Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
lügst du? Man sieht es ja doch... Pawel! Hast du ihm etwa Wodka eingeflößt?«
    »Das ist so üblich. Wir haben ein Gläschen miteinander getrunken.«
    »Eine Mannschaft von Schwachsinnigen... Junge, gab es bei dir positive Mutationen?«
    »Ja. Den Komplex Inferno.«
    Ich hielt die Augen geschlossen und hörte, wie Anton dem Ältesten erklärte: »Siehst du, dass die Organe des Immunsystems vergrößert sind? Die Nieren sind für die Ausschwemmung von Nukliden ausgelegt, Schilddrüse und Hoden geschützt. Der Junge kann ziemlich gut mit Radioaktivität leben. Und auch die üblichen Kleinigkeiten – ein gänzlich von Lymphgewebe ausgefüllter Blinddarm, ein verstärktes Herz...«
    »Anton, mir wird gleich übel. Erspare mir den Anblick eines skelettierten Kindes!«
    »Wie du willst...«
    Ich öffnete wieder die Augen und schaute auf mein eigenes Skelett. Das war mir recht sympathisch, wirkte aber ziemlich mickrig.
    »Hattest du dir die Hand gebrochen?«, fragte der Arzt.
    »Die rechte«, bestätigte ich. In meinem Gesundheitspass gab es darüber schon keine Eintragung mehr, und ich hatte darauf gehofft, dass niemand davon erfahren würde.
    »Nicht so schlimm, ist ganz gut zusammengewachsen«, beruhigte mich Anton. Er nahm sich einen Handdetektor, kam näher und untersuchte mich mit dem Schallkopf, ohne einen Blick auf den Screen zu werfen.
    »Annehmbar?«, interessierte sich der Älteste. Er saß im frei gewordenen Sessel, trank bedächtig Antons Getränk aus und rauchte eine Zigarette.
    »Der Körper ist in Ordnung«, gab Anton zu, »jetzt prüfen wir den Shunt auf Durchgängigkeit... Wann warst du das letzte Mal auf Toilette, mein Junge?«
    »Hä?«, ich verstand den Zusammenhang nicht.
    Anton zog eine Grimasse: »Okay, vielleicht bleibt es ihm erspart.«
    »Sicher bleibt es ihm erspart«, bekräftigte der Älteste fröhlich.
    Anton fasste mich kräftig unter die Oberarme, hob mich hoch und empfahl: »Halt es zurück!«
    Das Kommando gab er sicherlich über seinen Shunt. Ich verlor nämlich sofort das Bewusstsein. Als ich nach einem Augenblick wieder zu mir kam, tat mein Kopf weh und die Hände zitterten leicht. Anton hielt mich noch immer fest. Meine Beine waren nass und über den Boden kroch eine Reinigungsschildkröte, die ab und zu an meine Hacken stieß.
    Ich hatte mich bepinkelt!
    »Geh duschen, diese Tür da«, sagte mir Anton. »Wasch dich und zieh dich an.«
    Er verzog zwar das Gesicht, war mir aber anscheinend nicht böse. Ich nahm meine Sachen und verschwand im Bad, rot wie ein Krebs und davon überzeugt, dass nun alles zu Ende sei.
    Ein schönes Modul, bei dem die Schließmuskeln nichts aushalten... Unter der Dusche dachte ich traurig, dass ich besser gleich verschwinden sollte, ohne mich noch einmal bemerkbar zu machen.
    Ich ging aber doch zurück.
    Anton saß wieder in seinem Sessel, das Köfferchen war verstaut, über die Wände liefen künstliche bunte Verzierungen. Der Älteste rauchte. Der Boden war sauber und trocken.
    »Verzeihung«, murmelte ich.
    »Ich bin ja selber schuld«, äußerte Anton plötzlich, »hatte dich zu lange unter Spannung.«
    »Lange?«, fragte ich irritiert.
    »Eine Viertelstunde. Es waren zu interessante Werte. Du hast nicht vierundachtzigeinhalb, wie es im Attest steht, sondern neunzig Komma sieben. Hervorragende Werte. Damit wirst du in die Kriegsflotte aufgenommen, Abteilung Pilot und Raumschiffkapitän.«
    Der Älteste schien meine Angst zu verstehen.
    »Aber wir nehmen dich doch, wir nehmen dich«, sagte er, »wenn du unbedingt willst, bist du als Modul eingestellt.«
    »Obwohl ich empfehlen würde, das Gehirn zu schonen«, bemerkte Anton. »Verstehst du, mein Freund, die Stirnhirnlappen sind nicht für den Dauerbetrieb geschaffen. Sie... wie soll ich das ausdrücken... schlafen ein. Sie fangen an zu faulenzen. Mit allen unangenehmen Folgen...«
    Plötzlich fing er an zu lachen. Ich ahnte den Grund und wurde wieder rot.
    »Zusammengefasst, ich würde dir abraten«, fuhr Anton schon ernster fort, »ehrlich. Aber wenn du darauf bestehst, nehmen wir dich mit Kusshand. Wir brauchen immer Module.«
    »Ich... ich bin bereit.«
    »Musst du noch irgendwelche Dinge regeln?«, fragte mich der Älteste.
    »Ja.«
    Ich konnte ja nicht ahnen, dass sich alles so schnell entscheiden würde!
    »Dann komm morgen früh hierher. Wir starten am Abend... Wobei dir das eigentlich egal sein kann.«
    Ich nickte und zog mich zur Tür zurück.
    »Warte!«, rief Anton plötzlich. »Ich möchte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher