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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert
Autoren: Sergej Lukianenko
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besondere Kennzeichen. Keine Narben, keine kosmische Bräune, keine künstlichen Organe.
    »Guten Abend«, sagte ich, »darf ich Sie einladen?«
    Eine Weile schwieg der Älteste, dann zuckte er mit den Schultern. »Bitte!«
    Ich winkte dem Barkeeper zu, der mir mit einem völlig ernsten und undurchdringlichen Gesicht zunickte. Er stellte zwei volle Gläser auf das Cybertablett und sandte es durch den Saal. Der kleine Gravitator des Tabletts blinkte orangefarben, er entlud sich. Aber das Tablett kam problemlos am Tisch an, schaffte es sogar, durch die Hände eines Typs zu schlüpfen, der lachend nach einem Glas griff.
    Erst daraufhin nahm ich beide Gläser und realisierte, dass auch ich trinken musste.
    Bisher hatte ich nur Hopfenbier und Sekt probiert. Den Sekt allerdings vor so langer Zeit, dass ich mich nicht mehr daran erinnern konnte, und das Bier hatte mir nicht geschmeckt.
    »Das hat beim Start ganz schön gewackelt, findest du nicht?«, sagte plötzlich der Älteste.
    Ich erinnerte mich an die Worte des Barkeepers und antwortete: »Fliegt mit dem Hauptmotor. Überladen.«
    »Dumm bist du nicht, Junge«, bemerkte der Älteste zufrieden, »na dann, auf einen guten Flug...«
    Er trank mit einem Schluck aus und verzog dabei keine Miene.
    Ich musste daran denken, wie Vater Wodka trank: Er hielt die Luft an und goss ihn mit einem Schluck in sich hinein. Schleunigst spülte ich mit Ingwerbier nach. Das war Klasse. Die Nase kribbelte vom scharfen Aroma und im Hals wurde es warm. So musste es sein.
    »Okay«, sagte der Älteste, »nun sag schon, was du willst!«
    »Ich möchte meine Dienste als Modul anbieten«, sprudelte es aus mir heraus.
    »Welcher Shunt?«
    »Kreativ-Gigabit.«
    »Für Dauerbetrieb zugelassen?«
    »Vierundachtzigeinhalb.«
    Der Älteste kratzte sich am Kinn. Schenkte sich Wodka nach und schaute mich fragend an. Ich nickte und er goss mein Glas halb voll.
    »Hast du eine Genehmigung?«
    »Ja.« Ich griff in die Tasche, aber der Kosmonaut schüttelte den Kopf: »Nicht jetzt... alles geregelt, alles geklärt, alle Genehmigungen vorhanden, ich glaube dir... aber warum?«
    »Ich möchte hier nicht leben«, antwortete ich ehrlich.
    »Wenn du gesagt hättest, du könntest ohne den Kosmos nicht leben, hätte ich dir den Riemen zu kosten gegeben«, äußerte sich der Älteste etwas nebulös, »Aber hier leben... ja, das würde ich auch nicht wollen... Weißt du denn überhaupt, was ein Modul ist?«
    »Darunter versteht man den Onlineanschluss eines Gehirns als Prozessor der ununterbrochenen Datenverarbeitung, welche die Navigation im Hyperkosmos ermöglicht«, legte ich los. »Da beim Überschreiten der Konstante c die Schnelligkeit elektronischer Datenverarbeitungssysteme direkt proportional zur Geschwindigkeit des Raumschiffs abnimmt, stellt die Nutzung der Fähigkeiten des menschlichen Gehirns die einzige Navigationsmethode im Zeittunnel dar.«
    »Du kannst dabei nicht denken!«, erklärte der Älteste. »Du wirst dich nicht einmal an etwas erinnern. Der Stecker wird angeschlossen und du schaltest dich ab. Erst nach der Landung lebst du wieder auf. Der Kopf tut etwas weh, und es kommt dir vor, als ob nur eine Minute vergangen wäre, lediglich ein Bart ist dir inzwischen gewachsen... na ja, bei dir vielleicht nicht gerade. Und? Was ist daran so schön?«
    »Ich möchte hier nicht leben«, wiederholte ich. Dieser Grund schien den Ältesten ja überzeugt zu haben.
    »Die Bezahlung der Module ist progressiv. Während der fünf Jahre Realzeit kannst du genügend Geld sparen, um in die Kosmonautenschule aufgenommen zu werden«, führte der Älteste aus. »Außerdem hast du das richtige Alter dafür. Die Sache hat aber einen Haken: Die Arbeit im Dauerbetrieb schädigt die Prozesse der Motivation und Zielsetzung im Gehirn. Du möchtest dann nicht mehr weg. Verstehst du das?«
    »Ich schon.«
    »Nur zwei Prozent der Personen, die als Modul tätig sind, verlassen ihren Platz nach Ablauf des fünfjährigen Standardvertrages. Ungefähr ein Prozent kündigt den Vertrag vorzeitig. Alle anderen arbeiten bis... bis zum Tod.«
    »Ich riskiere es.«
    »Du liebst das Risiko.« Der Älteste erhob das Glas und trank. Ich zögerte und folgte dann seinem Beispiel. Dieses zweite Mal klappte es nicht so richtig, ich fing an zu husten und der Älteste klopfte mir auf den Rücken.
    »Nehmen Sie mich, bitte«, flehte ich ihn an, nachdem ich wieder atmen konnte. »Ich verdinge mich so oder so als Modul. Wenn nicht bei Ihnen, dann
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