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Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor
Autoren: Arthur Achleitner
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wachbleiben müsse.
    Die erste Ahnung dessen, was eine Zechfahrt des Brauherrn zu seinen Wirten ist, bekam Theo im Dorfe Lienhardsberg. Ein
schwacher Esser, empfand der junge Gutsherr bereits ein Grauen, als der kundige Braumeister das Menü zusammenstellte:
Hühnersuppe mit gesottener Henne, Kitzbraten mit Kartoffelsalat, G'selchtes mit Sauerkraut, gedünstetes Kalbfleisch
mit blinden Knödeln und Schweinebraten mit Kompott. Damit die Herren von der Brauerei frisches Bier bekommen, kaufte
Haferditzel den am Zapfen befindlichen Banzen alten Bieres und schenkte den Inhalt des Fasses den zufällig anwesenden
Gästen im Wirtshause. Ein Stündchen verfloß, bis das Mahl beginnen konnte. Mit wenigen Bissen vom Kitzbraten
war Theo bereits gesättigt. Er erklärte dem einhauenden Braumeister, daß ein Weiteressen unmöglich
sei.
    »Wollen S' den Wirt verlieren?« keuchte Haferditzel kauend. »Wenn S' nicht essen, beleidigen Sie die
Wirtin, und das kostet uns die Kundschaft! Zum wenigsten schneiden Sie jede Speise durch. Lassen S' einen Hund herein! Ist
niemand in der Stub, füttern S' halt den Hund damit!«
    Mit der Kellnerin kam ungerufen der ahnungsvolle Haushund, mit dem Theo sofort Freundschaft schloß und dem er
heimlich die großen Fleischbrocken zusteckte.
    Es haperte bei Theo auch mit dem Trinken; mehr wie zwei Glas vermochte er nicht zu bewältigen. Einem Weinkonsum
widerriet der Praktikus Haferditzel, weil es nicht gut aussähe, wenn der Brauherr sein eigenes Produkt mißachte
und Wein trinke.
    Der Braumeister opferte sich für seinen Gebieter und aß, daß ihm schier die Ohren staubten. Den letzten
Gang vermochte aber auch er nicht mehr zu bewältigen und verabreichte den Schweinebraten dem hochvergnügten
Haushund.
    »Jetzt gehen Sie zahlen!« mahnte Haferditzel und wisperte dazu, er solle mindestens zwanzig Zigarren vom Wirt
kaufen, diese dann aber ja nicht mitnehmen, sondern auf dem Tische liegen lassen.
    »Aber warum denn nicht mitnehmen?« fragte verblüfft der junge Brauherr.
    »Damit der Wirt die bezahlten Zigarren noch einmal teuer verkaufen kann und doppelten Profit hat! Folgen S' mir, es
geht nicht anders, das ist so Brauch bei uns!«
    Widerwillig gehorchte Theo und bezahlte die hübsch angeschwollene Rechnung, wobei selbstverständlich die
Kellnerin ein paar Mark erhielt.
    Als angeschirrt war, machte der Hausknecht das übliche lange Gesicht zum Zeichen, daß ihm das
»Fünfzigerl« Theos zu wenig Trinkgeld sei. Flink ergänzte Haferditzel das Trinkgeld durch ein zweites
Fünfzigpfennigstück.
    Die Wirtin jammerte, daß die Herren fast gar nichts gegessen hätten, und fragte, ob es denn nicht geschmeckt
habe.
    Auf den mahnenden sanften Rippenstoß Haferditzels reagierte Theo, indem er die Kochkunst der verehrten Frau Wirtin
über den Schellenkönig lobte, und versicherte, daß er leider magenleidend sei, daher nicht viel essen
könne.
    Das Wägelchen ächzte, als der gewichtige Braumeister aufstieg. Flink kletterte Theo hinauf, der Schimmel zog an,
gelenkt vom Haferditzel.
    »Aufpassen, Braumeister, im Ahornwald ist schlecht fahren!« rief der Wirt nach.
    Als das Gefährt den Bergwald erreichte und kein Lauscher in der Nähe war, machte Theo seinem gepreßten
Herzen Luft. »Schauderhafte Verhältnisse! Einfach skandalös! Die wahrhaftige Erpressung!«
    »Hüh, Schimmel! Geht nicht anders, Herr Chef! Ihr Herr Vater selig hat auch nichts dagegen machen können!
Der Brauherr muß Haar lassen! Trösten S' Ihnen, es wird allweil noch genug verdient! Hüh,
Schimmel!«
    »Ich möcht es wirklich ändern!« stöhnte Theo, dem vom Wagenschütteln die Knochen
schmerzten.
    »Nicht einen Finger dürfen S' rühren, oder Sie verlieren die Kundschaft, und Tausende sind hin!«
    »Gräßlich! Und in St. Oswald soll die Fresserei erst recht angehen?«
    »Freilich! Na, beim Kirchenwirt können wir Schampuß springen lassen, das geht rascher in die Zech, was
die Hauptsach ist!«
    »Ich kann keinen Bissen mehr essen!«
    »Die Straße ist so schlecht, daß Sie bis St. Oswald sicher einen Bärenhunger haben
werden!«
    Haferditzel jagte den Schimmel unbarmherzig auf der ausgefahrenen Straße dahin, fuhr in raschem Tempo durch die
Dörfer und schrie den herausspringenden Wirten zu, daß man auf dem Rückweg einkehren werde.
    »Unmöglich!« ächzte Theo, »das würde mein Tod sein!«
    »Glauben S' doch das nicht! Ein Braumensch hält schon was aus! Ist halt eine Zechfahrt! Daheim kann der
Brauherr
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