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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert
Autoren: Sergej Lukianenko
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aus Wasserdampf. Wenn du aber nur auf dem Karijer bleibst, bekommst du das nicht zu sehen.
    Auf einmal wurde mir klar, wie einfach alles war, dass es gar keinen Ausweg gab:
    Hier konnte, wollte und würde ich nicht leben. Der Sozialarbeiter unseres Wohngebiets war eine Frau. Vielleicht sorgte sie sich deshalb so um mich, als ich ihr mitteilte, dass ich mich als Modul auf einem Raumschiff verdingen wollte. Sie sah mich lange an, ganz als ob sie erwartete, dass ich rot werden, mich abwenden und die Antragsunterlagen vom Tisch nehmen würde. Aber ich blieb sitzen und wartete, bis sie aufgab und die Aktenmappe öffnete.
    Meine Unterlagen waren in Ordnung. Die staatliche Ablösesumme für die Arbeitserlaubnis im Kosmos konnte ich mit meinem Recht auf die Lebenserhaltungssysteme und der Wohnung, die mir die Eltern überschrieben hatten, bezahlen. Drei Zimmer zu acht Quadratmetern, Küche und Sanitärblock... Meine Eltern hatten wirklich einmal gut verdient. Die Mindestgrundausbildung hatte ich erhalten. Die Wohnungsnachbarn gaben mir wirklich sehr gute Beurteilungen. Vielleicht rechneten sie damit, die Wohnung untereinander aufteilen zu können.
    »Tikkirej«, meinte die Beamtin leise, »eine Arbeit als Modul ist Selbstmord. Verstehst du das?«
    »Ja.« Ich hatte mir vorgenommen, weder zu diskutieren noch etwas zu erklären.
    »Du wirst im Koma liegen und dein Gehirn wird Datenströme verarbeiten!«
    Sie verdrehte die Augen zur Decke, als ob man ihr selbst die Kabel mit den Datenströmen an den Neuroshunt angeschlossen hätte.
    »Du wirst erwachsen, dann älter werden, nur für wenige Tage im Monat erwachen, und dein Körper ist plötzlich gealtert. Verstehst du das? Das ist ungefähr so, als würdest du nicht einhundert Jahre leben wie alle anderen Menschen, sondern nur ein Zwanzigstel davon. Kannst du dir das vorstellen, Tikkirej? Dir bleiben noch fünf Jahre zum Leben!«
    »Ich arbeite fünf bis zehn Jahre, dann kündige ich und werde Pilot«, sagte ich.
    »Was heißt kündigen!?« Die Beamtin schlug mit der Akte auf den Tisch. »Du willst das dann gar nicht mehr! Dein Gehirn verlernt es, irgendetwas zu wollen!«
    »Mal sehen«, erwiderte ich.
    »Ich werde nichts unterschreiben, Tikkirej«, erklärte die Beamtin. »Nimm deine Unterlagen und geh in die Schule. Deine Eltern haben sich so um dich gekümmert und du...«
    »Sie haben kein Recht, nicht zu unterschreiben«, sagte ich. »Sie wissen das selbst ganz genau. Wenn ich keine Unterschrift bekomme, gehe ich zum städtischen Sozialdienst und beschwere mich über Sie. Wegen grundloser Ablehnung einer Erlaubnis wird man Ihnen das Nutzungsrecht für die Lebenserhaltungssysteme für ein halbes Jahr oder, wenn es ganz schlimm kommt, für ein Jahr entziehen. Das Gesetz muss geachtet werden!«
    Das Gesicht der Frau bekam rote Flecken. Sie war ehrlich davon überzeugt, dass sie wusste, was für mich am besten wäre.
    »Du hast dich informiert?«, fragte sie.
    »Na klar. Ich bereite mich immer vor.«
    Die Beamtin öffnete noch einmal die Akte und unterschrieb die Papiere...
    »Zimmer 8, dort wird gesiegelt und kopiert«, sagte sie trocken und reichte die Unterlagen zurück.
    »Danke«, verabschiedete ich mich.
    »Schöne fünf Jahre, Gehirn in der Flasche...«, flüsterte sie giftig.
    Mir machte das nichts aus. Vielleicht hat auch sie früher wie Dajka davon geträumt, in den Kosmos zu fliegen. Auf unseren Planeten kamen natürlich keine interessanten Raumschiffe.
    Was sollten hier auch reiche Touristen oder Militärs? Jedes halbe Jahr landete ein Passagierschiff, das bis zur Erde flog, aber seine Mannschaft war sicher komplett. Gütertransporter kamen dafür täglich. Und auf jedem Gütertransporter, sogar dem kleinsten, müsste es neben der Mannschaft zehn bis zwölf Module geben.
    Also nahm ich das Geld, das von den Eltern übrig geblieben war, meine eigenen Ersparnisse und die Münzsammlung des Großvaters, die zwar keinen großen Wert hatte, deren Münzen aber noch im Umlauf waren. Ich machte mich auf den Weg zum Kosmodrom, ging zuerst unter der Erde aus der Wohnkuppel in die technische und fuhr danach mit dem Bus durch den offenen Raum. Niemand beachtete mich. Vielleicht glaubten alle, dass ich zu meinen Eltern fahren würde, die irgendwo auf dem Kosmodrom arbeiteten.
    Als der Bus am Hotel hielt, bezahlte ich und stieg aus.
    Wir hatten auf Karijer keine eigene Weltraumflotte und auch keine entsprechende Personalvermittlung. Wenn also ein Flugkapitän Module brauchte, ging
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