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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)
Autoren: Martine Bailey
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Hüften und überlegte, was um alles in der Welt eine Frau wie diese hier wohl essen würde.
     
    Die Küche war fast tipptopp in Ordnung, als Jems Klopfen die Tür erschütterte. Obwohl meine Hände noch ganz mehlig waren, konnte ich nicht schnell genug zu ihm gelangen. Mein Herz flatterte in der Brust wie eine Taube im Käfig.
    Und dann war Jem da. Er lehnte am Türrahmen, und die Nachmittagssonne tauchte ihn in goldenes Licht. Für eine Frau bin ich recht groß, aber seine blonden Haare berührten fast den Türsturz.
    «Haste se geseh’n?» Seine haselnussbraunen Augen funkelten. «Unter dem ganzen Gerüsche ist es doch nur ein Mädchen. Der alte Stelzbock, wa? Dass er sich so ein Gör ins Bett holt.»
    «Sie sieht zwar hübsch aus, aber auf mich wirkt sie nicht sehr ausgelassen.» Ihre Jugend hatte ich gesehen, das stimmte. Aber in diesem hübschen Gesicht war auch etwas Verschlossenes, beinahe Gequältes. «Nicht wie jemand anderes», fügte ich hinzu und pikte ihn in die Brust.
    Er griff nach meiner Hand und grinste dabei. «Du hast Mehl im Gesicht», lachte er und verschmierte es nur noch mehr. «Sind das Küchlein, die ich da rieche?» Er reckte den Kopf, und die dicken Sehnen am Hals traten hervor. «Lass doch mal probieren», sagte er so leise, dass in meinem Unterleib ein Kribbeln erwachte. Bei dem Jungen schmolz ich einfach dahin wie Butter.
    «Du Flegel, wenn ich das mache, sitze ich bald ohne Geld auf der Straße», protestierte ich und löste mich aus seinen Armen. Wir alle vergaßen niemals die Regeln, die für all die Frauen in Diensten galten: Kein Ehemann, keine Verehrer, nicht mal ein koketter Blick waren erlaubt. Sogar Mrs. Garland nannte sich nur deshalb «Mrs.», weil es Tradition war. Jede Köchin war eine Missus, obwohl wir fast alle alte Jungfern waren. Keine Besucher war eine Regel, die jeder Brotherr mit ein bisschen Selbstachtung ausrief. Das war der Fluch meines Lebens – ich musste entscheiden, ob ich lieber kochen oder heiraten wollte.
    «Du vergisst aber nicht das Seelenspiel übermorgen Abend?», neckte ich ihn. «Du erzählst doch Mr. Pars, dass wir heiraten?»
    «Das werde ich machen, Liebchen. Dann können wir unsere Bierschenke eröffnen, und du kannst dort kochen. Ich kann mir das gar nicht vorstellen, Gastwirt zu werden.»
    «Ja, aber wir brauchen erst die Mittel, um die Schenke zum Laufen zu bringen. Wir brauchen Geld, Jem.»
    Das war die großartige Zukunft, die wir uns erträumten. Sollten wir jemals ein bisschen extra verdienen oder vom Herrn großzügig bedacht werden, wollten wir die alte Ruine am Pars Fold in eine Taverne umbauen. Das Haus lag genau richtig direkt neben der neuen Landstraße. Viel neues Geld, erworben durch Zölle und Handel, ratterte vorbei, und ich hatte gehört, dass Reisende lieber ein ordentliches Stück Fleisch für einen Schilling aßen statt Brot und Käse für zwei Pence. Aber manchmal wünschte ich, Jem gar nichts von meinen Plänen erzählt zu haben, denn seither kannte er kaum noch ein anderes Thema.
    «Das wird schon irgendwann klappen, Liebster», fügte ich hinzu und streichelte seine Wange.
    «Einen Kuss», krächzte er. «Schau mal, ich hab dir Fetthenne gesammelt.» Hinter dem Rücken zauberte Jem einen Strauß welkes Unkraut hervor.
    Ich nahm ihm die Pflanzen ab und verrieb die Blätter zwischen Daumen und Zeigefinger. Roch daran. Sie dufteten frisch wie Spinat, aber nicht so pfeffrig und warm. Und war da nicht ein Hauch von Katzenpisse? Mrs. G meinte ja immer, ich könne einen Tropfen Honig in einem Kübel Milch erschnuppern. Ich benutzte daher meine Nase und bewahrte uns alle vor einer Nacht mit Bauchgrimmen.
    «Das ist keine Fetthenne, du Dummkopf. Du hast mir Wald-Bingelkraut gebracht. Ich kannte mal eine Zigeunerbande, die hat sich daraus eine Suppe gekocht, und die Leute sind fast daran gestorben. Wenn ich der neuen Mistress so was serviere, können sie mich wegen Mordes hängen.»
    «Himmel, nein! Gib das sofort wieder her. Das ist ein böses Omen.» Er stopfte das Unkraut in den Unratkübel. «Ich hole dir alles, was du willst, aus dem Gewächshaus.»
    «Ich habe Unmengen von Obst hier», lachte ich. «Und nun verschwinde schon. Ich muss mich ums Abendessen Ihrer Ladyschaft kümmern.»
    «Warte, fast hätte ich das Wichtigste vergessen. Es gibt Neuigkeiten.» Mit seiner schwieligen Hand hielt er mich zurück. «Dieser Lakai von ihr kam grad aus der Stadt. Ist so ein brauner Kerl, ein richtiger Kohlenmann. Trägt auch
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