mann schien nicht der beste der Gatten gewesen zu sein. Er war enorm reich, besaß Güter in Yorkshire und Somerset, war Sportsmann und verwegener Reiter hinter der Meute gewesen und hatte seinen Tod bei einem Jagdrennen gefunden.
    »Mein Gatte war sehr sonderbar erzogen worden«, erzählte sie. »Seine Eltern starben frühzeitig, und ein Onkel nahm sich seiner an. Ein schrecklicher alter Mann, Trinker und furchtbar gewöhnlich; noch dazu eifersüchtig auf jede fremde Einmischung. Mark hatte keinerlei Verkehr, bekam nie einen Menschen zu Gesicht, bis der alte Mann - ein Jahr vor seinem Tode - einen Mr. Letherson als Hauslehrer für seinen Neffen engagierte. Der junge Mann war kaum etwas älter als Mark, dessen Erziehung aber unglaublich vernachlässigt worden war. Mein Mann war einundzwanzig Jahre alt, als sein Onkel starb. In seinem Testament hatte er bestimmt, daß Mr. Letherson als Sekretär und Gesellschafter bei Mark bleiben sollte.«
    »Ich weiß, Mr. Lewis Letherson«, warf Leon ein. Sie blickte ihn überrascht an.
    »Ich kann mir nicht denken, woher Sie das wissen, aber der Name ist richtig. Wenn wir auch nicht besonders glücklich miteinander lebten«, fuhr sie fort, »war doch der Tod meines Mannes ein furchtbarer Schlag für mich; aber beinahe noch furchtbarer das Testament. Er vermachte eine Hälfte seines Vermögens Mr. Letherson, die andere mir. Ich sollte aber erst fünf Jahre nach seinem Tod in den Besitz des Geldes gelangen und dann auch nur unter der Voraussetzung, daß ich die Bedingungen des Testamentes erfüllt hätte. Innerhalb dieser fünf Jahre dürfte ich mich nicht wieder verheiraten, hatte in einem bestimmten Haus in Harlow zu leben und durfte niemals diesen Distrikt verlassen, Mr.
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