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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung
Autoren: Andrzej Sapkowski
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erledigt.«
    »Wie?«
    »Auf interessante, volkstümliche Weise. Ein Schustermeister am Ort, ein gewisser Zigenfras, hatte sich ein Mittel gegen das Scheusal ausgedacht. Man tötete ein Schaf und stopfte es voll Nieswurz, Wolfsmilch, Tollkraut, Schwefel und Schusterpech. Sicherheitshalber schüttete der Stadtapotheker noch zwei Quart von seiner Mixtur gegen Furunkel dazu, und ein Priester aus dem Kreve-Heiligtum betete über dem Kadaver. Dann ließen sie das präparierte Schaf inmitten der Herde zurück, von einem kurzen Pfahl gestützt. Niemand glaubte im Ernst, dass sich das Drachenvieh mit diesem eine Meile gegen den Wind stinkenden Kadaver ködern lassen würde, aber die Wirklichkeit übertraf unsere Erwartungen. Der Drache ignorierte die lebenden und blökenden Schafe und verschlang das präparierte mitsamt dem Pfahl.«
    »Und? Nun red schon, Rittersporn.«
    »Was tu ich denn anderes? Ich rede doch. Hört, was weiter geschah. Es verging weniger Zeit, als ein geschickter Mann braucht, um ein Damenkorsett aufzuknüpfen, da begann der Drache plötzlich zu brüllen und Rauch auszustoßen, vorn und hinten. Er schlug Purzelbäume, versuchte aufzufliegen, dann wurde er schlaff und regte sich nicht mehr. Zwei Freiwillige gingen los, um nachzuschauen, ob das vergiftete Vieh noch lebte. Es waren der städtische Totengräber und der Stadttrottel, gezeugt von der schwachsinnigen Tochter eines Holzfällers und einer halben Einheit Pikeniere, die seinerzeit beim Aufstand des Barons Tauchbiber durch Barfeld zog.«
    »Jetzt lügst du aber, Rittersporn.«
    »Ich lüge nicht, sondern schmücke nur aus, und das ist ein Unterschied.«
    »Kein großer. Erzähl, schade um die Zeit.«
    »Also wie gesagt, der Totengräber und der tapfere Idiot zogen als Späher los. Wir haben ihnen später einen kleinen, aber dem Auge wohlgefälligen Grabhügel aufgeschüttet.«
    »Aha«, sagte Borch. »Der Drache lebte also noch.«
    »Und ob«, erklärte Rittersporn fröhlich. »Er lebte. Aber er war so schwach, dass er weder den Totengräber noch den Trottel auffraß, nur das Blut leckte er auf. Und dann flog er zur allgemeinen Verwunderung weg, wobei er beim Start große Mühe hatte. Alle anderthalb Ellen krachte er runter, kam dann wieder hoch. Manchmal lief er und zog die Hinterbeine nach. Die Mutigeren folgten ihm in Sichtweite. Und wisst ihr was?«
    »Red schon, Rittersporn.«
    »Der Drache verzog sich in die Schluchten des Falkengebirges, in der Gegend der Braa-Quellen, und versteckte sich in den Höhlen dort.«
    »Jetzt ist alles klar«, sagte Geralt. »Der Drache ist wahrscheinlich seit Jahrhunderten in diesen Höhlen gewesen, in Starre verfallen. Ich habe von solchen Fällen gehört. Und dort muss auch sein Schatz liegen. Jetzt weiß ich, warum sie die Brücke sperren. Jemand möchte die Hand auf diesen Schatz legen. Und dieser Jemand ist Niedamir von Caingorn.«
    »Genau«, bestätigte der Troubadour. »Ganz Barfeld kocht übrigens deswegen, denn dort sind sie der Ansicht, der Drache und der Schatz gehörten ihnen. Aber sie zögern, sich mit Niedamir anzulegen. Niedamir ist ein grüner Junge, der sich noch nicht einmal rasiert, aber er hat schon bewiesen, dass es nicht ratsam ist, sich mit ihm anzulegen. Und an diesem Drachen liegt ihm verdammt viel, deshalb hat er so rasch reagiert.«
    »Ihm liegt an dem Schatz, wolltest du sagen.«
    »Eben nicht, ihm liegt an dem Drachen mehr als am Schatz. Denn seht ihr, Niedamir ist auf das benachbarte Fürstentum Malleore scharf. Dort ist nach dem plötzlichen und sonderbaren Ableben des Fürsten eine Prinzessin im, wie es heißt, mannbaren Alter übriggeblieben. Die Magnaten von Malleore blicken scheel auf Niedamir und die anderen Bewerber, denn sie wissen, dass ein neuer Herrscher ihnen wieder die Zügel straff zieht, nicht wie die rotznasige Prinzessin. Also haben sie irgendwo eine alte und verstaubte Prophezeiung ausgegraben, wonach der Fürstenhut und die Hand der Prinzessin dem gehören, der einen Drachen erlegt. Da man hier seit Jahrhunderten keinen Drachen gesehen hat, dachten sie, sie hätten Ruhe. Niedamir lachte natürlich über die Legende, er hätte Malleore mit Waffengewalt genommen, und basta. Aber als die Kunde von dem Barfelder Drachen zu ihm drang, begriff er, dass er den malleorischen Adel mit seinen eigenen Waffen schlagen kann. Wenn er dort mit dem Kopf des Drachen erschiene, würde ihn das Volk als gottgesandten Herrscher begrüßen, und die Magnaten würden sich nicht zu
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